Reichsgesetzblatt vom 25. Juli 1933 mit der Verkündung des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses".
Reichsgesetzblatt vom 25. Juli 1933 mit der Verkündung des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses".

Na­tional­sozialis­tische Ge­sund­heits­polit­ik in Tirol

Das Institut für Zeitgeschichte präsentiert auf seiner Homepage die Ergebnisse des dreijährigen Forschungsprojekts „Unfruchtbarmachung und freiwillige Entmannung“, das sich auch detailliert mit dem erinnerungskulturellen Umgang mit dem Innsbrucker Chirurgen Burghard Breitner auseinandersetzt.

1940, zwei Jahre nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich, wurden auch in Österreich die in Deutschland bereits seit 1934 bestehenden Erbgesundheitsgerichte eingeführt. Diese nationalsozialistischen Institutionen entschieden über die gesetzlich legitimierte Durchführung von Zwangssterilisationen von Personen, die im Nationalsozialismus als „erbkrank“ kategorisiert wurden. Dieser Art stigmatisiert, sollte verhindert werden, dass die Betroffenen eine Familie gründen konnten. „‚Unfruchtbarmachungen‘ und ‚freiwillige Entmannungen‘, also Zwangssterilisierungen und keineswegs freiwillige Zwangskastrationen, waren repressive Maßnahmen zur biopolitischen Regulierung von sozialen Verhaltensweisen und Bevölkerungsentwicklungen. Sie waren in Österreich ausschließlich zwischen 1940 und 1945 legal, davor und danach waren beide Eingriffe einzig aufgrund medizinischer Indikation möglich“, erklärt Univ.-Prof. Dirk Rupnow. „Auch wenn bei Kastrationen durch die offizielle Bezeichnung Freiwilligkeit suggeriert werden sollte und auch Zwangssterilisierungen ‚freiwillig‘ beantragt werden konnten, handelte es sich dabei dennoch um staatliche Zwangsmaßnahmen. ‚Freiwilligkeit‘ wurde bei Kastrationen durch explizite Drohungen, die Ausübung von psychischem Druck oder potentiell lebensbedrohenden Alternativen erreicht. Zwangssterilisierungen waren oftmals der einzige Weg aus Anstaltsunterbringung entlassen zu werden“, ergänzt die Zeithistorikerin Mag. Mag. Ina Friedmann, die sich im Forschungsprojekt „‚Unfruchtbarmachungen‘ und ‚freiwillige Entmannung‘. Die Innsbrucker Universitäts-Kliniken und die Erbgesundheitsgerichte des Gaus Tirol-Vorarlberg“ drei Jahre mit diesem Aspekt der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik in Tirol beschäftigt hat.

Forschungsergebnisse online zugänglich

Ziel des dreijährigen Projekts unter der Leitung von Univ.-Prof. Dirk Rupnow war nicht nur, diesen Teil der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik in Tirol näher zu beleuchten, sondern auch die Involvierung der Universität Innsbruck in diesen Bereich in Tirol und Vorarlberg zu untersuchen. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes, das sich auch näher mit dem erinnerungskulturellen Umgang mit dem für Zwangssterilisierungen und Kastrationen verantwortlichen Chirurgen Burghard Breitner beschäftigt, sind auf der Website des Instituts für Zeitgeschichte zugänglich: https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/unfruchtbarmachung-und-freiwillige-entmannung/

 

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