Drei Personen blicken in die Kamera

Vizerektor Gregor Weihs und die Leiterin des Brenner-Archivs, Ulrike Tanzer, begrüßten Ewald Nowotny in der Claudiana.

Ewald Nowotny und die Witt­gen­steins

Vergangene Woche besuchte der ehemalige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny die Universität Innsbruck. Auf dem Programm standen ein Besuch im Brenner-Archiv und ein öffentlicher Vortrag in der Claudiana zu den Finanzen der Familie Wittgenstein und dem Werk des Philosophen Ludwig Wittgenstein.

Ewald Nowotny kam auf Einladung von Brenner-Archiv-Leiterin Ulrike Tanzer nach Innsbruck. Die beiden hatten sich im Frühjahr im Rahmen einer Ausstellung, kuratiert von Elisabeth Nöstlinger-Jochum, im Seeschloss Ort in Gmunden kennengelernt. Dort waren als Leihgabe des Brenner-Archivs Tagebücher sowie Briefe und Fotografien aus der Sammlung Margarete Stonborough-Wittgenstein ausgestellt. Die Sammlungen der Familie Wittgenstein zählen zu den wertvollsten des Brenner-Archivs.  

Selbst einer erfolgreichen Wiener Bankiersfamilie entstammend zeigt der Ökonom Ewald Nowotny großes Interesse für das Leben und Wirken der Familie Wittgenstein. Deshalb führte ihn sein Weg in Innsbruck nach einem Medientermin gleich ins Brenner-Archiv. Dort präsentierten ihm und seiner Frau Ingrid Nowotny die Mitarbeiter:innen des Archivs einige Schätze aus den Sammlungen Wittgenstein und Karl Kraus. Darunter war ein Brief von Ludwig Wittgenstein an Ludwig von Ficker, in dem der Philosoph dem Herausgeber des „Brenner“ einen großen Geldbetrag für die Unterstützung österreichischer Künstler zur Verfügung stellte.

Zwei Personen beugen sich über eine Schachtel mit Dokumenten, zwei Personen stehen links und rechts davon.

Ilse Somavilla und Anton Unterkircher vom Brenner-Archiv präsentieren den interessierten Gästen einige Schätze aus dem Archiv.

Auf diesen Brief ging Ewald Nowotny auch in seinem Vortrag „Geist und Geld – Anmerkungen zu den Finanzen der Familie Wittgenstein“ in der Claudiana mehrfach ein. Zahlreiche interessierte Gäste waren am Dienstagabend in den Claudiasaal gekommen, um Nowotnys Ausführungen zu lauschen, unter ihnen Stadträtin Elisabeth Mayr, Universitätsrat Heinrich Schmidinger, Vizerektor Gregor Weihs und zahlreiche Vertreter:innen der philosophischen und historischen Fächer. Nowotny zeichnete in seinem Vortrag zunächst die ökonomische Erfolgsgeschichte des Karl Wittgenstein nach. Der Vater von Ludwig Wittgenstein brachte es Ende des 19. Jahrhunderts als Industrieller und Bankier innerhalb kurzer Zeit zu beträchtlichem Reichtum. Diesen legte er im Ausland an und sicherte so seiner Familie auch in den Wirren des 20. Jahrhunderts ein sicheres Dasein. Dieses verließ sein Sohn Ludwig, zumindest vordergründig, indem er sein Vermögen den Geschwistern schenkte und anhin ein spartanisches Leben lebte.

Nowotny versuchte dann einige Zusammenhänge zwischen den ökonomischen Rahmenbedingungen und dem Werk Wittgensteins aufzuzeigen. Dabei war es ihm wichtig hinzuweisen, dass Ludwig Wittgensteins Denken nicht losgelöst vom Reichtum und einem gewissen sozialen Desinteresse seiner Familie zu verstehen sei. Diese Thesen stießen bei den anwesenden Philosoph:innen auf zum Teil heftige Widerrede und wurden kontrovers diskutiert, auch noch beim abschließenden Abendessen mit einigen der Gäste in der Innsbrucker Innenstadt.

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