Blick auf einen Chip

Das neue Quanten-Testlabor bei Infineon wurde Ende Mai offiziell in Betrieb genommen.

Neues Quan­ten-Test­la­bor beschleu­nigt For­schung

Im Infineon-Forschungslabor in Villach werden industriell gefertigte Quantenchips in kurzen Zyklen getestet. Das treibt die gemeinsame Forschung für marktfähige Quantencomputer mit der Universität Innsbruck und der Joanneum Research weiter voran. Das Testlabor wird im Rahmen des auf drei Jahre anberaumten, gemeinsamen Projekts „OptoQuant“ umgesetzt.

Quantencomputer gelten als mögliche Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. In der Entwicklung zu produktiv einsetzbaren Computern gibt es jedoch noch einige technische Herausforderungen zu bewältigen. Der globale Forschungswettlauf um die beste Technologie läuft daher auf Hochtouren. Mitten unter den Innovationstreibern ist ein Team von Universität Innsbruck, Joanneum Research und Infineon. Sie forschen im Projekt „OptoQuant“ gemeinsam an ionenbasierten Quantenprozessoren mit integrierter Optik, um damit marktfähige Quantencomputer zu realisieren.

Forschungsallianz stärkt Europa

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria: „Mit den gemeinsamen Quantenaktivitäten nutzen wir die große Chance aus Österreich und Europa heraus in diesem globalen Zukunftsfeld an wegweisenden Entwicklungen möglichst eine Vorreiterrolle zu erarbeiten. Das neue Quanten-Testlabor bei Infineon in Villach verknüpft die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit industriellen Technologien, in die wir unsere Spitzen-Kompetenz einbringen. Wir schaffen damit eine exzellente Forschungsallianz, um ganz vorne dabei zu sein und können die Quantentechnologie als Chance für Europa im globalen Wettbewerb nutzen. Dafür setzen wir uns bei Infineon aktiv ein.“

Schnellere Test- und Lernzyklen

Das neue Quanten-Testlabor bietet eine einzigartige Infrastruktur, die auf schnelle Testzyklen und einen zuverlässigen Betrieb ausgerichtet ist. In den Systemen mit spezieller Kühlung werden die Quantenteilchen gefangen und durch Laserwellen manipuliert. Die Messzeit eines industriell gefertigten Ionenfallenmoduls kann auf einen Tag statt mehrerer Wochen reduziert werden. Zudem können die einzelnen Quantenchips, die mit unterschiedlichen Fertigungsmethoden und Oberflächenmaterialien hergestellt werden, auch schneller überprüft, verifiziert und in ihrem Chipdesign verbessert werden. Das beschleunigt den Lern- und Wissenstransfer im Team. Gemeinsam wurde auch ein Test-Standard entwickelt, um die Qualität und Zuverlässigkeit des Entwicklungsprozesses insgesamt zu steigern.

Exzellentes Quanten-Dreieck

Mit dem neuen Testlabor in Villach und dem Halbleiter-Know-how von Infineon wird die Quanten-Expertise der Projektpartner wirkungsvoll ergänzt. An der Universität in Innsbruck steht die Grundlagenforschung, die Ansteuerung und Software-Programmierung im Mittelpunkt. Bei Joanneum Research in Weiz liegt der Fokus in der 3-D-Lithografie mit integrierten Optiken. 

Thomas Monz vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck: „Die Grundlagenforschung hat den Weg zum Quantenprozessor geebnet. Jetzt braucht es skalierbare Prozesse und Schnittstellen wie das neue Testlabor, um zwischen der grundlagenorientierten Physik und dem Ingenieurwesen den Quantenprozessor mit Industriestandards weiterzuentwickeln.“

Heinz Mayer, Geschäftsführer der Joanneum Research: „Bei MATERIALS, unserem Institut für Oberflächentechnologien und Photonik, arbeiten wir an optischen Strukturen, um den Quantenprozessor räumlich zu verkleinern. Gemeinsam können wir das Herzstück zukünftiger Quantencomputer entscheidend weiterentwickeln.“

Die Partnerschaft ist auch eine wichtige Drehscheibe für die nächste Generation von Quantenforscher*innen. Allein bei Infineon in Villach finden derzeit zehn Studierende perfekte Bedingungen für ihre wissenschaftlichen Arbeiten. Sie werden dabei von vier Quantenexpert*innen betreut. Zwei Quantenjobs bei Infineon sind aktuell zu besetzen.

Forschungs- und Innovationsstandort

Zukunftsweisende Quanten-Leuchtturmprojekte brauchen auch entsprechende Rahmenbedingungen. Henrietta Egerth, FFG-Geschäftsführerin: „Wenn Unternehmen frühzeitig in Zukunftstechnologien investieren und mit innovativen Produkten ‚Made in Austria‘ punkten, dann ist das für den Wirtschaftsstandort Österreich von enormer Bedeutung. Daher freut es uns ganz besonders, wenn wir als FFG das neue Quanten-Testlabor von Infineon über das F&E-Projekt ‚OptoQuant‘ unterstützen können. Die FFG ermöglicht darüber hinaus mit ihrem europäischen Netzwerk die Stärkung von transnationalen Kooperationen für diese wichtige Zukunfts- und Schlüsseltechnologie.“

Vielversprechende Anwendungen 

Quantencomputer haben das Potenzial, bestimmte komplexe und rechenintensive Aufgaben um ein Vielfaches schneller zu lösen als klassische Computer. Während heutige Computer mit Bits arbeiten und Rechenkombinationen nacheinander ausführen, kann ein Quantencomputer mit Qubits alle Rechenfragen gleichzeitig berücksichtigen. Es ist eine Gamechanger-Technologie, um bisher ungelöste Aufgaben zu lösen.

So könnten beispielsweise hochkomplexe Prozesse in der Logistik oder Energieversorgung rasch optimiert werden und zu robusten Lieferketten beitragen. Hohes Potenzial liegt auch in der Entwicklung neuer Medikamente, Impfstoffe oder der personalisierten Medizin, um Wirkungen und Nebenwirkungen schneller simulieren zu können. Auch in der Entwicklung völlig neuer, umweltfreundlicherer, leichterer Materialien ist einiges möglich.

Die Zukunft der Quantencomputer ist vielversprechend und wird vor allem dann disruptives Potenzial entfalten, wenn die Industrialisierung gelingt und die Technologie zum Nutzen der Gesellschaft eingesetzt wird. 

Forschungsprojekt „OptoQuant“

Das Quanten-Testlabor wird im Rahmen des auf drei Jahre anberaumten Projekts OptoQuant umgesetzt. Dieses startete im Juni 2021 und läuft bis 2024. Das Forschungsvolumen beträgt insgesamt 2,7 Millionen Euro und wird von der „Quantenforschung und Technologie“ Initiative der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung und der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG co-finanziert.

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