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Messmodelle im Ingenieurbauwesen

 

Benjamin Schmid, Messmodell der Olympiasporthalle München, 2023.

Benjamin Schmid, Messmodell der Olympiasporthalle München, 2023.

Projektleitung:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christiane Weber (Universität Innsbruck)
Prof. Dr. Andreas Putz (Technische Universität München)
Prof. Dr.-Ing. Eberhard Möller (Hochschule Karlsruhe)

Mitwirkende:
Dipl.-Ing. Benjamin Schmid (Universität Innsbruck)
Baris Wenzel, MA (Hochschule Karlsruhe)
Mareike Stöber, MA (Technische Universität München)

Das Projekt widmet sich den letzten Zeugen der Modellstatik. Gemeint sind damit Modelle, die im Ingenieurbau eingesetzt wurden, um Tragwerke zu analysieren, zu verstehen, im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen und schließlich sogar zu bemessen und zu prüfen.

Denn in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre war es extrem aufwendig, die Form von Seilbrücken, Staudämmen und weit gespannten Flächentragwerken wie Schalen und Zeltbauten zeichnerisch zu erfassen und rechnerisch zu dimensionieren. Waren die Tragwerke zu komplex, um sie mit rechnerischen Methoden zu entwerfen oder analysieren, kamen Messmodelle im engeren Sinne zum Einsatz, was man im deutschsprachigen Raum als Modellstatik bezeichnet.

Darunter wird eine Methode verstanden, bei der die Tragwerkstruktur mit maßstäblichen, geometrisch und elastisch ähnlichen Modellen nachgebaut wird, um anhand dieser Modelle eine Vorstellung des Tragverhaltens zu gewinnen und Messwerte zu ermitteln, die mit Hilfe der Ähnlichkeitsmathematik auf das tatsächliche Tragwerk umgerechnet wurden, um dieses zu dimensionieren. Diese Epoche der Messmodelle, die in die Zeit der Hochindustrialisierung fällt, endete mit Einführung leistungsstarker Computer in den 1970er Jahren, die effizienter und damit kostengünstiger als die Modellstatik waren.

Messmodell der Olympiasporthalle München Foto: Benjamin Schmid

Baris Wenzel, Digitaler Zwilling des Messmodells der Lillebaelt Brücke.

Die Ingenieurmodelle unterscheiden sich grundsätzlich von Architekturmodellen, da sie in den seltensten Fällen als Präsentationsmodelle gedacht waren. Gerade Messmodelle entstanden, um das Tragverhalten zu testen, nicht selten bis zum Versagen, was eine »kontrollierte Zerstörung« der Objekte bedingte. Das den Ingenieuren im Gegensatz zu Architekten immer noch fehlende Bewusstsein für ihre eigene Geschichte hat zudem dazu geführt, dass nur ganz selten Messmodelle den Weg in Archive und Museen finden. Dabei haben diese Ingenieurmodelle ihren eigenen Wert als Wissensspeicher, mit deren Hilfe sich Planungs- und Bauprozesse nachvollziehen lassen. Gerade für Laien sind Modelle sehr viel einfacher lesbar als Pläne, wodurch diese Objekte unter anderem für Architektur- und Technikmuseen und akademische Sammlungen von großem Interesse wären. Ihre Erhaltung steht dabei vor der Herausforderung einer doppelten Identität als materielle Artefakte einerseits und als wissenschaftlich-technische Apparaturen andererseits.

Eine interdisziplinäre Forschergruppe aus jungen Wissenschaftlern der Disziplinen Bautechnikgeschichte, Ingenieurbau und Restaurierungswissenschaft hat es sich zum Ziel gesetzt – in enger Abstimmung mit einem wissenschaftlichen Beirat von erfahrenen Wissenschaftlern – die noch vorhandenen Messmodelle im deutschsprachigen Raum grundlegend zu erfassen, ihren wissenschafts- und bautechnikhistorischen Kontext zu erforschen und Möglichkeiten einer langfristigen Erhaltung dieses technischen Kulturerbes aufzuzeigen.

Mehr zum Projekt hier.

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