i.sd - Reticular Tower
Der Reticular Tower wurde im Wintersemester 2018/19 am i.sd, dem Bereich Structure and Design der Fakultät für Architektur an der Universität Innsbruck mit StudentInnen des ersten Semesters entwickelt und hergestellt. Ziel war es, die Möglichkeiten von digitalen Entwurfs- und Fabrikationsmethoden weiter zu untersuchen und die StudentInnen gleich zu Beginn ihres Architekturstudiums mit dem digitalen Entwurfsprozess vertraut zu machen. Als Konstruktionsmethode wurden 15mm starken OSB Holzplatten und Stahlverbindungen gewählt, wodurch bei einer Gesamthöhe von über 5m das Eigengewicht von 750kg bei allen Designentscheidungen zu beachten war. Mit den Möglichkeiten eines komponentenbasierten Materialsystems werden in dem Projekt drei Hauptziele verfolgt: die Vermittlung von komplexen Geometrien und Strukturen, sowie die Konstruktion, Detaillierung und Fabrikation und schließlich der digitale Entwurf des finalen Turms.
Auf Grundlage der gestalterischen und strategischen Anordnung der einzelnen Holzdreiecke wurde zuerst ein digitaler Designprozess aufgesetzt, der einerseits den StudentInnen Designfreiheiten gibt und andererseits die statische Struktur gewährleistet. Dieses Setup wurde mittels genetischer Algorithmen unter Berücksichtigung von Fitness-Kriterien optimiert, wie dem Verhältnis von Höhe zu Eigengewicht oder der gleichmäßigen Kräfteverteilung im Gesamtsystem. So entstand die Gesamtform zusammen mit der darin enthaltenen Punktewolke der Verbindungen in einem „Bottom Up“ Prozess.
Bei der Entwicklung der einzelnen Verbindungspunkte tauchte ein klassisches Knotenproblem auf, da zu viele Elemente (Dreiecke) in einem Punkt zusammentreffen. In regelmäßigen Raumfachwerken wurde dieses Problem z.B. durch die Verwendung von „Meroknoten“ adressiert; in diesem Fall war es allerdings notwendig eine andere Lösung zu entwickeln: eine Vernetzung der dreieckigen Komponenten erfolgt durch die Verlagerung der Verbindungsstreifen aus dem Zentrum des Knotenpunktes auf die freien Dreieckskanten. So konnten eine einfache Verbindungen hergestellt werden, die gleichzeitig zur markanten visuellen Struktur des Turms beitrugen.
Schließlich wurde ein Fabrikationsmodul für alle Holzplatten und individuelle Metallverbindungen im digitalen Designprozess implementiert. So war es für die StudentInnen möglich die Vorteile von Zeitersparnis und Präzision einer digitalen Fabrikation nachzuvollziehen und anzuwenden. Über 1000 Metallstreifen konnten in der Zeit abgelängt, gebohrt und gefaltet werden. Für die OSB-Dreiecke wurde ein Roboter eingesetzt, der die Platten auf beiden Seiten anzeichnet und markiert, sodass die 400 Dreiecke in einem Schritt produziert werden konnten. Am Ende wurden die Dreiecke in Clustern vorbereitet und in zwei Tagen im Foyer der Universität für die Ausstellungseröffnung aufgebaut.