Fluke (Schwanzflosse) eines Wals im offenen Meer.

Wer eine ausreichende Konzentration an Wal-DNA in der Probe haben will, muss das Wasser innerhalb von 10 Minuten nach der Walsichtung sammeln und zwar direkt aus dem Flukenabdruck oder an jener Stelle, an der das Tier aus dem Wasser gesprungen ist.

Ein Wal in zehn Litern Was­ser

Ein effektives und nicht-invasives Wal- und Biodiversitätsmonitoring mithilfe von Citizen Scientists ist möglich und eröffnet neue Möglichkeiten für den Meeresschutz: Bei Beobachtungstouren gesammelte Wasserproben enthalten ausreichend Wal-DNA, um mit molekularen Methoden detaillierte Informationen über die gesichteten Tiere zu erhalten. Die Entnahme muss allerdings schnell und nach bestimmten Kriterien erfolgen, wie zwei unabhängig voneinander entstandene Fachartikel zeigen.

Aktuell schwappen gute Nachrichten aus dem 2023 an der Uni Innsbruck gestarteten Biodiversa+ Projekt „eWHALE“ herein. – Dabei  beginnt die Vorgeschichte der beiden kürzlich im Fachjournal Environmental DNA erschienenen Publikationen eigentlich mit dem Albtraum eines jeden Forschenden. Als Bettina Thalinger und Lauren Rodriguez vom Innsbrucker eWHALE-Team kurz davor waren, ihre ersten zentralen Ergebnisse aus dem großen Projekt zur marinen Biodiversität einzureichen, erfuhren sie zufällig, dass – wie so oft in einem kompetitiven Umfeld – eine weitere Forschungsgruppe aus Kanada plante, ähnliche Ergebnisse im selben Journal zu veröffentlichen. „Anstatt uns in ein Rennen mit ungewissem Ausgang zu begeben, haben wir versucht, eine Co-Veröffentlichung anzustreben“, erklärt Projektleiterin Bettina Thalinger vom Institut für Zoologie. Ihre Bemühungen waren erfolgreich, auch die Leiterin der anderen Untersuchung und das Journal konnten für diese Idee gewonnen werden. Ende Mai sind in der Zeitschrift Environmental DNA schließlich zwei Artikel mit gleichen Ergebnissen aus unterschiedlichen Untersuchungsgebieten und zu unterschiedlichen Wal- und Delfinarten erschienen. Beide Arbeiten beschreiben optimierte Beprobungsmethoden, die an Bord von Walbeobachtungsbooten von freiwilligen Citizen Scientists relativ einfach durchgeführt werden können und entsprechende gute Probenqualität erzielen. Auch Chloe Robinson von der NGO Ocean Wise sieht die Kooperation mit dem eWHALE-Konsortium als großen Vorteil: „Wir freuen uns, dass wir die Gelegenheit hatten, mit unseren europäischen Kollegen zusammenzuarbeiten. Das entspricht den Werten für die Ocean Wise steht und verstärkt die Wirkung unserer beiden Studien“, sagt die Erstautorin der zeitgleich veröffentlichten Publikation.

Schnelle Probenentnahme

„Klassische Walmonitoring-Methoden sind oft ressourcenintensiv, kostspielig und teilweise invasiv. Wir wollten herausfinden, ob es möglich ist, aus der in Wasserproben enthaltenen Umwelt-DNA (eDNA) Informationen zu Arten, Populationen oder sogar einzelnen Individuen erhalten zu können. – Und es funktioniert“, sagt PhD-Kandidatin Lauren Rodriguez, Erstautorin der erwähnten Veröffentlichung. Im Zuge der vergangenen Beobachtungssaisonen wurden vom eWHALE-Team im Atlantik rund um die Azoren, im italienischen Mittelmeer sowie im nördlichen Atlantik bei Island verschiedene Variablen für die Wasserentnahmen an Bord von Walbeobachtungstouren getestet und das Beprobungsprotokoll optimiert. Das kanadische Team hingegen war im Pazifik unterwegs. Die eWHALE Forscher:innen untersuchten dabei vor allem folgende Kriterien, die die Wahrscheinlichkeit des eDNA-Nachweises und die Signalstärke beeinflussen: unterschiedliche Wassermengen (2, 5 und 10 Liter), Filtertypen (Porengrößen) und den Zeitpunkt der Probenentnahme (unmittelbar nach der Sichtung eines Wals und in 5-, 10- und 20-minütigen Abständen).
Die wichtigste Erkenntnis: Wer eine ausreichende Konzentration an Wal-DNA in der Probe haben will, muss das Wasser innerhalb von 10 Minuten nach der Walsichtung sammeln und zwar direkt aus dem Flukenabdruck oder an jener Stelle, an der das Tier aus dem Wasser gesprungen ist. „Neben Zeit und Ort ist auch die entnommene Wassermenge ausschlaggebend für die Qualität der Probe. Es hat sich gezeigt, dass 10 Liter bei weitem die besten Ergebnisse gebracht haben“, berichtet Lauren Rodriguez weiter. Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass sich großporige Filter besser eignen als kleinporige. Mit den entsprechend optimierten Beprobungsmethoden konnten die Forschenden ausreichend Material für die Laboranalysen mit molekularen Methoden gewinnen.

Geeignet für Monitoring

„Die Methode hat sich von allen am Projekt beteiligten Whale Watching Agenturen gut umsetzen lassen“, betont Bettina Thalinger, die in der Zusammenarbeit mit den Anbietern und freiwilligen Citizen Scientists großes Potenzial sieht. Die Ergebnisse seien ein Grundstein für internationale, großflächige Monitoring-Programme, was nicht nur die Projektleiterin Bettina Thalinger begeistert. „All die Informationen, die man nicht-invasiv und nur aus dem Wasser bekommt – das ist einfach fantastisch“, freut sich die Nachwuchswissenschaftlerin Lauren Rodriguez. Sie wird in der nächsten Zeit im Labor die gewonnenen Proben weiter analysieren. Im Herbst werden dann weitere Ergebnisse erwartet.

Optisch ansprechend aufbereitete Zusammenfassung der optimitierten Probentnahme.

Das Bild zeigt die für Citizen Scientists optimierte Probenentnahme auf einen Blick.

Publikationen

  • Enhancing Environmental DNA Sampling Efficiency for Cetacean Detection on Whale Watching Tours. Lauren Kelly Rodriguez, Belén García Ovide et al. Environmental DNA, 23 May 2025 DOI: https://doi.org/10.1002/edn3.70103
  • Gone in a Splash? Temporal Dynamics of Flukeprint Environmental DNA (eDNA) Detection for Common Coastal Northeast Pacific Cetacean Species. Chloe V. Robinson et al. Environmental DNA, 23 May 2025 DOI: https://doi.org/10.1002/edn3.70132
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