Paul Gaechter

Foto: Paul Gaechter (1893-1983)

Paul Gaech­ter (1893–1983) – Auf­he­bung der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät

Paul Gaechter, am 1. März 1893 in Goldach bei Rorschach (Kanton St. Gallen/CH) geboren, besuchte nach der Primarschule zunächst in St. Gallen, sodann bei den Benediktinern in Engelberg das Gymnasium. 1910 brach er seinen Schulbesuch ab, übersiedelte nach Innsbruck um Jesuit zu werden, was in der Schweiz nicht möglich war.

1915 maturierte er in Kalksburg und studierte 1915-1922 in Innsbruck Philosophie und Theologie. 1922 wurde er zum Priester geweiht. 1923 promovierte er zum Doktor der Theologie. Es folgten Studien am Bibelinstitut in Rom (1923-1926), das Tertiatsjahr in Irland und Seelsorgsarbeit in England (1926-1927) sowie weitere Bibelstudien in Palästina (1927-1928). 1929 habilitierte er sich an der theologischen Fakultät in Innsbruck für das Fach Neues Testament. Im Mai 1938 wurde er von der Fakultät als Nachfolger des Jesuiten Urban Holzmeister für die neutestamentliche Lehrkanzel vorgeschlagen. Die Besetzung scheiterte jedoch an Interventionen des damaligen Rektors Steinacker, der seine politische Haltung gegen die Nationalsozialisten missbilligte. Konkret wurde ihm vorgeworfen, er habe sich 1937 abfällig gegenüber Adolf Hitler geäußert und diesen als den „Henker Deutschlands“ bezeichnet. Die Fakultät zog darauf den Vorschlag zurück. Paul Gaechter legte seine Venia legendi zurück.

Nach der Auflösung der theologischen Fakultät durch die Nationalsozialisten musste Gaechter im September 1938 das Land verlassen. In der Folge lehrte er bis 1940 Exegese in Indien und auf Ceylon. Weitere Lehrtätigkeiten übte er von 1940-1945 in China aus. 1946 kehrte Gaechter  nach Innsbruck zurück und wurde als Ordinarius für Neues Testament an der theologischen Fakultät der Universität bestellt. Diese Tätigkeit übte er bis 1963 aus. – Gaechter war in Kreisen der Studierenden beliebt, galt aber als strenger Wissenschaftler und konservativer Exeget. Am 15. März 1983 verstarb Paul Gaechter in Innsbruck.

„Aufhebung“ der Theologischen Fakultät

Die nationalsozialistischen Machthaber lösten mit 22. Juli 1938 die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Innsbruck per Erlass auf. In diesem Schreiben wurde die „dienstrechtliche Behandlung der Professoren“ einer gesonderten Weisung vorbehalten. Sie bestand in der fristlosen Entlassung im September 1938, unter Verweigerung einer Pension. Es war dies der erste Eingriff in eine staatliche Universitätsfakultät der Katholischen Theologie in Österreich. Offensichtlich war Adolf Hitler gewillt, das österreichische Konkordat zu ignorieren und das Reichskonkordat auf die neue „Ostmark“ nicht auszudehnen. Proteste des für Tirol zuständigen Salzburger Fürsterzbischofs und des Jesuitenprovinzials blieben erfolglos. Papst Pius XI. errichtete in der Folge am 15. August 1938 im Theologischen Konvikt Canisianum eine kirchlich anerkannte theologische Fakultät in unmittelbarer Rechtskontinuität. Im November  1938 wies Gauleiter Hofer die Räumlichkeiten des Canisianums dem Oberfinanzpräsidenten zu. Die ausländischen Fakultätsmitglieder zogen darauf nach Sitten im schweizerischen Wallis, wo sie unter allerlei Schwierigkeiten den Krieg über die Fakultät weiterführten. Mit Jahresende mussten auch die „Inländer“ die Räume des Kollegiums verlassen. Im Jesuitenkolleg in der Sillgasse konnten allerdings bis zum 12. Oktober 1939 „im Geheimen“ weiterhin Vorlesungen abgehalten werden. Mit diesem Datum wurde das Kolleg von der Geheimen Staatspolizei wegen „staatsfeindlicher Haltung“ aufgelöst und dessen Besitz beschlagnahmt und über dort lebende Jesuiten ein „Gauverbot“ ausgesprochen. Der Großteil von ihnen wechselte an die Theologische Fakultät der Universität Wien.Gleich nach Kriegsende, im Herbst 1945, nahm die Theologische Fakultät an der Universität Innsbruck ihre Lehrtätigkeit wieder auf.

(Universitätsarchiv)

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