Was waren damals die Gründe für die Schaffung einer Serviceeinrichtung für Forschungsförderung an der Universität Innsbruck?
Kurt Habitzel: Günter Mühlberger und ich haben 1990 am Institut für Germanistik einen erfolgreichen Antrag für ein Projekt gestellt, das Teil eines großen trilateralen Schwerpunktprojekts war, gefördert von DFG, SNF und FWF. Anschließend haben wir drei weitere EU-Projekte als Koordinatoren im 4. und 5. Forschungsrahmenprogramm eingeworben und uns über Drittmittel finanziert.
In den 1990er-Jahren waren Informationen zu Fördermöglichkeiten nicht breit verfügbar. Vieles lief noch papierbasiert, und das Internet steckte in den Kinderschuhen. Es gab weder Beratung zum Verfassen von Forschungsanträgen noch Unterstützung bei der administrativen Abwicklung. Deshalb haben wir der Universitätsleitung die Einrichtung einer eigenen Servicestelle vorgeschlagen.
Das projekt.service.büro nahm im Oktober 2000 im Geiwi-Turm seinen Betrieb auf – mit zwei halben Stellen, finanziert durch Kostenersätze aus Drittmittelprojekten. Dass die Zeit für eine solche Einrichtung reif war, zeigt sich auch daran, dass zeitgleich an anderen österreichischen Universitäten ähnliche Forschungsservices entstanden. Für das projekt.service.büro war es stets entscheidend, dass die jeweilige Universitätsleitung die Weiterentwicklung unserer Abteilung aktiv unterstützt hat.
Wie hat sich die Forschungsförderung in Österreich und Europa seit 2000 verändert, und wie hat das projekt.service.büro darauf reagiert?
Kurt Habitzel: Der Beginn des projekt.service.büros fiel in eine Zeit des Umbruchs. Zu Beginn des Jahrtausends wurden sowohl die Universitätslandschaft als auch die fragmentierte Förderlandschaft in Österreich grundlegend neu organisiert. So entstand 2004 die FFG durch die Zusammenführung von vier verschiedenen Organisationen, und die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) wurde 2002 neu gegründet. Auch der FWF wurde in dieser Zeit reformiert, wobei dies weniger direkte Auswirkungen auf die geförderten Wissenschaftler:innen hatte.
Auf europäischer Ebene waren die Forschungsrahmenprogramme der EU damals deutlich kleiner ausgestattet und kürzer angelegt als heute. Mit jedem neuen Rahmenprogramm änderten sich die Förderrichtlinien und die thematische Ausrichtung grundlegend. Erst mit dem siebten Forschungsrahmenprogramm ab 2007 gab es spürbare Veränderungen: mehr finanzielle Mittel, größere Projekte und mehr Kontinuität – sowohl bei den thematischen Schwerpunkten als auch bei den Abrechnungsrichtlinien.
In diese frühen Jahre fiel auch die Implementierung des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002), das die österreichischen Universitäten organisatorisch vor einen völligen Neubeginn stellte. Die Universitäten wurden zu eigenständigen, zentral organisierten juristischen Personen, die dem Ministerium gegenüber im Rahmen der Wissensbilanz Bericht erstatten und im Rahmen von Leistungsvereinbarungen klar definierte Leistungen erbringen mussten. Durch die Einführung von Kennzahlen wurden die Universitäten vergleichbar, was einen neuen Wettbewerb unter den Hochschulen auslöste. Dieser Wettbewerb hatte direkte Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Universitäten: Forschungsstarke Universitäten, wie die unsere, erhielten dadurch mehr Ressourcen.
Zu Beginn lag der Hauptfokus des projekt.service.büros auf der Antragsberatung und der Weitergabe von Know-how im Bereich der Projektabrechnung. Nach 2004 änderte sich die Situation jedoch grundlegend: Projektgelder wurden nun über das SAP-System abgerechnet, Drittmittelpersonal wurde direkt an der Universität angestellt, und alle Projekte mussten zur Verwaltung und Dokumentation zentral im VIS erfasst werden.
Das projekt.service.büro entwickelte sich dadurch von einer reinen Anlaufstelle bei Bedarf zu einer zentralen Einheit, die den gesamten Drittmittelbereich abteilungsübergreifend und systematisch über die Projektdatenbank verwaltete. Durch den neu gewonnenen vollständigen Überblick über das Drittmittelgeschehen konnte das Service-Angebot des projekt.service.büros gezielt ausgebaut werden. Auf Basis dieser Informationen war es der Universitätsleitung möglich, strategische Schwerpunkte im Drittmittelbereich zu setzen – etwa in der Nachwuchs- und Karriereförderung – oder gemeinsam mit den Fakultäten konkrete Ziele im Drittmittelbereich zu vereinbaren.
In den letzten Jahren sind die Anforderungen der Geldgeber an die Projektabrechnung und -dokumentation deutlich gestiegen. Aus diesem Grund wurde die Abrechnung von Forschungsprojekten zunehmend von den Instituten auf die spezialisierten Mitarbeiter:innen des projekt.service.büros übertragen.
Ein weiterer Aspekt, der in die Anfangszeit des projekt.service.büros fällt, ist die Professionalisierung des Wissens- und Technologietransfers an den Universitäten. Geistiges Eigentum, wie beispielsweise Erfindungen von Mitarbeiter:innen, gehört nun der Universität und muss bestmöglich verwertet werden. Gleichzeitig sollte Wissenschaftler:innen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Forschungsergebnisse im Rahmen von Unternehmensgründungen zu nutzen.
Um diese neuen Aufgaben umzusetzen, hat die Universität mehrere Förderanträge gestellt. Diese ermöglichten unter anderem die Anstellung und Ausbildung von „Patentscouts“ sowie die Einrichtung eines AplusB-Gründerzentrums. Heute verfügt die Universität über ein professionelles Team aus Innovationsmanager:innen, Gründerberater:innen und Beteiligungsmanager:innen, das diese Aufgaben erfolgreich wahrnimmt.
Was hat Sie in vergangene zweieinhalb Jahrzehnten persönlich am meisten inspiriert oder motiviert?
Kurt Habitzel: Im projekt.service.büro „fiebern“ wir den Jury- und Kuratoriumssitzungen der Förderstellen entgegen und freuen uns über jedes eingeworbene Projekt. Diese Projekte bieten den beteiligten Wissenschaftler:innen nicht nur die Möglichkeit, ihre Forschungskarrieren voranzutreiben, sondern schaffen in den meisten Fällen auch die finanzielle Basis für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Genau das ist meine größte Motivation.
Mein Wunschziel wäre es gewesen, dass alle Dissertant:innen an der Universität ihre Forschung im Rahmen einer Anstellung oder zumindest eines Stipendiums durchführen können. Erfreulicherweise hat sich mittlerweile eine „Drittmittelkultur“ an der Universität etabliert, die alle Fachbereiche umfasst. Drittmittelfinanzierte Dissertationsstellen sind heute nicht mehr nur in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern Standard, sondern auch in anderen Disziplinen.
Welche Projekte oder Initiativen, die durch das projekt.service.büro unterstützt wurden, sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Kurt Habitzel: Eine Auswahl aus 25 Jahren, mit rund 20.000 intern und extern geförderten Projekten und einem Finanzvolumen von weit über einer Milliarde Euro, zu treffen, ist wirklich schwierig. Am einfachsten fallen mir Projekte aus der Anfangszeit des projekt.service.büros ein: Zum Beispiel die ersten bewilligten Kompetenzzentren oder der FWF-Spezialforschungsbereich HiMAT (The History of Mining Activities in the Tyrol).
Das Spannende an diesen Großprojekten war ihre stark interdisziplinäre Ausrichtung. Bei HiMAT reichte die Bandbreite von Archäologie, Geschichte und Sprachwissenschaft über Botanik und Mineralogie bis hin zu den technischen Wissenschaften. Für das projekt.service.büro waren solche Projekte eine ideale Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln und gleichzeitig an Sichtbarkeit zu gewinnen.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Forschenden der Universität Innsbruck im Laufe der Jahre verändert?
Kurt Habitzel: Durch den Ausbau des Serviceangebots des projekt.service.büros hat sich die Zusammenarbeit mit den Wissenschaftler:innen deutlich weiterentwickelt und vertieft. Anfangs lag unser Fokus vor allem auf der Phase vor Projektbeginn: Antragsberatung, Begleitung bei der Einreichung, Coaching vor Hearings und die ersten Schritte im Projekt. Heute begleiten wir Projekte von der Idee, dem Antrag und der Vertragsverhandlung über die Projektumsetzung bis hin zur Verwertung. Dadurch bleiben wir viel länger mit den Projekten und den Forscher:innen verbunden.
Die Wissenschaftler:innen wissen, dass sie uns jederzeit bei Problemen kontaktieren oder am Campus Technik in unserem Büro vorbeischauen können. Unsere Zusammenarbeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Wissenschaftler:innen, auch die Institutsreferent:innen sind für uns wichtige Anlaufstellen.
Mein Team zeichnet sich durch großes Engagement und hohe Motivation aus – das wird uns immer wieder durch viele positive Rückmeldungen bestätigt.
Wie geht es mit dem projekt.service.büro weiter? Welche neuen Entwicklungen stehen an?
Kurt Habitzel: Ich bin überzeugt, dass der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu einem großen Umbruch führen wird. Antragsteller:innen nutzen KI bereits heute, etwa zur sprachlichen Überarbeitung ihrer Texte. Auch die Förderstellen werden KI zunehmend als Hilfsmittel bei der Evaluierung einsetzen – anders wird die teils enorme Anzahl an Anträgen in themenoffenen Calls kaum noch zu bewältigen sein. Ein Beispiel: Die Zahl der eingereichten Marie Skłodowska-Curie Postdoctoral Fellowships hat sich von 2023 bis 2025 von 8.000 auf 17.000 mehr als verdoppelt.
Auch in der Verwaltung werden wir unsere Prozesse und Arbeitsweisen anpassen müssen, um mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten. Diese Veränderungen werde ich allerdings nicht mehr in leitender Funktion umsetzen. Nach 25 Jahren als Leiter des projekt.service.büros – 25 spannende Jahre des Aufbaus und der Weiterentwicklung dieser Servicestelle – möchte ich mich etwas zurücknehmen. Ende des Jahres werde ich meine Arbeitszeit reduzieren und habe darum gebeten, die Leitung neu auszuschreiben. Dem projekt.service.büro bleibe ich jedoch weiterhin verbunden. Ich stehe als Anlaufstelle zur Verfügung und freue mich auf jede Anfrage.
Zur Person
Kurt Habitzel (* 1965 in Innsbruck) hat in Innsbruck Germanistik und Geschichte studiert. Nach der Promotion war der Literaturwissenschaftler zunächst als drittmittelfinanzierter Forschungsassistent am Institut für Germanistik tätig. Für die Digitalisierung von Kulturellem Erbe wandte er sich intensiv der IT zu und war früh im Bereich der Digital Humanities tätig. Er leitete mehrere EU-Projekte, was im Jahr 2000 schließlich zur Gründung des projekt.service.büros an der Universität Innsbruck führte, dessen Leiter Kurt Habitzel 25 Jahre lang war.
