Panel 18: Nation-Building and Digital History

Sabrina Grüner, Tobias Ölgartner
Panel 18

Panel 18: Nation-Building and Digital History

Freitag, 17. April 2020, 15.30 bis 17.00 Uhr, Virtueller Konferenzraum 2
Chair: Eva Pfanzelter (Innsbruck)

Ruben Ros (Utrecht): Imagining the Nation and the World. The Concept of “The Foreign” in Dutch Newspapers 1815–1914

Jani Marjanen (Helsinki): The Expansion of the National Imaginary in the Long Nineteenth Century

Stefan Hechl (Innsbruck): Building the Austrian Nation in the Press. The Immediate Aftermath of World War II

Abstracts


Kommentare

Das von Eva Pfanzelter moderierte Panel 18 „Nation-Building and Digital History“ befasste sich im Rahmen des 13. bzw. 1. Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetags 2020 mit der Entwicklung nationaler Identitäten. Alle drei Referenten wiesen zum besseren Verständnis ihrer Ausführungen auf die Definition des Begriffs „Nation“ von Benedict Anderson hin, nach welchem die Nation als vorgestellte, begrenzte und souveräne Gemeinschaft zu verstehen ist. Ebenfalls allen dreien gemeinsam war deren begriffshistorische Methode anhand der Verwendung von Wortfrequenzen und Wortkontexten.

Den Einstieg in das Panel machte Ruben Ros aus Utrecht mit seinem Vortrag „Imagining the Nation and the World. The Concept of „The Foreign“ in Dutch Newspapers 1815-1914“. Er konnte durch seine Analyse niederländischer Zeitungen zeigen, dass das Wort „foreign“ im untersuchten Zeitraum immer häufiger verwendet und auch mit neuen Worten kombiniert wurde. Das Ausland wird dabei immer als eigener Raum betrachtet, der sich vom Land selbst unterscheidet.

Der zweite Vortrag „The Expansion of the National Imaginary in the Long Nineteenth Century“ stammte von Jani Marjanen aus Helsinki. Er untersuchte Zeitungen verschiedenster Sprachen und konnte dadurch feststellen, dass das Wort „national“ in allen Sprachen einen starken Frequenzanstieg erlebte. Seine Untersuchungen ergaben, dass „national“ mit immer neuen Bereichen in Verbindung gebracht wurde. Er verdeutlichte jedoch, dass sich diese Bereiche im Laufe der Zeit veränderten und unterschieden.

Den Abschluss des Panels machte Stefan Hechl aus Innsbruck mit seinem Beitrag „Building the Austrian Nation in the Press. The Immediate Aftermath of World War II“. Aus der Analyse fünf österreichischer Zeitungen aus den Jahren 1945 bis 1948 konnte er zeigen, dass die Worte „Österreich“, „wir“ und „uns“ zuerst sehr häufig auftraten, jedoch im weiteren Verlauf deutlich weniger verwendet wurden. Er stellte außerdem dar, dass sich die mit Österreich verknüpften Adjektive im Laufe der Zeit veränderten.

Alle drei Beiträge waren sehr informativ und übersichtlich gestaltet und trotz Durchführung in englischer Sprache sehr gut verständlich. Auch beim Publikum stießen die Ausführungen auf reges Interesse, was sich in der abschließenden Diskussion äußerte. Es war sehr interessant zu sehen, dass die Ergebnisse aller Vorträge in die gleiche Richtung wiesen und sich eine historisch stärker werdende Entwicklung des Nationalbewusstseins in unterschiedlichen Ländern offenbarte. Sehr aufschlussreich waren außerdem die Ausführungen zu den sich ändernden Kontexten, in welchen sich das Wort „national“ wiederfindet. Das Panel bot einige interessante Einblicke in die Weiterentwicklung des Nationsbegriffs und lieferte mir auch einige Denkanstöße für meine eigene Zeitungsrecherche zur Entwicklung des österreichischen Nationalbewusstseins. So halfen mir die Ausführungen der drei Vortragenden dabei herauszufinden, durch welche Begriffe ich meine Suche noch erweitern konnte.

(Sabrina Grüner)

 

Panel 18 des ersten Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetags 2020 handelte von „Nation-Building and Digital History“. Es war das einzige Panel, das vollständig in englischer Sprache abgehalten wurde. Die Referenten waren Ruben Ros aus den Niederlanden, Jani Marjanen aus Finnland und Stefan Hechl aus Österreich. Sie erforschen alle drei einen ähnlichen Bereich der Nationenbildung und die Bildung des Nationalismus im 19. Jahrhundert. Alle drei benutzten als Korpus vorwiegend Zeitungen vergangener Epochen und untersuchten diese anhand der Häufigkeit von verschiedenen Ausdrücken und Veränderung von Bedeutungen. Die Forscher stellten Statistiken über die Jahre auf und versuchten diese auf historische Ereignisse zurückzuführen. Die drei Wissenschaftler forschen allerdings auf verschiedenen räumlichen Gebieten. Ros versuchte in niederländischen Zeitungen das Konzept für den Begriff „fremd“ und die Bezeichnung von Fremden im nationalistischen Sinne im 19. Jahrhundert zu erforschen. Marjanen beschäftigte sich mit dem Aufkommen von Nationalismus in Europa des 19. Jahrhunderts, wobei er vorwiegend englischsprachige Zeitungen untersuchte. Stefan Hechls Forschung bewegt sich hingegen in der Nachkriegszeit und untersucht die Nationsbildung Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Dafür analysierte er österreichische Zeitungen und betrachtete vor allem Medien anhand verschiedener Worte und Wortkombinationen. Dabei waren einige Beobachtungen sehr interessant. So wurde das Wort „Österreich“ in Kombination mit dem Wort „frei“ nur von April bis September 1945 häufig verwendet. Anschließend wurde diese Wortkombination nur mehr selten verwendet. Dies zeugt von der schnellen Nationenbildung und davon, dass das Land nach vorne schauen und eine eigene Identität schaffen wollte. Zudem seien Wortkombinationen der Begriffe „Österreich“ und „Deutschland“ in deutschsprachigen Zeitungen Österreichs sehr häufig zu finden. Dies wurde laut Hechl in österreichischen Medien ganz bewusst gemacht, um sich von Deutschland abzugrenzen und zu zeigen, dass man nun eine eigenständige Nation sei.

Die Forscher haben in diesem Panel einen Einblick in die historische Medienforschung gegeben und auch aufgezeigt, welche Möglichkeiten diese bietet. Durch die Erforschung vergangener Medien bekommen die Historiker Einblick in vergangene Denkweisen und Entwicklungen und können erkennen, wie gesellschaftliche Veränderungen in Printmedien dargestellt wurden und dadurch sichtbar werden.

Verschiedene politische Phänomene, Strömungen usw. anhand der Häufigkeit von verschiedenen Worten und Wortkombinationen in Zeitungen zu verfolgen, ist eine Art Forschung, auf die ich nie gekommen wäre. Es war auch interessant zu sehen, wie sich Medien und ihre Berichterstattung über die Zeit und durch verschiedene Ereignisse verändern. Manchmal wurden die Vorträge meines Erachtens zu statistisch dargestellt, als gezeigt wurde, wie häufig welches Wort in der Zeitung vorkam. Alles in allem half mir der Vortrag, neue, mir unbekannte Seiten der Geschichtswissenschaft kennenzulernen.

(Tobias Ölgartner)

 

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