Gruppenfoto: Runder Tisch am INTRAWI.
Runder Tisch am INTRAWI.

Von Plas­tik­tüten und Un­sicht­bar­keit: Run­der Tisch zum Li­teratur­über­setzen

Am 10. Mai 2019 fand der von Mag. Carla Festi im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literarisches Übersetzen D-II“ organisierte Runde Tisch zum Thema Literaturübersetzen statt. Die Studierenden des Instituts für Translationswissenschaft (INTRAWI) hatten die Chance, mit ExpertInnen in Kontakt zu treten und sich mit der Praxis des literarischen Übersetzens auseinanderzusetzen.

Der Vers „S’io mi intuassi come tu ti immii” (Cfr. Paradiso, IX, 81) (Wär ich in dich, wie du in mich versetzt!) aus der Divina Commedia kann am besten den „labyrinthischen“ Übersetzungsprozess beschreiben. Mit diesem Vers endete der Runde Tisch zum Thema Literaturübersetzung am Freitag, 10. Mai 2019. Im Rahmen der Veranstaltung „Literarisches Übersetzen Deutsch-Italienisch“ hatten die INTRAWI-Studierenden die Möglichkeit, sich mit konkreten Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag professioneller AutorInnen, VerlegerInnen und ÜbersetzerInnen (Bernd Schuchter, Anna Rottensteiner, beide aus Tirol, Stefano Zangrando aus Italien und Margret Millscher aus Wien) auseinanderzusetzen. Im ersten Teil der Veranstaltung äußerten die ExpertInnen ihre Meinungen zu einigen Fragen über das  Literaturübersetzen. Neben den Karrieretipps und Beschwerden über die mangelhafte Leistung mancher LektorInnen haben sich die TeilnehmerInnen insbesondere für zwei Themen interessiert: die Unsichtbarkeit der LiteraturübersetzerInnen und die Zusammenarbeit zwischen AutorIn und ÜbersetzerIn. Trauriges Schicksal ist jenes der ÜbersetzerInnen: Man muss sich eine „ganze Welt“ vorstellen, sie in einer anderen Sprache wiedergeben und vielleicht erscheint der Name der ÜbersetzerIn nicht mal auf der ersten Seite des Werks, geschweige denn auf dem Cover. Letztendlich ist die „fertige“ Übersetzung das, was der ÜbersetzerIn am Herzen liegt. Selten ist eine Übersetzung als „gelungen“ zu bezeichnen: Laut den ExpertInnen ist man nie völlig zufrieden mit dem Endprodukt. Man sitzt stundelang am Computer – am Anfang auch mehr als 10 Stunden, die aber auf 3 bis 4 Stunden pro Tag reduziert werden, sagte Zangrado – und hängt bei bestimmten Wörtern, die den Alltag der ÜbersetzerInnen schwer machen: die Realia. Wie kann man z. B die italienische Supermarktkette „Esselunga“ in einem Gedicht übersetzen, fragte sich Anna Rottensteiner. Stefano Zangrado machte sich Gedanken über das Wort „Delta“ und Margret Millscher quälte sich mit der Übersetzung einer „afrikanischen“ Plastiktüte. Apropos: Kann man als Österreicherin „Plastiktüte“ schreiben? Wie wäre es mit „Sackerl“? Es war eine interessante Diskussion mit zahlreichen und vielfältigen Anekdoten, Tipps und auch Witzen aus der ganzen Welt der Literaturübersetzung. Ein Punkt ist aber festzustellen: Der Kontakt mit dem/der AutorIn bzw. mit dem/der VerlegerIn ist unglaublich wichtig. Hier kommt Bernd Schuchter ins Spiel, der als Autor und Verleger des Limbus Verlag den Studierenden seine Erfahrung zur Veröffentlichung von Literatur und übersetzen Werken schilderte. Leidenschaftlich wie alle anderen TeilnehmerInnen betonte er die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit den LeserInnen und AutorInnen. Im Nachhinein kann man feststellen, dass die überaus wichtige Rolle von ÜbersetzerInnen als Sprach- und KulturvermittlerInnen mit ihrem Auftrag, Kultur und Wissenschaft zu verbreiten, genau der Schwerpunkt des Runden Tisches war. Ein Zitat aus der Divina Commedia kann am besten den Kreis schließen: „Considerate la vostra semenza:/ fatti non foste a viver come bruti, ma per seguir virtute e canoscenza“. (Cfr, Inferno, XXVI, vv.118-120) „Bedenkt, wozu dies Dasein euch gegeben! Nicht um dem Viehe gleich zu brüten, nein, um Wissenschaft und Tugend zu erstreben.“ (dt. Übersetzung von Karl Streckfuß, 1876).

(Fabiana Villotti)

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