Till van Rahden

Gastprofessor | Sommersemester 2018
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LFUI-Gastprofessor 2018 am Institut für Zeitgeschichte

Till van Rahden

→ zur Person

Veranstaltungen:

- Workshop

- Gesprächsrunde und Abendvortrag


Workshop
gemeinsam mit Alexandra Weiss und Ekkehard Hey-Ehrl

"Demokratie als Lebensform. Historische Perspektiven auf eine politische Idee in der Krise"

Donnerstag, 7. Juni 2018, 10:00-18:00 Uhr | Künstlerhaus Büchsenhausen, Weiherburggasse 13, Innsbruck

Dass die Demokratie in der Krise ist, gilt heute als Gemeinplatz. Im Rahmen des Workshops sollen Schlaglichter auf die Geschichte der österreichischen und deutschen Demokratie seit ihrer Gründung vor hundert Jahren geworfen werden. Das besondere Interesse gilt dabei weniger der Demokratie als Herrschaftsform, sondern der Demokratie als Lebensform. Als Ausgangspunkte gelten dabei in den letzten Jahren lauter werdende Fragen nach den moralischen, kulturellen und sozialen Voraussetzungen einer demokratischen Ordnung. Im Zentrum steht die gemeinsame Lektüre von Texten die um das Verhältnis von privatem Raum und staatlicher Ordnung kreisen. Zunächst richtet sich der Blick auf die Kinderjahre der Ersten Republik, insbesondere auf moralische Untergangsängste zu Beginn, Paul Federns Überlegungen zur „vaterlosen Gesellschaft“ und Hans Kelsens Vorschlag, Demokratie nicht über das Postulat der Gleichheit, sondern über die Idee Freiheit zu begründen. Im zweiten Teil geht es um die fünfziger und sechziger Jahre als einer Zeit der Widersprüche. Vordenker der konservativen Restauration verstanden die „Demokratisierung“ als Angriff auf die patriarchalische Familie, die väterliche Autorität und auf eine essentialistisch verstandene Männlichkeit. Zugleich kennzeichnet diese zwei Dekaden in Westdeutschland ein demokratischer Aufbruch, der sich in drei Bereichen niederschlägt: Der Suche nach neuen Formen der Autorität und der Erziehung, dem Traum der „demokratischen Familie“ und der Frage, wie das Schlagwort der „Demokratie als Lebensform“ mit Leben zu füllen sei.


Im Gespräch mit... Till van Rahden (eine Veranstaltungsreihe des Forschungsschwerpunkts Kulturelle Begegnungen - Kulturelle Konflikte)

14. Juni 2018 

Gesprächsrunde
Café Katzung, Herzog-Friedrich-Straße 16 | 14:00 Uhr
Anmeldung erforderlich: per E-Mail an fsp-kultur@uibk.ac.at bis 3. Juni

Abendvortrag "Demokratie erfahren: zur Ästhetik einer gefährdeten Lebensform"
Claudiana, Herzog-Friedrich-Straße 3, Claudia-Saal | 18:00 Uhr

Wir alle sind jetzt Demokraten. Und doch mehren sich die Zweifel, ob die Herrschaftsform der Demokratie auch überleben wird. Gegenwärtig beherrschen die Sozialwissenschaften die demokratietheoretische Debatte. Die Geistes- und Kulturwissenschaften dagegen haben bisher wenig beigetragen zu der Frage, wie wir die Demokratie als eine ebenso unwahrscheinliche wie fragile Ordnung verstehen können. Dagegen ist hier der spezifische Mehrwert von geistes- und kulturwissenschaftlichen Perspektiven für unser Verständnis der Demokratie als einer Lebensform herauszuarbeiten. Das Interesse zielt dabei nicht auf die Bedeutung des Inhalts (etwa die demokratischen Ideen in öffentlichen Kontroversen), sondern die Bedeutung der Form. So will der Vortrag einladen zum Gespräch über die Bedeutung von Ästhetik, Stil und Umgangsformen für die Demokratie. Ein solcher Perspektivenwechsel reagiert auf den Vorbehalt, die Betonung demokratischer Formen, Stile und ästhetischer Repräsentationen
lenke ab von wichtigeren Fragen über die Substanz von Demokratie und demokratischen Verfahren. Im Zentrum steht die Frage: Wenn eine spezifische Kultur eine wesentliche, obgleich schwer fassbare Grundlage für demokratische Ordnungen bildet, ist es möglich zu bestimmen, welche Formen und Stile die Demokratie als Lebensform fördern, erhalten und beleben?

Programm als PDF


Till van Rahden ist Inhaber des Canada Research Chair in German and European Studies an der Université de Montréal. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Europäischen Geschichte seit der Aufklärung. Dabei interessiert er sich besonders für die Spannung zwischen dem schwer fassbaren Versprechen demokratischer Gleichheit und der Allgegenwart von kultureller Vielfalt und moralischen Konflikten.

Als Fellow war er in den vergangenen Jahren u.a. am Forschungskolleg Humanwissenschaften, Bad Homburg/Frankfurt, dem Leibniz Institut für Europäische Geschichte, Mainz, dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien, dem Internationalen Kolleg Morphomata: Genese, Dynamik und Medialität kultureller Figurationen und dem Freiburg Institute for Advanced Studies. Zudem gehört er dem Beirat des Year Book of the Leo Baeck Institute (Oxford University Press) und der George L. Mosse Series in Modern European Cultural and Intellectual History (University of Wisconsin Press) an.

1999 wurde er an der Universität Bielefeld promoviert. Seine Studie Jews and other Germans: Civil Society, Religious Diversity and Urban Politics in Breslau, 1860-1925 (Madison, 2008) wurde mit dem »Fraenkel Prize in Contemporary History« ausgezeichnet. Ausgewählte neuere Publikationen: als Mitherausgeber: Juden, Bürger, Deutsche: Zur Geschichte von Vielfalt und Differenz 1800-1933 (Tübingen, 2001), Demokratie im Schatten der Gewalt: Geschichten des Privaten im deutschen Nachkrieg (Göttingen, 2010), und Autorität: Krise, Konstruktion und Konjunktur (Munich, 2016) sowie die Aufsätze „Clumsy Democrats: Demons and Devils in Postwar Germany“, in: Paul Nolte Hg., Transatlantic Democracy in the Twentieth Century: Transfer and Transformation (München 2016), „Eine Welt ohne Familie. Über Kinderläden und andere demokratische Heilsversprechen“, in: WestEnd: Neue Zeitschrift für Sozialforschung 14 (2017), H. 2, S. 3-26 sowie „Lumpen sammeln: Siegfried Kracauer und die Geschichte des 19. Jahrhunderts“, in Historische Zeitschrift 306 (2018).


Foto: Till van Rahden

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