An die 100 TeilnehmerInnen, Studierende und Lehrende verschiedener Fakultäten und Hochschulen, mit (religiöser) Bildung Befasste aus Tirol, Vorarlberg und Südtirol waren an die Katholisch-Theologische Fakultät gekommen, um sich mit der Frage zu beschäftigen, wie angesichts religiöser und (sozio-)kultureller Vielfalt Bildungsprozesse angelegt werden können, die auf gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft hin orientiert sind.
Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Tilmann D. Märk, Rektor der Universität Innsbruck, begrüßte alle Anwesenden und unterstrich die Bedeutung dieses wissenschaftlichen Austauschs. Univ.-Prof.in Dr.in Martina Kraml und Univ.-Prof. Dr. Zekirija Sejdini, die für die Tagung verantwortlich zeichneten, betonten die gesellschaftliche Aufgabe, sich mit Pluralität angemessen auseinanderzusetzen, das Gemeinsame zu entdecken – bei allem Respekt für Differenz.
Unsichtbare Asymmetrien in der Schule
Mag.a Margret Fessler MA, Direktorin des BRG in der Au und Univ.-Prof. Dr. Erol Yildiz vom Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck sensibilisierten die Anwesenden für unsichtbare Asymmetrien in der Schule und dafür, Vielfalt, die sich in Mehrsprachigkeit, Mobilitätserfahrungen, kulturellen und religiösen Orientierungen zeige, als Ressource zu erkennen. Es gehe darum, von einer Defizit- zu einer Differenzorientierung zu kommen, dualistische Denkmuster zu suspendieren, die Kultur des Gegenübers zu erkunden und Diversitätskompetenz zu fördern.
Religion – nur im Religionsunterricht?
Univ.-Prof. i. R. Dr. Martin Jäggle vom Institut für Praktische Theologie in Wien betonte, Religion (und Religionen) seien implizit und explizit Thema der Schule und ihres gesamten Fachunterrichts. Er plädierte für eine diversitätsbewusste und differenzsensible Fachdidaktik. Gleichheit werde durch die Anerkennung der Verschiedenheit verwirklicht. Er verwies u. a. auf die UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 4: Bildung für alle – inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern).
Spirituelle, kulturelle und soziale Kontingenz
Univ.-Prof. Dr. Harry Harun Behr vom Institut für Pädagogik der Sekundarstufe an der Universität Frankfurt zeichnete den islamischen Religionsunterricht als Diskursraum mit kontingenten (unwägbaren) pädagogischen Situationen. Soziale und spirituelle Selbstkonstruktionen als Muslimin oder Muslim (so genannte Islamizitäten) seien so vielfältig wie die Herzen und Köpfe junger Menschen. Er sprach sich für Offenheit in den verschiedenen Diskursräumen aus, in den Spannungen zwischen Text und Geist, Tradition und Situation, Kollektiv und Subjekt; und für Toleranz als Weg der Achtsamkeit vom Gegeneinander über das Nebeneinander und Miteinander zum Füreinander.
Sessions zu unterschiedlichen Forschungsergebnissen
Am Nachmittag stellten 18 ForscherInnen der Universität Innsbruck in drei Sessions ihre Forschungsergebnisse zur Diskussion. Die Themen waren breit gestreut, von sprachlicher Vielfalt in Schule, Ausbildung und Beruf über Diversität im Unterricht aus geschichtsdidaktischer Perspektive, der Rolle (sozio-)kultureller Vielfalt in Bewertungsprozessen oder Lebensqualitäts-Vorstellungen von Jugendlichen, bis hin zu religiösen und interreligiösen Bildungsprozessen.
Abschließend zog assoz.-Prof.in Dr.in Suzanne Kapelari MA vom Institut für Fachdidaktik einen Bogen über die gelungene Tagung und die vielfältigen Anregungen zum Weiterdenken und Zusammenarbeiten.
(Annemarie Hochrainer)