KI generiertes Bild, auf dem eine antik aussehende Statue, eine Waage hochhält.

Zu Bildungsgerechtigkeit gibt es viele verschiedene Zugänge, die u.a. bei der Konferenz diskutiert wurden.

Auf der Suche nach Bil­dungs­ge­rech­tig­keit

Vom 14. bis 15. November 2025 organisierte Sabrina Bacher vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS) die jährliche internationale Bildungsphilosophiekonferenz der Society for the Philosophical Study of Education (SPSE). Thema der diesjährigen Tagung war „In Search of Educational Justice“.

Im Rahmen der Tagung wurde das Konzept „der" Bildungsgerechtigkeit grundlegend hinterfragt: Leitprinzipien und Spannungsfelder wurden analysiert, um differenziertere Vorstellungen dessen zu entwickeln, was Bildungsgerechtigkeit sein könnte und – aus unterschiedlichen ethischen Perspektiven – sein sollte. Dabei zeigte sich ein breites Spektrum an Zugängen: von kritischen Positionen, die gängige Gleichheitsvorstellungen zugunsten von Einzigartigkeit in Frage stellen, bis zu Überlegungen, wie Künstliche Intelligenz Autonomie und Fairness in der Hochschulbildung neu strukturiert. Biografische Erfahrungen von Lehrpersonen mit sozialem Aufstieg eröffneten zudem neue Potenziale für eine gerechtigkeitsorientierte Praxis. Zugleich machten Reflexionen angehender Lehrkräfte strukturelle Ungleichheiten sichtbar. Bindungs- und fürsorgeethische Ansätze rückten die emotionale Tiefenstruktur von Gerechtigkeit in den Fokus und verbanden Bildungsethik mit grundlegenden menschlichen Beziehungen. Den Abschluss bildete ein lyrischer Beitrag über unterschiedliche philosophische Dimensionen der Bildungsgerechtigkeit.

Sabrina Bacher, die Vorsitzende der SPSE, hebt hervor: „Bildungsgerechtigkeit wird häufig gefordert, aber konzeptionell nur selten differenziert und kaum mehrperspektivisch behandelt. Dadurch entsteht leicht der Eindruck, es gäbe die die ein und wahre Bildungsgerechtigkeit. Verschiedene Gerechtigkeitszugänge akzentuieren unterschiedliche Dimensionen und bieten damit jeweils nur Teilperspektiven auf ein komplexes Gesamtfeld. So betont beispielsweise John Rawls aus liberalistischer Sicht etwa Fairness und die Erfüllung individueller Lebenspläne, während Martha Nussbaum Menschenwürde und die Entfaltung zentraler menschlicher Fähigkeiten in den Mittelpunkt stellt und Michael Walzer aus kommunitaristischer Sicht demokratische Teilhabe sowie die Notwendigkeit, Erziehung und Bildung als eigene Sphäre der Gerechtigkeit zu behandeln, hervorhebt. Menschenrechtsbasierte Perspektiven orientieren sich wiederum neben Persönlichkeitsentwicklung und Chancengleichheit an einem friedlichen Zusammenleben, das auf menschenrechtlich basierten Werten beruht.”

Neben Bildungsgerechtigkeit wurden in der Konferenz weitere zentrale Fragen der Bildungsphilosophie thematisiert, wie etwa den Zweck, die Ausrichtung und die Legitimation gegenwärtiger Bildungsforschung, relationale und ästhetisch-resonante Zugänge zu Bildungsprozessen, differenzsensible, transdisziplinäre Forschung in inklusiven Schulen, neue theoretische Grundlagen für die Didaktik, das Erkunden emotionaler und ethischer Dimensionen durch sokratische Gespräche, professionelle Identität und dialogische Aktionsforschung, die Bedeutung kindlicher Unreife und Spielhandlungen, kritische Analysen des Einflusses analytischer Philosophie auf die Pädagogik, neu gedachte Formen des vernunftbasierten Lernens in der Hochschulbildung sowie handlungsorientierte Konzepte für Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Aufgrund der interkontinentalen Ausrichtung der SPSE wurde die Konferenz dieses Jahr erneut im Online-Format durchgeführt. Dies ermöglichte einen breiten, interdisziplinären und globalen Blick auf zentrale Fragen der Bildung aus philosophischer Perspektive. Die wichtigsten Ergebnisse der diesjährigen Tagung werden im Journal for the Philosophical Study of Education (JPSE), der Zeitschrift der Gesellschaft, veröffentlicht. Die Planungen für die nächste SPSE-Jahreskonferenz laufen bereits. Die in den 1970er-Jahren in den USA gegründete Bildungsphilosophiegesellschaft SPSE gestaltet den bildungsphilosophischen Diskurs erfolgreich über drei zentrale Formate: die Jahreskonferenz, ein thematisch gebundenes Frühjahrsseminar sowie die Zeitschrift JPSE.

(Bacher)

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