Verleihung von Teilnahmezertifikaten beim kulinarisch-literarischen Frühstück
Eva Lavric (rechts) und Romana Kaier (links) vom Frankreich-Schwerpunkt beim kulinarisch-literarischen Frühstück mit Verleihung von Teilnahmezertifikaten. In der Mitte eine der erfolgreichen JungübersetzerInnen: Katrin Kuprian.

Kulinarisch-literarischer Sommer am INTRAWI

Eva Lavric (Institut für Romanistik und Frankreich-Schwerpunkt) unternahm den Versuch einer Poetik der französischen Speisenamen und präsentierte ihre Analyse beim Linguistischen Arbeitskreis. Studierende vom INTRAWI hatten als Sprach- und KulturmittlerInnen fungiert und dem kulinarisch-linguistisch interessierten Publikum die Inhalte auf Deutsch zugänglich gemacht.

In der letzten Semesterwoche wurde am Institut für Translationswissenschaft (INTRAWI) gefeiert: Die Studierenden der Lehrveranstaltung Literarisches Übersetzen I Französisch > Deutsch hatten unter der Leitung von Martina Mayer im Sommersemester an universitären Übersetzungsprojekten teilgenommen und wurden für ihre Leistungen mit einem Frühstück in geselligem Beisammensein mit Eva Lavric und dem Team vom Interdisziplinären Frankreich-Schwerpunkt der Universität Innsbruck belohnt. „Himmlisch gut, so zart und fein … Das soll uns des Frühstücks Wonne sein“, tönte es da aus den einen Studierendenmündern, während andere der LV-Leitung gegenüber feststellten, es dürfe künftig ruhig öfter eine „Kleine Grammatik der Kreationen und der Geschmacksnuancen“ in den Unterricht eingebracht werden und auch gegen ein „Menü der Emotionen“ unter Begleitung eines „Dessertgestöbers“ habe niemand etwas einzuwenden.

Das interessierte Publikum bei der Präsentation der Poetik der französischen Speisenamen.
Das interessierte Publikum bei der Präsentation der Poetik der französischen Speisenamen. (Credit: Martina Mayer)

Sprechen Studierende im Alltag so? Wenn es um Kulinaria geht, dann ja – zumindest trifft dies seit ihrer Teilnahme am Übersetzungsprojekt Speisekarten auf 7 Studierende der translationswissenschaftlichen Masterstudiengänge Fachkommunikation und Literatur-/Medienkommunikation vom INTRAWI zu. Motiviert hatten sich die JungtranslatorInnen zu Semesterbeginn mit der Übersetzung von Speisenamen auseinanderzusetzen begonnen und leisteten unter einem nicht zu verneinenden Druck effiziente Arbeit: Sie hatten nur 5 Wochen Zeit, um etwa 100 Beispiele aus den Speisekarten französischer Edelrestaurants ins Deutsche zu übersetzen; dann sollte Eva Lavric ihren Versuch einer Poetik der französischen Speisenamen am 12. April vor dem Linguistischen Arbeitskreis samt seinem Leiter Manfred Kienpointner und einem vornehmlich deutschsprachigen Publikum die Ergebnisse ihrer Forschung präsentieren. Was beim Gedanken an typisch französische Gerichte wie escargots oder escalope relativ banal klingen mag, war in Wirklichkeit eine hochliterarische Aufgabe. Eva Lavric hatte die Studierenden bereits vorgewarnt: Je größer in Frankreich das kulinarische Renommee eines Restaurants ist, desto größer ist auch der Anspruch an eine sprachlich herausragend gestaltete Speisekarte. Führt man diese Betrachtung fort, so ergeben sich weitere Schlüsse: Je poetischer die Formulierung einer französischen Speisekarte ist, desto saftiger sind nicht nur die angepriesenen Gerichte, sondern vor allem die auf diese Weise schön angerichteten Preise. Der sprachlichen Kreativität sind bei dieser sowohl im tatsächlichen als im übertragenen Sinne stattfindenden Aufwertung der Speisen kaum Grenzen gesetzt: Während Hypotaxe und Parataxe noch zu den Klassikern gehören und dem Auge des Gastes lediglich besondere Aufmerksamkeit abverlangen, stellt das Verständnis von Metaphern, Anspielungen und intertextuellen Verweisen auf literarische oder musikalische Werke schon eine echte Herausforderung dar; Neologismen, Alliterationen und Reime tun dann ihr Übriges, um eine gute Speisekartenübersetzung plötzlich zu einer literarischen Glanzleistung werden zu lassen, deren Aufgabe es ist, die Originalität und Detailverliebtheit eines großen chef de cuisine ins rechte Licht zu rücken.

Zahlreich war das Publikum, das sich am Tag der Präsentation schließlich um Eva Lavric scharte: Zusätzlich zum üblichen Fachpublikum waren etwa 40 BA-Studierende der Translationswissenschaft gekommen, die von dem Vortrag profitierten, um für ihre künftige Profession unerlässliches Textsortenwissen über Speisekarten zu erwerben und gänzlich neue Einblicke zu erhalten: „Wir haben es hier mit einer Art Erotik der Speisenbezeichnungen zu tun. Im Französischen wie im Deutschen bleiben die Bezeichnungen vage; man weiß oft gar nicht, was man serviert bekommt, man wird überrascht“, so Eva Lavric. Der gesamten Zuhörerschaft war jedenfalls eines gemein: Es kam Hunger auf, ob nun bei einem Seeigel, also „zarter Jodgischt, aus dem Mittelmeer gefischt“, oder mit Kabeljau auf „einer Transparenz von Blumen und Aromen“, ob bei einer nicht näher definierten Keule, dem „Schmelz des Herbstes“, oder einem „total behämmerten Imbiss“ samt einem „magischen Körbchen voller Früchte“. Lavric und Kienpointner lobten abschließend die Leistung der ÜbersetzerInnen besonders: „Erst bei der Übersetzung läuft einem das Wasser im Munde zusammen.“ Bon appétit, wünscht das INTRAWI.

(Martina Mayer)

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