Eine Amsel in ihrem Netz

Am Sonnendeck hinter dem Hauptgebäude entdeckt: Im dichten Gebüsch sitzt eine Amsel (Turdus merula) auf ihrem typisch napfförmigen Nest und hält ihre Brut warm und trocken.

Zwi­schen Beton und Bäu­men – Vögel an der Uni Inns­bruck

Wer über den Campus der Universität Innsbruck geht, sieht vor allem Gebäude, Asphaltflächen und Fahrradständer. Doch zwischen Beton und Glas haben sich zahlreiche Vogelarten eingerichtet. Im Frühjahr 2025 untersuchte Marina Sperling im Rahmen ihrer Bachelorarbeit an der Applied Animal Ecology Research Unit am Institut für Zoologie, welche Lebensräume die Vögel bevorzugen und welche sie meiden.

Universitätsgelände sind in erster Linie Orte zum Lernen, Forschen und Arbeiten. Doch wer die Augen offenhält, erkennt schnell: auch Vögel haben sich hier eingerichtet. Begrünte Innenhöfe, Baumreihen oder bewachsene Gebäudewände bieten Nahrung, Schutz und Brutplätze. Sie wirken wie grüne Inseln im urbanen Raum und werden deutlich häufiger genutzt, als man es erwarten würde. Während städtische Parks und Gärten bereits vielfach erforscht wurden, geraten Universitätsgelände in der urbanen Ökologie bislang häufig aus dem Blick, dabei stellen sie mit ihrer Mischung aus Bebauung und Grünflächen ebenso spannende Lebensräume dar.

Hörsäle für Studierende, Lebensraum für Vögel

Zwischen März und Mai 2025, mitten in der Brutzeit, wurden an fünf zentralen Standorten der Universität Innsbruck (Botanischer Garten, GeiWi, SoWi, Technik und USI) standardisierte Erhebungen durchgeführt: gezählt, gelauscht, beobachtet. Zusätzlich wurden die Campusbereiche, soweit es die Gegebenheiten erlaubten, sorgfältig nach Nestern abgesucht.

Das Ergebnis: 37 verschiedene Vogelarten konnten nachgewiesen werden. Platz 1 der am häufigsten vorkommenden Arten teilen sich die typischen Stadtbewohner Amsel (Turdus merula) und Haussperling (Passer domesticus), gefolgt von der Kohlmeise (Parus major) auf dem zweiten und der Rabenkrähe (Corvus corone) auf dem dritten Platz.

Vier Vögle gezeichnet auf einem typischen Podium 1, 2, 3

Auch seltenere Arten ließen sich beobachten: darunter der Bluthänfling (Linaria cannabina), der auf Samen von Sträuchern und Wildkräutern angewiesen ist, der Grauschnäpper (Muscicapa striata), der seine Nester gern in Mauerspalten oder Nischen verbirgt, oder der Zaunkönig (Troglodytes troglodytes), der im dichten Unterwuchs nach Nahrung sucht. Ihre Präsenz zeigt, wie wichtig strukturreiche und vielfältige Flächen für empfindlichere Vogelarten sind.

Denn, besonders deutlich zeigte sich: Je grüner und strukturreicher eine Fläche ist, desto größer die Artenvielfalt. Entscheidend war nicht die Größe, sondern die Vielfalt an Strukturen. Bäume unterschiedlicher Art, Hecken, Wiesen und dichtes Gebüsch schaffen Nahrung, Schutz und Nistmöglichkeiten. Monotone Rasenflächen oder großflächig versiegelte Bereiche boten dagegen kaum Lebensraum.

Kinderstuben der Vogelwelt

Landkarte von Innsbruck mit eingetragenden Fundorten von Vogelnestern auf Unigelände

Wo Vögel am Campus nisten: Die Karte zeigt die Stadt Innsbruck mit 3 der 5 untersuchten Standorte. Die gefundenen Nester sind je nach Nest-Typ farblich markiert.

Mischbereiche, in denen Grün und Gebäude zusammentreffen, erwiesen sich als Hotspots: Hier fanden sich die meisten Nistplätze. Insgesamt wurden 66 Nester gefunden – vom fein zusammen gebauten Napf-Nest in Sträuchern über bewohnte Baumhöhlen bis hin zu Brutplätzen in den engsten Löchern von Gebäudemauern.

Zwei Stare aus einer Baumhöhle schauend

Zwei junge Stare (Sturnus vulgaris) blicken aus einer Baumhöhle ins Freie. Im Botanischen Garten Innsbruck bietet der alte Stamm ihnen einen sicheren Brutplatz und zeigt zugleich, wie wichtig alte Bäume für die Vogelwelt sind. 

Rund um ältere, weniger versiegelte Gebäude, wie den GeiWi-Turm (GeiWi) oder das NatWi-Gebäude (Technik) waren zahlreiche Mauersegler zu beobachten, die in Schlitzen und Spalten der Mauern landeten, um ihre Jungen zu füttern. Gerade solche Bauwerke sind für diese Art unverzichtbar, da sie auf hohe, geschützte Nistplätze im Mauerwerk angewiesen ist. Werden diese Strukturen bei Sanierungen entfernt, gehen wertvolle Brutstätten verloren.

Warum Vögel wichtig sind

Vögel sind mehr als nur „sichtbare Natur“: Sie gelten als verlässliche Indikatoren für die ökologische Qualität eines Gebiets. Wo viele Arten leben, ist die Biodiversität insgesamt höher. Außerdem leisten sie wertvolle Beiträge: sie regulieren Insektenbestände, verbreiten Samen und tragen zur Stabilität städtischer Ökosysteme bei.

Die Ergebnisse zeigen: Campusflächen sind mehr als reine Lernorte. Sie können wichtige Rückzugsräume für die Natur sein, auch zwischen Hörsälen und Laboren. Damit das gelingt, braucht es bewusste Planung: Mikrohabitate schaffen, alte Bäume erhalten, vielfältige Vegetation strukturieren und geeignete Nistkästen sorgfältig platzieren. So werden Universitätsgelände zu wertvollen Bausteinen der städtischen Artenvielfalt und zugleich zu grünen Inseln, die auch für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende Erholung bieten.

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