Ein Röntgen-Photoelektronen Spektrometer

Röntgen-Photoelektronenspektroskopie wird zur Bestimmung der Oberflächenchemie unter elektrochemischen Reaktionsbedingungen genutzt.

Game Chan­ger für die ange­wandte Elek­tro­ka­ta­lyse

Übergangsmetallkarbide gelten als vielversprechende Alternativen zu teuren Edelmetallen wie Platin – insbesondere im Hinblick auf eine CO₂-neutrale Energiezukunft. Ein internationales Forschungsteam um Julia Kunze-Liebhäuser vom Institut für Physikalische Chemie klärt nun auf, warum Wolframkarbid-Katalysatoren trotz ihrer Oxidationsempfindlichkeit unter Reaktionsbedingungen hochaktiv bleiben.

Übergangsmetallkarbide sind Verbindungen aus Kohlenstoff und Übergangsmetallen. Sie gelten als vielversprechende Werkstoffe für die Energietechnologie der Zukunft, da sie gute Katalysatoren für die alkalische Wasserstofferzeugung darstellen. Wenn sie oxidieren entsteht jedoch ein passiver Film auf der Oberfläche, der das Material inaktiv macht.

Mit Hilfe moderner in-situ-Methoden konnten Forscher:innen am Beispiel von Wolframkarbid zeigen, dass sich diese Oxidschicht während der Katalyse von der Oberfläche ablöst. Dadurch wird die darunterliegende, elektrochemisch aktive Karbidoberfläche freigelegt und ermöglicht die hohe katalytische Aktivität. An der internationalen Studie war auch Julia Kunze-Liebhäuser vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Innsbruck beteiligt.

Eine einzigartige Methode

Die Forscher:innen nutzten elektrochemische Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (EC-XPS), eine in-situ Methode, die in Innsbruck im Labor betrieben werden kann, was weltweit außergewöhnlich, wenn nicht sogar einzigartig ist. Dabei wird eine elektrochemische Zelle unter Röntgenbestrahlung analysiert. Aus den emittierten Elektronen lassen sich präzise Rückschlüsse auf chemische Prozesse an der Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt ziehen.

Ergänzt wurden die Untersuchungen durch klassische elektrochemische Messmethoden sowie online Massenspektrometrie mittels induktiv gekoppeltem Plasma. Diese kombinierte Herangehensweise ermöglichte es, eine klare Verbindung zwischen der chemischen Zusammensetzung der Oberfläche und der katalytischen Aktivität herzustellen.

Wichtige Impulse im Material-Design

„Unsere Studie zeigt, dass sich die Oxidschicht im Elektrolyten von der Oberfläche löst, daher ist das Karbid freigelegt, was seine hohe katalytische Aktivität erklärt“, sagt Julia Kunze-Liebhäuser, Leiterin der Arbeitsgruppe Material- und Elektrochemie am Institut für Physikalische Chemie. „Die Kombination aus modernen Analysemethoden erlaubt es uns, Katalysatoroberflächen unter realen Bedingungen zu beobachten – ein entscheidender Schritt für das Design zukünftiger Materialien.“

Die Ergebnisse liefern wichtige Impulse für die Weiterentwicklung stabiler, kostengünstiger und effizienter Katalysatoren – nicht nur für die Wasserelektrolyse, sondern auch für andere Anwendungen im Bereich der nachhaltigen Energiekonversion. „EC-XPS liefert einzigartige Einblicke in elektrochemische Prozesse unter Reaktionsbedingungen und könnte sowohl in der Grundlagenforschung als auch für die angewandte Elektrokatalyse ein echter Game-Changer sein“, betont das Forschungsteam.

Die Studie wurde unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfond FWF im Rahmen des Clusters of Excellence „Materials for Energy Conversion and Storage“ (10.55776/COE5) gefördert. Beteiligt an der Arbeit waren außerdem die Teams um Markus Valtiner (Technische Universität Wien) und Elena Pastor (Universität La Laguna, Teneriffa). Die Studienergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal Angewandte Chemie veröffentlicht.

Publikation: Surface Chemistry of WC Powder Electrocatalysts Probed In Situ with NAP-XPS. Christoph Griesser et al. Angewandte Chemie 2025. DOI: 10.1002/anie.202500965

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