Effizientere Berechnung von Molekülspektren
In seiner Masterarbeit Basis Pruning Concepts within Rovibrational Configuration Interaction Calculations widmete sich Kemal Önen einer zentralen Herausforderung der Theoretischen Spektroskopie: der rechnerisch äußerst aufwändigen ab initio-Berechnung (Berechnungen, die ausschließlich auf physikalischen Naturkonstanten basieren, ohne auf empirische Messwerte oder Parameter zurückzugreifen) von Rotations-Schwingungsspektren. Die hohe Komplexität dieser numerischen Verfahren rührt von der riesigen Anzahl an Basisfunktionen der Schwingungsbasis her. Zudem ist die Berechnung jeder einzelnen davon sehr kostspielig.
Hier setzt Önens Arbeit an. Er entwickelte einen automatisierten Algorithmus, ein sogenanntes „Pruning“-Verfahren (Reduktions-Verfahren), das beide Aspekte optimiert. Anstatt alle potenziell teuren Basisfunktionen zu berechnen, nutzt dieser Algorithmus störungstheoretische Testwellenfunktionen, um die Wichtigkeit einer Funktion abzuschätzen, bevor die vollständige Berechnung erfolgt. Auf dieser Basis wählt die Methode automatisch nur die relevantesten Beiträge der Schwingungsbasis aus.
Der Nutzen ist entscheidend: Rechenzeiten und insbesondere Speicheranforderungen werden erheblich reduziert, ohne die Genauigkeit der Ergebnisse nennenswert zu beeinträchtigen. Dieser Ansatz ebnet den Weg für die präzise Berechnung von Spektren für Moleküle, die bislang als zu komplex galten. Den Beweis, wie aufwändig diese Berechnungen ohne einen solchen Algorithmus sind, liefert eine vor Kurzem von Önen als Erstautor in der Fachzeitschrift The Journal of Physical Chemistry A veröffentlichte Studie über das astrochemisch relevante Molekül Cyclopropenon. Die Methode wurde bereits in das international etablierte Softwarepaket Molpro integriert, um zukünftige Berechnungen dieser Art erheblich zu erleichtern.
Zur Person
Kemal Önen absolvierte an der Universität Innsbruck ein paralleles Studium der Chemie und Physik. Diese Ausbildung sorgte dafür, dass seine wissenschaftliche Arbeit maßgeblich von den Synergien dieser beiden Fachbereiche profitierte. Bereits die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit in Chemie, die er am Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie bei Univ.-Prof. DDr. Klaus R. Liedl verfasste, führten zu einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Journal of Chemical Physics. Seine Masterarbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Guntram Rauhut (Institut für Theoretische Chemie, Universität Stuttgart), der die Arbeit gemeinsam mit Klaus Liedl betreute.
