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Blog: Schnuppertag am Institut für Politikwissenschaft

26.09.2018: Politologinnen und Politologen der Uni Innsbruck gaben Auskunft über Studium und Beruf. Ein Bericht über den diesjährigen SchülerInnentag.

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Von Thomas Walli

 

Über 250 Schülerinnen und Schüler aus ganz Tirol waren am Dienstag, 25. September 2018, zu Gast am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck. In verschiedenen Workshops gaben Lehrende des Instituts Einblick in ihren Alltag und in die grundlegenden Fragen der Politikwissenschaft. Der Organisator, Prof. Reinhold Gärtner, stellte klar: „Mit dem SchülerInnentag wollen wir erstens Politikwissenschaft einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen. Zweitens hoffen wir natürlich auch, bei der einen oder dem anderen das Interesse fürs Fach zu wecken und sie früher oder später unter den neuen Studierenden begrüßen zu dürfen.“

Das präsentierte Programm erstreckte sich von den grundsätzlichen Fragen darüber, was Demokratie überhaupt ist, bis hin zu spezifischeren Fragen, ob Negative Campaigning eine Bedrohung für dieselbe darstellt oder nicht. Weitere Themen betrafen die Politik auf europäischer Ebene, eine Bilanz über Rechtspopulismus in Europa, den Wert von großen anonymisierten Datenmengen für die Politikwissenschaft (man denke z. B. an die Wahlforschung), eine Analyse der gegenwärtigen Bestrebungen zur Abrüstung von Nuklearwaffen bzw. die neu eingetretenen Rüstungsspiralen und schließlich die grundsätzlichste Frage der internationalen Beziehungen überhaupt, nämlich jene nach Krieg und Frieden.

 

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Nachdem die Schulklassen den Weg in die Aula der SOWI Innsbruck gefunden hatten, wurden sie vom Leiter des Instituts für Politikwissenschaft, Prof. Martin Senn, begrüßt. Im Anschluss daran konnten die SchülerInnen aus insgesamt sieben Workshops wählen, die mehr oder weniger die herkömmlichen Fachbereiche der Politikwissenschaft abdeckten.

Im Bereich der vergleichenden politischen Systemlehre erläuterte Dr. Bernhard Natter unter dem Slogan „Was ist Demokratie?“ die Grundprinzipien unserer westlichen, liberalen Demokratien. Die Gefahr, die für Letztere vom Rechtspopulismus im In- und Ausland ausgeht, war Thema im Workshop von Reinhold Gärtner. Dabei stellte er klar, dass ein ausgeprägter Nationalismus, eine vereinfachte Einteilung der Gesellschaft in ein „Wir“ und „die Anderen“ sowie eine ablehnende Haltung gegenüber der Europäischen Union wichtige Charakteristika des Rechtspopulismus darstellen.

Dass der Rechtspopulismus derzeit nicht die einzige Gefahr für die Europäische Union darstellt, wussten Prof. Andreas Maurer, Dr. Camilla Mariotto sowie Mag. Thomas Stornig. Beide beschäftigen sich mit der Analyse, Erklärung und (wo möglich) Prognose von europäischer Politik. Wie kam es zu so einem eigenartigen politischen System wie der EU? Wie arbeiten die Kommission, das EU-Parlament und der MinisterInnenrat der EU in Brüssel zusammen? Warum sollten wir EU-Politik mehr als Teil der Innenpolitik betrachten? Diese Fragen und noch mehr wurden von den Vortragenden erörtert. Prof. Maurer klärte über die Vielfalt der unterschiedlichen Europaregionen auf und betonte, dass die Euregio Tirol-Südtirol-Trentino nur eine Form der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit darstellt. Die institutionelle Funktionsweise der Eurozone sowie das Management der Schuldenkrise in Europa waren Themen bei Camilla Mariotto. Thomas Stornig klärte die BesucherInnen noch über den Stand der Politischen Bildung in Österreich sowie insbesondere die Rolle der EU im Unterricht auf.

Prof. Marcelo Jenny sprach in seinem Workshop ein Thema von brennender Aktualität an: Negative Campaigning. Spätestens seit dem letzten Nationalratswahlkampf 2017 wird das Phänomen immer mehr diskutiert. Von Negative Campaigning sprechen WahlforscherInnen dann, wenn eine Partei im Wahlkampf nicht die eigenen Stärken in den Mittelpunkt stellt, sondern die Schwächen der anderen betont. Dabei ist nicht immer klar, ob die Betonung des Negativen für das politische System an sich schädlich ist oder sogar positive Impulse setzen kann. Von Negative Campaigning zu unterscheiden ist das sogenannte Dirty Campaigning. Letzteres liegt dann vor, wenn im Wahlkampf das Privatleben eines Politikers zum Thema wird. Während Dirty Campaigning in den USA stark ausgeprägt ist und private Affären nicht selten dazu verwendet werden, um Kontrahenten medial durch den Dreck zu ziehen, gibt es in Österreich diesbezüglich noch ein Tabu. Man denke beispielsweise an Jörg Haider, dessen Homosexualität medial nie zum Thema gemacht wurde.

 

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Dass die Digitalisierung auch nicht vor PolitikwissenschaftlerInnen haltmacht, wusste Dr. Lisa Lechner. Laut Lechner greifen PolitologInnen immer stärker auf große Datenmengen zurück. Big Data stelle damit eine hervorragende Quelle für die Generierung von neuem Wissen dar. Dabei betonte sie auch, dass wir heute dank Digitalisierung ganz andere Fragen beantworten können als noch vor 30 Jahren.

Im Bereich der Internationalen Beziehungen, also jener Teildisziplin der Politikwissenschaft, die sich mit den Beziehungen der Staaten untereinander beschäftigt, erläuterte Prof. Franz Eder eine der Grundfragen der Sozialwissenschaften überhaupt: jene nach Krieg und Frieden. Warum gibt es Kriege? Was brauchen wir, um einen nachhaltigen Frieden zu garantieren? Eine Methode, um Frieden zu sichern, stellen laut Eder Institutionen und internationale Verträge dar. Staaten könnten zwar nicht so leicht sanktioniert werden wie Privatpersonen, wenn sie sich nicht an Verträge halten. Doch bewirken sie, dass vertragsverletzende Staaten einen oftmals empfindlichen Prestigeverlust erleiden. Dieser verhindere in den allermeisten Fällen, dass Staaten aus den gemeinsamen Regelwerken, die sie sich geschaffen haben, ausscheren.

Prof. Martin Senn beschäftigte sich in seinem Workshop mit einem spezifischeren Thema der Internationalen Beziehungen, nämlich jenem der Nuklearwaffen im 21. Jahrhundert. Senn erklärte, dass das Thema seit Ende des Kalten Krieges nichts an Aktualität eingebüßt hat, verfügen doch Staaten wie die USA oder Russland immer noch genug Nuklearwaffen, um die Erde um ein Vielfaches zu zerstören. Selbst ein regionaler Konflikt zwischen Nuklearwaffenstaaten könnte aufgrund von Feuerstürmen und den dabei entstandenen Rauchwolken dramatische Folgen für die gesamte Weltbevölkerung haben. Nicht zuletzt aufgrund dieser Szenarien gibt es eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie beispielsweise ICAN, die Friedensnobelpreisträgerin 2017, oder Staaten, allen voran Österreich, die sich auf internationaler Ebene für eine Ächtung der Nuklearwaffen einsetzen.

Alles in allem zeigte die Veranstaltung die Vielseitigkeit der Politikwissenschaft auf. Auch das Feedback der SchülerInnen konnte sich durchaus sehen lassen: „Mein Interesse an Politikwissenschaft wurde auf jeden Fall geweckt. Die Politikwissenschaft ist ein interessantes Gebiet, weil man da hinter die Meinung geht. Man verlässt sich nicht auf die Meinung von Politikern, sondern man schaut dahinter, woher sie kommt und versucht sie zu analysieren“, meinte etwa Jonas, Schüler an der Ferrarischule Innsbruck. In dieselbe Kerbe schlägt Ajdin vom Bundesgymnasium Lustenau: „In der Politikwissenschaft hinterfragt man zunächst mal alles und analysiert, wie kommt ein Politiker zu seiner Meinung, warum sagt er das.“

Organisator Gärtner war sichtlich zufrieden: „Letztes Jahr hatten wir noch 150 SchülerInnen. Dass es heuer 250 sind, freut uns ganz besonders. Nächstes Jahr wird die Veranstaltung sicher fortgesetzt.“

 
© Fotos: Institut für Politikwissenschaft

 


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