Lindarausch am Mauna Kea
Linda Rausch beim Besteigen des Mauna Kea.

Höhentraining

Ob gezieltes Training in künstlicher Höhe effektiver ist als in echten Höhenlagen, hat Linda Rausch auf Hawaii und in der Höhenkammer an der Uni Innsbruck untersucht. Unter der Leitung von Dr. Stephan Pramsohler und Nikolaus Netzer, Professor am Institut für Sportwissenschaft, vertieft sie ihre Forschungen in ihrer Dissertation.

Die Untersuchung und wissenschaftliche Vergleichbarkeit der normobaren und hypobaren Hypoxie stand im Zentrum der Forschungen von Linda Rausch. Hypoxie bezeichnet eine mangelhafte Versorgung des menschlichen Gewebes mit Sauerstoff. Ausgelöst wird dieser Zustand durch große Höhe oder einem erhöhten Stickstoffanteil in der Luft. Spricht Rausch von der sogenannten normobaren Hypoxie, dann ist hier die Simulation in der Höhenkammer gemeint, in die Stickstoff eingeblasen wird. „Der Stickstoff verdrängt den Sauerstoff und die Luftzusammensetzung wird so künstlich verändert. Der Druck bleibt allerdings der gleiche“, erklärt die Studentin. In Hypoxie kommen auch Menschen, die sich in großen Höhen am Berg aufhalten. „Hier spricht man von der hypobaren Hypoxie. Die Luftzusammensetzung bleibt die selbe, denn der Anteil von 21 Prozent Sauerstoff in der Luft bleibt gleich. Nur der Druck verändert sich mit zunehmender Höhe“, so die Erläuterung. Vergleichbar werden beide Systeme durch den Sauerstoffpartialdruck im Körper, da sich dieser unter beiden Konditionen gleich verhält.

Mauna Kea

Einen Monat nach der Simulation des Aufstiegs auf den 4.205 Meter hohen Vulkan Mauna Kea in der Höhenkammer Bad Aibling, flog eine Forschungsgruppe, bestehend aus sechs Probandinnen und Probanden, Stephan Pramsohler und Nikolaus Netzer, Professor am Institut für Sportwissenschaft, vor zwei Jahren auf die amerikanische Insel Big Island in Hawaii. Der Berg sei wie kein anderer bestens für Forschungen geeignet, da er bis zum Gipfel befahrbar ist. So war es möglich, die notwendigen Messinstrumente mitzutransportieren. Zudem waren die leichte Begehbarkeit des Vulkans und die annähernd gleichbleibenden Klimabedingungen ausschlaggebend für die Wahl des Mauna Kea. „Auf der ‚Sonnenseite‘ der Insel untergebracht, hatten wir zwei Tage Zeit, um uns von den 20 Stunden Reisezeit zu erholen und uns auf den Aufstieg vorzubereiten. Am Abend vor dem Aufstieg aßen wir dieselbe Mahlzeit wie schon zuvor in der Höhenkammer, um das Studienverfahren zu standardisieren und die Vergleichbarkeit beider Aufstiege herzustellen. Auch das Tragen derselben Kleidung und desselben Rucksackgewichts steuerte zur Vergleichbarkeit bei“, erzählt Rausch. Vor dem Start wurde bei den Studierenden ein Lungenfunktionstest, eine sogenannte Spiroergometrie, durchgeführt und am Ende der Besteigung des Mauna Kea wiederholt. „Während des Gehens haben wir jede Viertelstunde die Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung gemessen und auch die Symptome der akuten Bergkrankheit beobachtet“, so Rausch. Durch die konstante Steigung des Vulkans konnte die Begehung auch in der Höhenkammer gut simuliert werden. „Auf dem Laufband haben wir bei einer Durchschnittssteigung bei 12 Prozent und einer Geschwindigkeit von 1,6km/h die Besteigung simuliert“, verdeutlicht die Studentin. In etwa sieben Stunden schafften die Studierenden der Sportwissenschaft den tatsächlichen Aufstieg auf den Mauna Kea mit allen für die Messungen notwendigen Pausen. „Durch die ähnlichen Bedingungen, die konstante Schrittgeschwindigkeit und Steigung wurden die Besteigung des Vulkans mit der Simulation in der Höhenkammer vergleichbar“, betont Rausch. Die Untersuchung zielt darauf ab, die Vergleichbarkeit der beiden Systeme der normobaren und hypobaren Hypoxie zu bestätigen. „Die Unterschiede zwischen den beiden Typen von Hypoxie waren doch signifikant groß, speziell in Bezug auf die Sauerstoffsättigung im Blut und die Herzfrequenz. Unterschiede gab es aber auch bei der Lungenfunktion. Am Mauna Kea atmeten die Probanden mit weniger Luftwiederstand“, verdeutlicht die Studentin. Woher vor allem der Unterschied der Sauerstoffsättigung kommt ist wissenschaftlich umstritten. Die Innsbrucker Arbeitsgruppe um Prof. Netzer möchte hier in Kooperation mit der Eurac Research in Bozen in der neuartigen Höhenkammer Terra X Cube, in der sowohl hypobare als auch normobare Hypoxie hergestellt werden kann, diesem Phänomen weiter nachgehen.

Effektives Training

Ein Training in der Höhenkammer ist für viele sinnvoll. Nicht nur Ausdauersportlerinnen und -sportler oder sich auf eine Tour vorbereitende Bergsteigerinnen und Bergsteiger profitieren von der simulierten Höhe. In einer unter der Leitung von Netzer wurde ein Training in Hypoxie mit adipösen Menschen durchgeführt. „Wir wollten erforschen, ob sich ein Training unter sauerstoffarmen Bedingungen auf das Gewicht und den Fettstoffwechsel auswirkt“, erläutert die DissertantinAcht Monate lang trainierte die Testgruppe zwei Mal in der Woche in Hypoxie. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, hat auch eine Kontrollgruppe dasselbe Pensum absolviert, nur unter normalen Bedingungen. Im Lauf der Trainingszeit wurden die Probandinnen und Probanden mit Lungenfunktionstests und der Kontrolle der Herzfrequenz sowie der Sauerstoffsättigung medizinisch überwacht. Zudem wurden ihnen an drei Zeitpunkten Fettzellen entnommen. „Für den Fettstoffwechsel sind Leptin, Adiponektin und Visfatin wesentlich“, erläutert Rausch, deren Aufgabe die Analyse von Hormonen war, die aus den Fettzellen in den bei der Studie entnommenen Fettbiopsien der Probanden gewonnen wurden. Sie betont: „Mit dieser ersten Langzeitstudie zum Training unter sauerstoffarmen Bedingungen konnten wir bestätigen, dass ein Training in Hypoxie einen positiven Effekt auf die Gesundheit der Probandinnen und Probanden hat. Sie können durch den zusätzlichen Reiz der Hypoxie den gleichen kardialen Effekt erzielen, müssen dafür aber weniger leisten (Watt auf dem Fahrrad zum Beispiel). Außerdem verloren die Probanden signifikant mehr Gewicht als die Kontrollgruppe – allerdings nur in den ersten drei Wochen.“ Nach dieser Zeit stellt sich ein Akklimatisierungseffekt des Körpers ein. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen daher, übergewichtigen Menschen den Einstieg in ein körperliches Gesundheitstraining durch Hypoxie zu erleichtern, da bei weniger Leistung mehr Effekt erzielt werden kann als in Normoxie. Nach einem Zeitraum von drei Wochen ist dieser Effekt aber abgeklungen und es sollte auch aus ökologischen Gründen auf „normales“ Training umgestiegen werden.

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