Nachruf Architekt Dipl.-Ing. Ekkehard Hörmann

Ekkehard Hörmann (1933-2014) war mit einer Architektur des lebendigen Zusammenspiels von Neu und Alt in Tirol vielen seiner Zeitgenossen voraus und setzte damit neue Maßstäbe. Für die Erweiterung der Bundeshandelsakademie HAK in Innsbruck wurde er mit dem Preis der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs im Jahr 1976 ausgezeichnet. Fast noch werkstattfrisch, modern und stilsicher im Gleichklang mit dem historischen Gebäudebestand, bestechen auch heute noch die Materialien und moderne Formensprache, welche sich nach oben im Bereich der Gebäudekante im schönen Wechselspiel der Konturen mit der Nordkette liiert. Nach dem Architekturstudium an der TU Graz hat Hörmann im Büro von Wilhelm Stigler erste Berufserfahrungen gesammelt und sich dann 1962 selbstständig gemacht. Bereits wenige Jahre später gehörte er zu jenen Architekten, die mit ihrer Meinung das öffentliche Bewusstsein entscheidend mitgeprägt haben.

Bezeichnend ist das im Sommer 1967 in der ersten Ausgabe der Kulturzeitschrift „Das Fenster“ erschienene Interview, in dem Hörmann zu den Themen Baukultur, Natur und Landschaft befragt worden ist und uns damit gewissermassen sein intellektuelles Vermächtnis hinterlassen hat. Auf die Frage ob das Tirol eine hochstehende Baukultur besitze, meint Hörmann: „Nein, es liegt im Wesen unserer gegenwärtigen ökonomischen Gesellschaft, dass sie ihre Zielsetzung im Wäg- und Messbaren sucht und sich gegen geistige, künstlerische Bestrebungen ablehnend verhält. Tatsächlich besteht faktisch keine andere Zielsetzung , die heute von allgemeiner Gültigkeit ist; die Gesellschaft ist pluralistisch und da für die Wertung geistiger Qualitäten kein allgemein anerkannter Bezugspunkt existiert, ausser das Wäg- und Messbare, kommt es angesichts einer losgelösten und damit unverbindlichen Ästhetik nur in seltensten Fällen zu einem Zusammenwirken der gestalterischen, schöpferischen Kräfte, woraus allein das Entstehen einer Baukultur denkbar wäre. In Tirol selbst und anderswo hilft man sich oder begnügt man sich mit dem Klischee, sowohl beim Bau in traditionellen Formen als auch im modernen Zweckbau.“
 
Hörmann hat mit seiner kritischen Meinung Zeitgeist der banalen, utilitaristischen Architektur den Kampf angesagt. Heute gibt es doch einige beispielhafte Bauten, das Resultat erfolgreicher Wettbewerbe, die das negative Urteil über die hiesige Baukultur relativieren, so u.a. die Bergiselschanze, M-Preis Läden, das Festspielhaus in Erl, die Münze in Hall oder der Umbau des Adambräus in Innsbruck.

Auf eine weitere Frage im Fenster-Interview, ob denn der Tiroler Bauherr künstlerisch anspruchsvoll ist, meinte Hörmann, „Nein, soweit mir bekannt ist, erregt das, was der Tiroler Bauherr, mit seltenen Ausnahmen, für sein Geld anschafft oder bauen lässt, in Fachkreisen der bildenden Künste und der Architektur weder im Ausland noch im Inland Aufsehen […] Der seltene Idealfall stellt der Bauherr dar, der mit seinem Architekten auszieht, um in den ungeheuren Möglichkeiten unserer Zeit Neuland zu betreten. Den Institutionen ist dies umso weniger möglich, je mehr sie unter öffentlicher Kontrolle stehen. Dies wirkt sich z. B. bei den Wettbewerben aus. Die Bauordnungen können zum Teil als Hemmschuh für den lebendigen Wandel der Baugesinnung angesehen werden.“ Als Beispiele gelungener architektonischer Schöpfungen nach 1945 nannte Hörmann, das Café Greif an der Triumphpforte von Lois Welzenbacher (heute abgerissen) und dessen Wohnhaus in Absam; die Kirche Neu-Arzl von Josef Lackner, und die Wohnhausanlage Holzgasse in Innsbruck von Willi Stigler. Nach der zukünftigen Entwicklung der Baukultur im Inntal befragt, reagierte Hörmann eher resigniert: „Die Bautätigkeit im Inntal dokumentiert, dass man von Lösungsvorschlägen der Architekten nichts wissen will. Ein Grundgesetz, zu dem wir uns alle bekennen müssen, schützt das persönliche Eigentum und erschwert eine übergeordnete Planung. Das Gelingen einer solchen ist ausschliesslich einer hochstehenden Baukultur vorbehalten.“

Während seiner Lehrtätigkeit war Hörmann, gemeinsam mit seinem Südtiroler Kollegen Othmar Barth, am Institut für Entwerfen und Raumgestaltung seit den Anfangsjahren der Baufakultät an der Universität Innsbruck für viele Studenten eine wichtige Bezugsperson.

Er hat sich mit jedem Bauauftrag intensiv beschäftigt, mit der Ausrichtung des Gebäudes, den bioklimatischen Bedingungen, dem Kontext. Es ging ihm ja schließlich nicht nur um das Realisieren einer Baumaßnahme, sondern um den Dialog des Gebäudes mit der Natur, der umliegenden historischen Bausubstanz, das Zusammenwirken mit dem Umfeld. Im besonderen Maße spürbar ist dies bei der Kapelle im Stubaital, der mit Horst Parson gemeinsam entworfene Autobahnzollstation Brenner und beim Wiederaufbau der Ruine Berneck in Kauns, den der damalige Landeskonservator von Tirol Oswald Trapp als „herausragendes Beispiel einer schöpferischen Denkmalpflege“ bezeichnete.

Von einer ganz anderen Seite zeigte sich Hörmann mit dem Entwurf für das Kraftwerk Sellrain-Silz, 1975-1981, bei dem die technische Funktion das Erscheinungsbild des ausgeführten Bauwerks maßgeblich geprägt hat. Der imposanten Bergkulisse setzt er einen mit getönten Aluminiumplatten verkleideten Kubus entgegen, der mit seinen klaren Konturen bis heute die Meinungen polarisiert .

Ekkehard Hörmann hat durch seine Leistungen und kritischen Stellungnahmen das architektonische Umfeld mit verändert und dazu beigetragen, dass es heute mehr Beispiele einer gelungenen Architektur gibt. Die Frage nach dem Notwendigen, dem Dauerhaften und dem Entsprechenden führt über das Detail zu einer entschlackten Form der Gestaltung. Hörmann entwickelte Formen, die sich aus den handwerklich und Material bedingten Form- und Raumlösungen tradierten Bauens schlüssig ergeben.

Ekkehard Hörmann verstarb nach langer, schwerer Krankheit am 4. Oktober 2014. Seinen architektonischen Nachlass hat Ekkehard Hörmann dem Archiv für Baukunst der Universität Innsbruck vermacht und damit die größte baugeschichtliche Sammlung im zentralen Alpenraum bedeutend bereichert.

Christoph Hölz / Wittfrida Mitterer

TT Artikel am 21.01.2015

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