Blick in den vollbesetzen Kaiser-Leopold-Saal

Eröffnet wurde die Reihe mit einem Vortrag im gut besuchten Kaiser-Leopold-Saal. 

Drei Tage im Zei­chen Erwin Schrö­din­gers

Nobelpreisträger Erwin Schrödinger stand im Mittelpunkt einer dreitägigen Vortragsreihe, die vom Forschungsschwerpunkt Physik und dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv gemeinsam organisiert wurde. Die Vorträge schufen ein vielfältiges Bild dieses in jüngster Zeit in die Kritik geratenen Mitbegründers der Quantenmechanik.

Das Internationale Jahr der Quantenwissenschaft und -Quantentechnologie 2025 war Anlass für eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der facettenreichen Persönlichkeit Erwin Schrödingers (1887–1961). Mit Tirol verbindet den in Wien geborenen Physiker nicht nur eine gescheiterte Berufung in den Jahren 1925/26 sowie eine Gastprofessur in der Nachkriegszeit. Er pflegte auch Freundschaften mit dem Kollegium an der Universität, war ein gerne gesehener Gast beim Forum Alpbach und wurde auf seinen Wunsch auch in Alpbach begraben. Vom 10. bis 12. November widmeten sich Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen an der Universität Innsbruck Schrödingers Leben und Wirken und gaben faszinierende Einblicke in seine Persönlichkeit.

Grenzen der Biografik

Zum Auftakt am Montag beleuchteten Magdalena Gronau, Sub-auspiciis-Promovendin der Universität Innsbruck, und Martin Gronau vom Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin in ihrem Vortrag „Überschrittene Grenzen. Erwin Schrödinger und die Herausforderungen der Wissenschaftsbiografik“ den Umgang mit dem Nachlass des Physikers. Im Kaiser-Leopold-Saal stellten sie bislang unzugängliche Quellen – darunter Schrödingers Tagebücher, Briefe und Dokumente – vor, die zum Teil im Forschungsinstitut Brenner-Archiv lagern. Sie dienten ihnen als Grundlage für eine Aufarbeitung der Skandalisierungsgeschichte von Schrödingers Privatleben, die den öffentlichen Ruf des Nobelpreisträgers erheblich beschädigte und auch zu Umbenennungen von Hörsälen und Vorlesungsreihen führte. Die Biografie eines „Hobbyhistorikers“ aus den 1980er-Jahren bildete eine wichtige Grundlage für die Anschuldigungen und wurde von Magdalena und Martin Gronau anhand von Materialien aus dem Nachlass kritisch kommentiert. Sie warfen schließlich einen alternativen Blick auf Schrödingers komplexes Privatleben, der auch die Perspektiven der bislang weitgehend stumm gebliebenen Partnerinnen des Physikers berücksichtigte.

Magdalena und Martin Gronau im vollbesetzen Saal

Magdalena und Martin Gronau vor ihrem Vortrag in Innsbruck.

Schrödinger und Oxford

Am Dienstag führte Sir David Clary von der University of Oxford dann im Hörsaal des Victor-Franz-Hess-Hauses das zahlreich erschienene Publikum im Rahmen der Innsbruck Physics Lectures auf eine Reise durch Erwin Schrödingers wissenschaftliches Leben. Unter dem Titel „Schrödinger, Austria and Innsbruck“ zeichnete der renommierte Chemiker auf Basis seiner aktuellen Biografie „Schrödinger in Oxford“ ein lebhaftes Bild des Forschers, der trotz vieler internationaler Stationen stets mit seiner Heimat Österreich – und besonders mit Innsbruck – verbunden blieb.

Roland Wester mit Sir David Clary im Hörsaal A

Mitorganisator Roland Wester mit Sir David Clary im vollbesetzten Hörsaal A im Victor-Franz-Hess-Haus.

Wissenschaft trifft Poesie

Den Abschluss bildete am Mittwoch der Vortrag „Quantenphysik, Naturphilosophie und Poesie. Die Sammlungen Schrödinger, March, Braunizer“ von Michael Schorner im Brenner-Archiv. Er präsentierte die im Archiv verwahrten Teilnachlässe der Physiker Erwin Schrödinger und Arthur March sowie ihrer Familien, die 2017 als Leihgabe nach Innsbruck kamen und 2020 durch Ankäufe ergänzt wurden. Neben wissenschaftlichen Manuskripten umfasst das Material auch Gedichte, Zeichnungen, Korrespondenzen und Fotografien. Diese Bestände sind im Rahmen der Initiative Kulturerbe digital vollständig digitalisiert worden und sind nun über das Portal Kulturpool der Öffentlichkeit zugänglich– ein wichtiger Beitrag zur Bewahrung und Erforschung des kulturellen Erbes der Quantenphysik.

Michael Schorner präsentierte im Brenner-Archiv die Bestände

Michael Schorner präsentiert die Teilnachlässe von Erwin Schrödinger und Arthur March sowie ihrer Familien.

Wissenschaft im Dialog

Mit der dreitägigen Reihe bot die Universität Innsbruck einen Raum für die kritische Auseinandersetzung mit einer herausragenden Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts. Dabei erwies sich insbesondere der interdisziplinäre Dialog zwischen Geistes- und Naturwissenschaften als sehr fruchtbar.

    Nach oben scrollen