Quantenoptimierungsteam
von links nach rechts: Kilian Ender, Clemens Dlaska, Wolfgang Lechner, Rick van Bijnen, Andreas Kruckenhauser, Glen Bigan Mbeng

Feh­len­der Bau­stein für Quan­ten­op­ti­mie­rung ent­wi­ckelt

Optimierungsaufgaben in Logistik oder Finanzwesen gelten als erste mögliche Anwendungen von Quantenrechnern. Innsbrucker Physiker haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem Optimierungsprobleme auf heute bereits existierender Quanten-Hardware untersucht werden können. Sie haben dazu ein spezielles Quantengatter entwickelt.

Weltweit wird die Entwicklung von Quantencomputern vorangetrieben, und es gibt unterschiedliche Konzepte, wie das Rechnen mit den Möglichkeiten der Quantenwelt umgesetzt werden kann. Viele davon sind experimentell schon in Bereiche vorgestoßen, die auf klassischen Computern nicht mehr nachgeahmt werden können. Doch noch sind die Technologien nicht so weit, dass größere Rechenprobleme damit gelöst werden können. Die Wissenschaft sucht deshalb aktuell nach Anwendungen, die auf bereits existierenden Plattformen umgesetzt werden können. „Wir suchen nach Aufgaben, die wir auf der vorhandenen Hardware rechnen können”, sagt Rick van Bijnen vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck. Ein Team um Rick van Bijnen und Wolfgang Lechner schlägt nun ein Verfahren vor, mit dem Optimierungsaufgaben mit Hilfe von neutralen Atomen gelöst werden können. 

Software-Lösung

Um in naher Zukunft wissenschaftlich und industriell relevante Anwendung für existierende Quanten-Hardware zu entwickeln, suchen Wissenschaftler nach speziellen Algorithmen, die strukturell mit den Stärken einer Quantenplattform übereinstimmen. „Durch dieses Co-Design von Algorithmen und experimentellen Plattformen funktionieren diese Systeme auch ohne die heute noch schwierige Fehlerkorrektur“, erläutert Wolfgang Lechner vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck. Die Physiker setzen ihren Optimierungsalgorithmus auf neutralen Atomen um, die in optischen Pinzetten gefangen und angeordnet sind. Über die Wechselwirkung hoch angeregter Rydberg-Zustände können diese programmiert werden. Um die Grenzen bisheriger Ansätze zu vermeiden, implementieren die Physiker den Algorithmus nicht direkt, sondern verwenden die sogenannte Parity-Architektur, einen skalierbaren und problemunabhängigen Hardware-Entwurf für kombinatorische Optimierungsprobleme, den Wolfgang Lechner gemeinsam mit Philipp Hauke und Peter Zoller in Innsbruck entwickelt hat. Auf diese Weise sind für den Optimierungsalgorithmus nur problemabhängige Rechenoperationen auf einzelnen Quantenbits sowie problemunabhängige Operationen auf mehreren Quantenbits notwendig. Für diese Vier-Qubit-Operationen eine direkte und einfache Umsetzung zu finden, war die größte Herausforderung für die Innsbrucker Forscher. Sie haben dafür ein spezielles Quantengatter entwickelt. „Wir haben den Algorithmus direkt in der Sprache des Experiments umgesetzt”, erklärt Erstautor Clemens Dlaska. „So kann der Algorithmus auf aktueller Quanten-Hardware realisiert werden, indem einfach die Dauer von Laserpulsen in einer Rückkopplungsschleife optimiert wird“.

Beliebig erweiterbar

Mit dem vorgeschlagenen Konzept kann die Leistungsfähigkeit bestehender Quantenhardware bei der Lösung relevanter Optimierungsprobleme für Problemgrößen untersucht werden, die derzeit auf klassischen Supercomputern nicht simuliert werden können. Dass sowohl die Hardware-Plattform als auch die Software-Lösung ohne Modifikationen weitgehend beliebig erweitert werden kann, ist ein wichtiger Vorteil des neuen Verfahrens.

Das Innsbrucker Team hat sein neues Konzept nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters vorgestellt. Finanziert wurde die Forschung vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Union im Rahmen des PASQuanS-Projekts und der Hauser-Raspe-Stiftung.

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