Illustration mit symbolisierten Atomen

Helium-Atome lagern sich in geordneten Schalen um doppelt geladene Metallionen an.

Mozart­ku­geln aus Helium

Wie sich Atome unter extremen Bedingungen zu hochsymmetrischen Strukturen anordnen, haben Forschende der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus Madrid in einer aktuellen Studie gezeigt. Die Arbeit wurde kürzlich im Fachjournal Small Structures veröffentlicht und liefert faszinierende Einblicke in die Selbstorganisation von Materie auf atomarer Ebene.

Im Zentrum der Forschung der Arbeitsgruppe Nano-Bio-Physik am Institut für Ionen- und Angewandte Physik stehen mehrfach geladene Metallionen, um die sich Heliumatome bei extrem kalten Temperaturen in geordneten Schalen anlagern. „Die beobachteten Strukturen kann man sich wie eine Mozartkugel vorstellen, bei der die unterschiedlichen Schichten des Heliums wie die Schichten der Praline konzentrisch um den Kern gelagert sind“, erklärt der Erstautor der aktuellen Studie, Florian Foitzik. „Der Ion-Helium-Komplex ist also im Prinzip eine Nano-Mozartkugel.“

Eine kalte Angelegenheit

Diese geordneten Strukturen entstehen nur unter extrem kalten Bedingungen. Der Ion-Helium-Komplex wird im Labor auf etwa 0,37 K (-272,78 °C) abgekühlt. Bei solch niedrigen Temperaturen friert ein System in seinem energetisch günstigsten Zustand ein, welcher oft durch eine hohe Symmetrie charakterisiert ist. Interessanterweise ist die beobachtete Symmetrie der Schalen abhängig vom verwendeten zentralen Metallion, präziser ausgedrückt, durch den Gleichgewichtsabstand des entsprechenden Ions zu einem Heliumatom, erklärt Florian Foitzik. So konnte die Forschergruppe zeigen, dass die Anordnung für die doppelt geladenen Metalle Calcium und Holmium einer fünfzähligen Symmetrie folgt, während sich für doppelt geladenes Bismut, das nur einen geringfügig größeren Abstand zu Helium bevorzugt, eine völlig unterschiedliche sechszählige Symmetrie einstellt.

Die Ergebnisse der experimentellen Arbeit an der Universität Innsbruck konnten von einer theoretisch ausgerichteten Forschungsgruppe aus Madrid sowohl durch klassische, als auch durch quantenmechanische Simulationen bestätigt werden.

Geordnete Natur

Die Entdeckung dieser unterschiedlichen symmetrischen Anordnungen liefert wertvolle Einblicke in die Prinzipien der Selbstorganisation auf atomarer Ebene. Sie zeigt, dass sich auch in Systemen mit schwachen Wechselwirkungen – wie sie für Helium typisch ist – eine überraschend geordnete Struktur herausbilden kann, die äußerst empfindlich auf kleine Änderungen des Systems reagiert. Solche organisierten Anordnungen erinnern an Kristallstrukturen aus der Festkörperphysik, entstehen hier aber unter völlig anderen Bedingungen. Das liefert neue Erkenntnisse darüber, wie die Natur Ordnung schafft – selbst im kleinsten Maßstab.

Publikation: Formation of Large Ordered Helium Solvation Shells Around Multiply Charged Species: HeNHo2+ and HeNBi2+. Florian Foitzik, Massimiliano Bartolomei, José Campos-Martínez, Fernando Pirani, Stefan Bergmeister, Lisa Ganner, Ianessa Stromberg, Fabio Zappa, Masoomeh Mahmoodi-Darian, Tomás González-Lezana, Elisabeth Gruber. Small Structures 2025 DOI: 10.1002/sstr.202500094

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