Wem können wir noch glauben – und warum? Ob „Leitmedien“ oder „Lügenpresse“, ob „KI“, „Filterblasen“ oder „Algorithmen“ – das Vertrauen in Medien wird derzeit intensiv diskutiert. Manche verlassen sich auf etablierte Medienhäuser, andere glauben lieber TikTok-Videos oder Podcasts von Einzelpersonen. Doch was heißt das eigentlich: Medien vertrauen? Und wie entsteht Vertrauen überhaupt – und wie geht es verloren?
Der Medientag 2025 widmet sich in diesem Jahr den komplexen Beziehungen zwischen Medien und Vertrauen. Dabei fragen wir: Warum ist Vertrauen in Medien so wichtig für unsere Gesellschaft? Was beeinflusst unser Vertrauen – und was bringt es ins Wanken? Wie wirken sich digitale Technologien, Social Media und neue Medienformate auf diese Vertrauensverhältnisse aus? Und wie steht es aktuell um das Vertrauen in Medien in Österreich?
Wir verstehen Vertrauen dabei nicht als Gefühl, sondern als soziale Praxis, die sich zwischen Menschen, Institutionen – und zunehmend auch gegenüber Technologien und Algorithmen – entfaltet. In digitalen Räumen haben sich neue Vertrauensformen entwickelt: Empfehlungen durch Likes, affektgeladene Kommunikation oder personalisierte Inhalte prägen, wem wir Glauben schenken. Und wird nur noch mit: „Quelle? Vertrau mir, Bro!“ kommentiert. Der Medientag lädt alle Interessierten – ob aus der Wissenschaft, dem Studium oder der Gesellschaft – dazu ein, gemeinsam über Medienvertrauen nachzudenken, aktuelle Entwicklungen einzuordnen und Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.
Seien Sie dabei und diskutieren Sie mit – kritisch, offen und interdisziplinär.
Wann?
Am Donnerstag, 13.11.2025
von 17:00 h bis ca. 20:15 h
Wo?
In der Aula der Universität Innsbruck, Innrain 52
Eintritt frei! Bitte um vorherige Anmeldung bis 09.11.2025 per E-Mail an medien@uibk.ac.at
Programm
Janette Walde, Vizerektorin für Lehre und Studierende der Universität Innsbruck
Petra Missomelius, Sprecherin des Forschungszentrums Innsbruck Media Studies
Silvia Lieb, CEO Moser Holding
Clemens Pig, CEO APA
Matthias Krapf (Chefredakteur TT), Maria Scholl (Chefredakteurin, APA)
Abstracts der Vorträge
Stefan Gadringer: Digitale Autoritäten: Wem wir vertrauen, wenn alle sprechen können
Algorithmen, Authentizität und die Suche nach Orientierung im digitalen Zeitalter
Das Vertrauen in Nachrichtenmedien steht weltweit unter Druck – und verändert sich mit den digitalen Gewohnheiten der Nutzer:innen. Während sich einige weiterhin auf klassische Nachrichtenquellen verlassen, beziehen viele Informationen primär über soziale Medien, Messenger oder Plattformen wie TikTok und YouTube. In diesen dynamischen Umgebungen bestimmen nicht mehr Redaktionen allein, welche Inhalte sichtbar sind, sondern algorithmische Logiken, persönliche Netzwerke und das Spiel mit Authentizität.
Auf Basis aktueller Befunde des Reuters Digital News Report beleuchtet der Vortrag, wie sich Nachrichtennutzung und mediales Vertrauen unter digitalen Bedingungen verändern. Wer informiert sich heute wo – und warum? Wie wirkt sich die Plattformisierung des Nachrichtenkonsums auf die Wahrnehmung journalistischer Glaubwürdigkeit aus? Und welche Rolle spielen persönliche Relevanz, affektive Ansprache und Formatvielfalt für den Aufbau oder Verlust von Vertrauen?
Der Vortrag diskutiert, wie journalistische Autorität im digitalen Zeitalter neu ausgehandelt wird – zwischen redaktionellen Standards, algorithmischer Selektion und dem Bedürfnis nach Orientierung in einer komplexen Nachrichtenwelt.
Stefan Apfl: Trojanischer Journalismus!? Über neue alte Werte und Formen von Social Media-Journalismus
Konfliktfördernde Algorithmen, rechtsfreie Digitalräume, geopolitische Eigentümerinteressen: Die Schattenseiten von Social Media-Plattformen prägen Politik, Märkte, Öffentlichkeit, Gesellschaft und nicht zuletzt das psychische Wohlbefinden der User:innen. Es gibt gute Argumente, sich von Social Media fernzuhalten. Bloß ist das kein Option, schon gar nicht für den Journalismus.
Denn seine jungen Zielgruppen sind dort. Es sind jene digitalen Orte, an denen sie sich informieren, unterhalten, kommunizieren. Und das hat massive gesellschaftliche und individuelle Auswirkungen weit über die Apps hinaus. Es ist hoch an der Zeit, breitflächig journalistische Angebote für die Informationsbedürfnisse junger Menschen, für ihr Medienkonsumverhalten – und somit auch für die Produktionsregeln von Social Media zu entwickeln.
Wie kann das gelingen? Und was können wir dabei – auch im Hinblick auf Vertrauen – von etablierten Medien, Influencer:innen und Creator:innen lernen?
Ilka Jakobs: Doch nicht alles Lügenpresse? Entstehung von und Einflussfaktoren auf Medienvertrauen
Im Implusvortrag werden das Konstrukt Medienvertrauen und seine Formen betrachtet – welche Arten von Medienvertrauen gibt es und welche davon sind förderlich für demokratische Systeme? Weiterhin wird ausgeführt, wie Medienvertrauen entsteht und welche Faktoren es beeinflussen. Hier gilt es, zwischen individuellen und gesellschaftlichen Faktoren zu differenzieren. Abschließend wird die Frage beantwortet, wie es in Deutschland um das Medienvertrauen steht – „doch nicht alles Lügenpresse“ haben die Daten der Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen gezeigt.
