Das von Alexander Steiner und Erich Kistler gestaltete Fellowship-Programm widmete sich der Frage, wie das Konzept des Thirding – verstanden als diskursive Produktion von Raum – auf antike Quellen angewendet werden kann. Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung mit moderner Raumtheorie und ihrer Übertragbarkeit auf schriftliche wie materielle Zeugnisse der Vergangenheit. Ziel war es, die Bedeutung räumlicher Konzepte und Wahrnehmungen für kulturelle Entwicklungsprozesse zu analysieren und dadurch neue Perspektiven für die Erforschung antiker Gesellschaften zu eröffnen.
Die Stipendiat:innen trafen sich regelmäßig, um ihre laufenden Forschungsprojekte im Rahmen des Doktorandenkollegs „Entangled Antiquities” vorzustellen und zu diskutieren. Den Abschluss bildete die internationale Konferenz „Third Space and Ancient World Studies”, organisiert von Alexander Steiner und Sina Kazemirashid. Sie brachte Expert:innen aus Raumtheorie, Archäologie, Geschichte und Philologie zusammen, um das Konzept des „dritten Raums“ aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln zu beleuchten.
Giorgio Paolo Campi (2016 BA Klassische Philologie, Universität Bologna; 2019 MA Religionswissenschaft/Hebräische Bibel, Universität Padua/Ca’ Foscari Universität Venedig; 2023 PhD Jüdische Studien, Universität Bologna) ist Bibelwissenschaftler und Religionshistoriker mit Schwerpunkt auf der Religion des alten Israel in vor- und exilischer Zeit. Derzeit ist er als Postdoktorand an der Universität Warschau tätig. Als Mitglied des Projekts „The Dawn of Monotheism? Judean Religion(s) in the Persian and Early Hellenistic Period (5th-3rd cent. BCE) in Light of Iconographic, Epigraphic and Biblical Sources” beschäftigt er sich unter anderem mit der Religion judäischer und westsemitischer Minderheiten in der babylonischen Diaspora, wie sie in biblischen und keilschriftlichen Quellen des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. bezeugt ist, mit der kultischen und wirtschaftlichen Infrastruktur des Jerusalemer Tempels in persischer Zeit sowie mit der religiösen Landschaft Idumäas in derselben Epoche.
Während seines Aufenthalts in Innsbruck untersuchte Giorgio Campi die Rolle des Gottes Baytˀil als Katalysator für die Herausbildung jahwistischer Identitäten innerhalb ägyptischer und babylonischer Diasporagemeinschaften des 1. Jahrtausends v. Chr. Dabei verband er aktuelle Debatten zur Identitätsbildung in der Diaspora mit Ansätzen der Third Space-Theorie. Auf Grundlage der theoretischen Überlegungen von Henri Lefebvre und Edward Soja analysierte er Baytˀil bzw. den vergöttlichten Tempel als sozial konstruierten Third Space – einen dynamischen Zwischenraum jenseits physischer Architektur, in dem neue Identitäten ausgehandelt wurden.
Alejandro Mizzoni absolvierte zwei Studienabschlüsse in Geschichte an der Universidad de Buenos Aires (2013, 2021) und ist derzeit Doktorand im Bereich Alte Geschichte an derselben Universität. Zudem ist er Mitglied des Instituto de Historia Antigua Oriental sowie Lehrassistent am Fachbereich Geschichte der Universidad de Buenos Aires. Er erhielt Stipendien der Universidad de Buenos Aires (2013–2014) und des Nationalen Forschungsrats Argentiniens (2015–2021) sowie ein Erasmus+-Weltweit-Stipendium für einen Forschungsaufenthalt an der Freien Universität Berlin (2022). Sein Dissertationsprojekt untersucht die Auswirkungen von Kriegsführung auf die lokalen Dynamiken unabhängiger Staaten der syrischen Eisenzeit, insbesondere im Hinblick auf ihre Reaktionen auf die neuassyrische Präsenz. Während seines Aufenthalts an der Universität Innsbruck im Oktober 2025 analysierte er lokale Vorstellungen von Verteidigung und Schutz sowie deren Einfluss auf Veränderungen der urbanen Raumordnung, etwa beim Bau von Befestigungsanlagen und Stadttoren.
Tania Puente Garcia ist Doktorandin im Programm „Comparative Theory of Arts” an der Universidad Nacional de Tres de Febrero (UNTREF) in Argentinien. Sie verfügt über einen Masterabschluss in ‚Kuratieren Bildender Kunst‘ (UNTREF) sowie einen Bachelorabschluss in Hispanischer Literatur von der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Zudem nahm sie 2018 an der zehnten Ausgabe des Künstler:innenprogramms der Universidad Torcuato Di Tella in Buenos Aires teil.
Sie erhielt ein Auslandsstipendium des FONCA-CONACYT (2016–2017) sowie ein Master-Stipendium des argentinischen Bildungsministeriums und der mexikanischen Botschaft in Argentinien (2016–2017). Während ihres Aufenthalts an der Universität Innsbruck setzte sie im Rahmen des FSP-Fellowships 2025 ihre Dissertationsforschung fort, die sich mit zeitgenössischen lateinamerikanischen Kunstpraktiken in urbanen Resträumen – sogenannten Relingos – befasst. In ihrer Arbeit untersucht sie die dort entstehenden Verbindungen und Spannungen sowie die vielfältigen Strategien, mit denen Künstler:innen diese Räume nutzen, bespielen und transformieren.
Insgesamt bot das Fellowship „Konstruierte Räume – räumliche Konstrukte” über einen Monat hinweg einen intensiven Rahmen für fruchtbaren Austausch und interdisziplinäre Diskussionen – sowohl innerhalb der Stipendiat:innengruppe als auch mit den Mitgliedern des Doktorandenkollegs „Entangled Antiquities”.
Teresa Millesi und Alexander Steiner
