Wang Wei 王維 (699-759)

Grüner Bach. Unterwegs am Grünen Bach geschrieben 青溪 過青溪水作

Übersetzung: 

言入黃花川,

每逐青溪水。

隨山將萬轉,

趣途無百里。

聲喧亂石中,

色靜深松里。

漾漾泛菱荇,

澄澄映葭葦。

我心素已閑,

清川澹如此。

請留盤石上,

垂釣將已矣。

Anfangs übern Strom der Gelben Blüten;

Ferner nach der Flut des Grünen Baches.

Durch Gebirg zehntausendmal gewunden –

Käm sonst weiter um ein Hundertfaches!

Stimmentosen irrt da zwischen Felsen;

Stilles Licht am Saum des Kieferndaches.

Wasserlinsen schaukeln auf den Wogen,

Uferschilf, spiegelndes Wasser brach es.

Meine Seele, unberührt und müßig –

Klare Strömung, fader Dunst, auf daß es

Schöner wär, auf einem Fels zu sitzen,

Angelnd und für immer bei der Sache.

Kommentar

Die beiden zu Beginn des Textes genannten Flüsse befinden sich in der Nähe der ehemaligen Kreisstadt Mianzhou, in den Qingling Bergen südlich der damaligen Reichsmetropole Chang’an. Wang Wei war hier auch während der Zeiten, in denen er Ämter am Hof versah, öfters unterwegs, sowohl bei Abstechern von seinem privaten Anwesen am Felgenfluß im Zhongnangebirge, daß zwischen Chang’an und dem Qingling liegt, als auch auf Inspektionsreisen in den Süden. Von den Motiven des Unterwegsseins erfährt man aus dem Text allerdings nichts weiter. Im Gegenteil, das Reisen auf oder am Wasser wird durch die gewaltige Zerklüftung des Gebirges schon bald aussichtslos. Die furchtbare Schönheit der Landschaft läßt den Verlorenen erstaunen und – anstatt umzukehren und nach gangbareren Routen zu suchen – mit dem Wunsch nach einer wahren Existenz im Nirgendwo erwachen.

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