Gruppenbild Bußjäger, Mattle, Grabenwarter

v.li.: Peter Bußjäger, Landeshauptmann Anton Mattle und der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Christoph Grabenwarter

50 Jahre Insti­tut für Födera­lis­mus

Im Jahr 2025 feiert das Institut für Föderalismus unter der Leitung von Institutsdirektor Peter Bußjäger sein 50-jähriges Bestehen. Aus Anlass dieses Jubiläums fanden Ende Juni/Anfang Juli 2025 in Innsbruck zwei große Veranstaltungen mit Einbindung von Angehörigen der Universität Innsbruck statt.

Mit einem Festakt im Tiroler Landhaus feierte das Institut für Föderalismus am 30. Juni 2025 sein 50-jähriges Bestehen. Der Föderalismus beschreibt die politische Ordnung Österreichs, in der staatliche Macht und Verantwortung zwischen dem Bund und den Bundesländern aufgeteilt sind. Seit seiner Gründung 1975 leistet das in Innsbruck ansässige Institut Pionierarbeit in der wissenschaftlichen Begleitung des österreichischen Rechtssystems.

„Der Föderalismus – also die Aufteilung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – ist ein Grundpfeiler unserer Verfassung. Gerade die Gemeinden und Länder sind nah an der Bevölkerung dran“, betonte Landeshauptmann Anton Mattle im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung. „Er sorgt für politische Balance, ermöglicht Mitgestaltung und berücksichtigt regionale Gegebenheiten. Dem Institut für Föderalismus gratuliere ich herzlich zum Jubiläum – und ich bedanke mich für jahrzehntelange Forschung und Aufklärung.“

Eine Denkfabrik für die Bundesländer

Das Institut für Föderalismus ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung mit starkem Praxisbezug. Seit fünf Jahrzehnten liefert es den Bundesländern wissenschaftlich fundierte Analysen, Gutachten und Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung des Bundesstaates. „Föderalismus bedeutet Gestaltungsspielraum – und gerade Tirol mit seinen Stärken profitiert enorm von einer starken Gestaltungskraft der Regionen“, so LH Mattle weiter. „Das Institut für Föderalismus hilft, dieses Wissen in rechtlich fundierte Entscheidungen einfließen zu lassen.“

Mit zahlreichen Publikationen – darunter drei Schriftenreihen mit zusammen über 160 Bänden – sowie Workshops, Studien und Tagungen leistet das Institut einen unverzichtbaren Beitrag zum föderalen Diskurs in Österreich. Die jährlich erscheinende Dokumentation zum Stand des Föderalismus in Österreich liefert laufend die Grundlage für politische Diskurse. Institutsdirektor Peter Bußjäger verwies im Rahmen seines Festvortrags auf die Bedeutung wissenschaftlicher Expertise für die regionale Selbstbestimmung: „Föderalismus ist mehr als Selbstverwaltung – er ist Ausdruck politischer Reife. Erst durch ein fundiertes Wissen darüber wird eine Region befähigt, eigenständig Verantwortung zu übernehmen. Das Institut unterstützt genau diesen Weg durch gezielte Forschung und Dokumentation.“

Festrede durch den VfGH-Präsidenten

Der Verfassungsgerichtshof sei, sagte dessen Präsident Christoph Grabenwarter in seiner Festrede, organisatorisch zwar ein Bundesorgan, „aber auch ein Organ, das in der Organisation föderalistische Züge und wesentliche Bezüge zu den Ländern, zu ihren Rechtsordnungen und insbesondere zu ihren Verfassungen hat.“ Zur Bestellung von VfGH-Mitgliedern verwies Grabenwarter auf die Stammfassung der Bundesverfassung 1920, in der die Wahl der Richter je zur Hälfte vom Nationalrat und vom Bundesrat vorgenommen wurde. Ausländische Vorbilder und eine Empfehlung der Venedig-Kommission des Europarates würden eine Wahl mit Zweidrittel-Mehrheit nahelegen. „Durch eine jahrzehntelange Spruchpraxis hat der Verfassungsgerichtshof zur Struktur des österreichischen Föderalismus beigetragen und dadurch die bundesstaatliche Wirklichkeit erheblich mitbestimmt“, betonte der VfGH-Präsident. Dabei spielen Anträge von Landesregierungen gegen Bundesgesetze eine besondere Rolle.

100 Jahre bundesstaatliche Kompetenzverteilung

Am Freitag, 4. Juli 2025 fand in Innsbruck die Tagung „100 Jahre Kompetenzverteilung und allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern“ statt. Die vom Institut für Föderalismus gemeinsam mit dem Forschungszentrum Föderalismus der Universität Innsbruck veranstaltete Tagung stellte die zweite große Veranstaltung des Instituts für Föderalismus anlässlich des Jubiläumsjahres 2025 dar. Am 1. Oktober 2025 jährt sich zum 100. Mal das Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, eines zentralen Forschungsgegenstands des Instituts. Der Grundstein für die allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern ging ebenso auf die große Verwaltungsreform im Jahr 1925 zurück. Sie verdient durch die aktuelle Debatte über Einsparungen in der Verwaltung besonderes Interesse.

Nach einer Begrüßung der Teilnehmenden der Tagung durch den Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck, Walter Obwexer, und Institutsdirektor Bußjäger stand der Vormittag unter dem Motto „Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung im nationalen und internationalen Rahmen“. Die Vorträge widmeten sich der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Bundesstaat (Anna Gamper), der Entwicklung der Kompetenzverteilung seit 1925 und der damit zusammenhängenden Frage, ob diese eine schleichende Gesamtänderung der Bundesverfassung darstelle (Markus Vašek), der Kompetenzverteilung und polyzentralen Governance samt der Frage, ob diese eine Resilienzressource in föderalen Systemen darstelle (Nathalie Behnke), vergleichenden Betrachtungen zur Kompetenzverteilung in föderalen Systemen (Eva Maria Belser) sowie den Auswirkungen des EU-Rechts auf die innerstaatliche Kompetenzverteilung (Georg Lienbacher).

Nach der Mittagspause stand dann der Nachmittag unter dem Motto „Die allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern – ein Modell für die Zukunft?“. Unter dem Vorsitz von Wolfgang Steiner und Martin P. Schennach behandelten die Vorträge 100 Jahre mittelbare Bundesverwaltung (Ewald Wiederin), die allgemeine staatliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung und ihre Entwicklungsperspektiven (Maria Bertel), die Zukunft der Bezirksverwaltung zwischen Allgemein- und Spezialbehörden sowie Landes- und Gemeindeebene (Institutsdirektor Peter Bußjäger) sowie die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) im Schweizerischen Bundesstaat im Kontext zur Landeshauptleutekonferenz (LHK) in der Republik Österreich (Christian Rathgeb).

Die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 2025 sind damit noch nicht beendet: Von September bis November 2025 werden im Rahmen einer Ringvorlesungsreihe weitere Vorträge gehalten, in der WissenschaftlerInnen den Föderalismus aus rechtlicher, historischer, wirtschaftlicher und politischer Perspektive beleuchten. Details zu den einzelnen Terminen sind unter https://foederalismus.at/de/jubilaeum/ abrufbar. Außerdem ist das Institut für Föderalismus bestrebt, in Kooperation mit dem Forschungszentrum Föderalismus an der Universität Innsbruck einen Universitätslehrgang Föderalismus einzurichten, um den Dialog zwischen Theorie und Praxis weiter zu stärken.

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