Integrating Global and Regional Histories. Theoretical Reflections and Empirical Case Studies in Central Europe, 18th–20th Centuries

26th - 27th September 2019

Integrating Global and Regional Histories. Theoretical Reflections and Empirical Case Studies in Central Europe, 18th–20th Centuries

Francesca Brunet (Trento), Ellinor Forster (Innsbruck), Marcus Gräser (Linz), Ernst Langthaler (Linz)

 

Ort: Seminarraum 1 (Theologie), Karl-Rahner-Platz 1, 6020 Innsbruck

Programm


Überlegungen, Thesen, Motive

Der Erklärungsanspruch der Globalgeschichte ist nicht unangefochten. In einer Kontroverse zwischen Jeremy Adelman und David A. Bell auf der einen und David Motadel und Richard Drayton auf der anderen Seite, die im „Journal of Global History“ 2018 ausgetragen wurde, kam die Globalgeschichte in den Ruf, „whiggish“ zu argumentieren und den Vorgang der Globalisierung zu überschätzen. Es werde außer Acht gelassen, was nicht Teil hat und nicht Teil haben will an der Globalisierung. Adelman hat in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass „connection“ – eines der Zauberwörter der Globalgeschichte – allzu oft als „end in itself“ verstanden werde; David Bell wiederum wies darauf hin, dass Globalisierung als Auslöser von Ereignissen verstanden werden kann: die Reaktion darauf, die in „small spaces“ stattfinde, sei aber eben nicht vollständig aus den globalen Einflüssen heraus zu erklären.

Als einer dieser „small spaces“ kann die Region und damit die Regionalgeschichte eine wichtige Funktion sowohl für die Theorie wie auch die Praxis der Globalgeschichte einnehmen. Wenn die Globalisierung (als primärer Gegenstand der Globalgeschichte) eine strukturwandelnde Bedeutung hat, dann kann und muss sie sich (auch) auf der regionalen Ebene zeigen. Die Region kann ein Träger globalisierender Tendenzen sein, sie kann aber auch Resilienz entwickeln: In beiden Fällen müssen primär die regionalen Strukturen, Akteure, Pfadabhängigkeiten etc. in Rechnung gestellt werden. Über Globalgeschichte und Region reden wir, weil ihre Verschränkung stärker, als es in einem isolierten Blick möglich wäre, unterschiedliche Geschwindigkeiten und Ungleichzeitigkeiten erkennen lässt.

Geht man von der Perspektive der Region und der neuen Regionalgeschichte aus, dann stellen sich Fragen nach dem Stellenwert der Kategorie „Region“ im Denken, Wahrnehmen und Handeln der historischen Akteurinnen und Akteure. Verfestigungen bestimmter räumlicher Grenzziehungen in den „Köpfen“ der Menschen, die unter gewissen Voraussetzungen Identifikation erzeugen können, haben zwar offensichtlichen Konstruktionscharakter, neigen jedoch nach Martina Löw zur Verstetigung und werden als feststehender Raum wahrgenommen. Dabei ist jedoch noch keineswegs gesagt, dass es sich hierbei um starre regionale Grenzen handelt und um nur einen Raum, sondern vielmehr ist mit einer Vielzahl von Räumen, mit komplexen wechselseitigen Überlappungen und Durchdringungen zu rechnen. Mit anderen Worten: Sehr häufig entsprechen die administrativen/politischen Räume nicht den kulturellen, sprachlichen oder vorgestellten Räumen. Hier kann die Frage nach dem Zusammenspiel mit globalen Aspekten und Einflüssen ansetzen. Werden solche von den Individuen wahrgenommen und wenn ja, in welcher Form in die regionalen Raumkonstruktionen eingebaut? Und umgekehrt: Haben die Region und regionale Akteure und Akteurinnen Einfluss auf die Konstruktion, Wahrnehmung und Veränderungen von globalen Räumen und Netzwerken?

Als vermittelnder Ansatz zwischen Global- und Regionalgeschichte wurden jüngst die Transregional Studies (Matthias Middell) stark gemacht. Die davon abgeleitete transregionale Geschichte beansprucht, großräumige Verflechtungen und dadurch bewirkte regionale Transformationen zu erklären. Mit diesem exogenen Ansatz bietet sie eine Alternative zu modernen Großerzählungen, die Entwicklungen meist endogen (d.h. aus einer territorial begrenzten Gesellschaft heraus) erklären. Doch der bisweilen über Staaten und Imperien hinausreichende Regionsbegriff der Transregional Studies (im Sinn von „Weltregion“) wirft die Frage auf, ob er das Erkenntnispotenzial einer (klein-)regionalen Betrachtung einzulösen vermag: die praktische Aneignung übergreifender Strukturen von Gesellschaft und Umwelt sowie deren Reproduktion oder Transformation durch Akteure „vor Ort“. Neben solchen transregionalen Verflechtungsansätzen ermöglichen auch interregionale Vergleiche, globale und regionale Perspektiven zu vermitteln. Damit stehen fruchtbare Verbindungen von transregionaler Verflechtungs- und interregionaler Vergleichsgeschichte als globalhistorische Perspektiven zur Debatte.

Der grobe Rahmen der österreichischen Länder/Habsburgermonarchie vom 18. bis 20. Jahrhundert soll der Tagung als möglicher Vergleichsraster sowohl regionaler als auch globaler Aspekte, Einflüsse, Verflechtungen, Konstruktionen dienen.

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