Wirtschaftliche Ungleichheit: aussichtslos oder besiegbar?

Nicht religiöser und ethnischer Hass, nicht Verschmutzung der Umwelt oder nukleare Waffen und keine Krankheiten wie AIDS, sondern der Unterschied zwischen Arm und Reich wird in 44 Ländern als ein großes Problem und in 28 Ländern als ein sehr großes Problem angesehen (Pew Research Center, 2014). Aber ist wirtschaftliche Ungleichheit wirklich aussichtslos oder doch besiegbar?

Sommersemester 2023: Sarah Daum, Alexander Dirscherl, Lisa Engl, Elisabeth Fröhlich, Kilian Steinhorst

 

Im Jahr 2021 verdient eine durchschnittliche erwachsene Person 16.700 Euro pro Jahr (kaufkraftbereinigt)
und besitzt im Durchschnitt 72.900 Euro (brutto oder netto geht in der Studie nicht hervor).
Diese Durchschnittswerte verbergen jedoch große Unterschiede sowohl zwischen als auch
innerhalb von Ländern. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, nehmen die reichsten 10 Prozent der
Weltbevölkerung derzeit 52 Prozent des weltweiten Einkommens ein, während die ärmere Hälfte
der Bevölkerung nur 8,5 Prozent davon verdient. Im Durchschnitt verdient eine Person aus den
oberen 10 Prozent der weltweiten Einkommensverteilung 87.200 Euro pro Jahr, während eine Person
aus der ärmsten Hälfte der weltweiten Einkommensverteilung 2.800 Euro pro Jahr verdient
(Chancel et al., 2022).

wirtschaftliche-ungleichheit1

Abbildung 1: Global income and wealth inequality, 2021 (Chancel et al., 2022)
Hinweis: Die Inhaber der höchsten Vermögen sind nicht unbedingt auch jene mit dem höchsten Einkommen. Das Einkommen
wird nach dem Betrieb der Renten- und Arbeitslosensysteme und vor Steuern und Transfers gemessen. (Chancel et al.,
2022)

Eine Grafik wie die obere sollte uns zu denken geben. “Wir leben in einer Welt, in der Daten im
Überfluss vorhanden sind, und dennoch fehlen uns grundlegende Informationen über Ungleichheit”
(aus dem Englischen zitiert von Chancel et al., 2022, S. 2). Es ist grundsätzlich ausschlaggebend,
über solche Werte informiert zu sein. Laut Lucas Chancel et al. (2022) sagt das durchschnittliche
nationale Einkommen allerdings nur wenig über die Ungleichheit aus. So sind beispielsweise viele
Länder mit hohem Einkommen sehr ungleich (ein gutes Beispiel hierfür sind die USA), während
andere relativ gleich verteilt sind (z.B. Schweden). Für Länder mit mittlerem und hohem Einkommen
zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Die MENA-Region, eine englische Abkürzung für den
mittleren Osten und Norden Afrikas, ist „die ungleichste Region der Welt“ (aus dem Englischen
zitiert von Chancel et al., 2022, S. 3), während Europa hier als die gerechteste bzw. gleichste Region
betitelt wird (Chancel et al., 2022).

Der Zugang zur Bildung spielt eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung wirtschaftlicher und sozialer
Ungleichheit. In einer fairen Gesellschaft sollten alle Menschen unabhängig von ihrer sozialen
Herkunft die gleichen Chancen haben, eine gute Ausbildung zu erhalten und ihre Fähigkeiten und
Talente zu entwickeln (Oreopoulos, 2011). Eine gute Ausbildung ermöglicht es den Menschen,
bessere Arbeitsplätze zu finden, höhere Einkommen zu erzielen und ein besseres Leben für sich
und ihre Familie zu führen. Darüber hinaus fördert eine gute Bildung auch die soziale Mobilität und
trägt dazu bei, dass jedes Individuum in der Gesellschaft eine Stimme hat und mit dieser die Chance
hat, sich in die Allgemeinheit einzubringen (Reardon, 2013). Eine Investition in Bildung ist daher
nicht nur eine Investition in die Zukunft eines einzelnen, sondern auch in die Zukunft einer fairen
und gerechten Gesellschaft. Außerdem sollten auch gezielte Maßnahmen zur Beseitigung und Verringerung
von Diskriminierung und Ungleichheit ergriffen werden (Oreopoulos, 2011).

Die Frage, ob wirtschaftliche Ungleichheit aussichtslos oder besiegbar ist, lässt sich nicht mit einer
Ja-Nein-Frage beantworten, da die Ursachen von Ungleichheit viele sind und mehrere Faktoren
Einfluss darauf haben. Wie bereits angesprochen verstärken Aspekte, wie unfaire Einkommensverteilung,
schlechter Bildungszugang sowie geringe Chancengleichheit, die Problematik und lassen
eher auf eine aussichtslose Ungleichheit schließen. Trotzdem können durchaus Maßnahmen ergriffen
werden, um die wirtschaftliche Ungleichheit in gewissem Maße zu besiegen. Hierbei gibt es
verschiedene politische, sowie auch wirtschaftliche Maßnahmen, die ergriffen werden können, um
zur Reduzierung der wirtschaftlichen Ungleichheit beizutragen. Beispiel hierfür können die Erhöhung
des Mindestlohns, die Umverteilung von Steuern und die Bereitstellung von Bildung und
Chancengleichheit für alle sein. Einige Länder haben hier bereits erfolgreich Maßnahmen zur Reduzierung
der wirtschaftlichen Ungleichheit ergriffen, wie beispielsweise Schweden und Norwegen,
die zu den Ländern mit der geringsten wirtschaftlichen Ungleichheit gehören. Schweden ist
bekannt für sein progressiv gestaltetes Steuersystem und seine umfassenden Sozialleistungen. Laut
Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war die Einkommensungleichheit
in Schweden relativ stabil oder leicht rückläufig und im Jahr 2018 hatte das Land
einen Gini-Koeffizienten von etwa 0,27 (OECD, 2023). Es ist jedoch zu beachten, dass der Gini-
Koeffizient allein nicht alle Aspekte der Ungleichheit abdeckt und andere Faktoren wie Vermögensungleichheit
berücksichtigt werden sollten.

Wichtig zu betonen ist stets, dass die Überwindung der wirtschaftlichen Ungleichheit kein einfacher
oder schneller Prozess ist. Es erfordert einen langfristigen und umfassenden Ansatz, der neben politischen
und wirtschaftlichen auch soziale Maßnahmen umfasst. Eine Zusammenarbeit von Regierungen
und der Zivilgesellschaft ist hierbei essenziell.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wirtschaftliche Ungleichheit ein ernstes Problem darstellt,
das sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft beeinträchtigt. Es gibt jedoch Wege, die Ungleichheit
zu reduzieren und zu überwinden. Wichtig hierbei ist es, dass politische und wirtschaftliche
Maßnahmen ergriffen werden, um die Ungleichheit zu verringern und eine fairere und gerechtere
Gesellschaft zu schaffen. Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass eine Zusammenarbeit
zwischen Regierung, Politik, sowie der Gesellschaft essenziell ist, um dem Problem der wirtschaftlichen
Ungleichheit entgegenzuwirken.

 

Referenzen:
Chancel, L., Piketty, T., Saez, E., & Zucman, G. (Eds.). (2022). World inequality report 2022. Harvard
University Press.

OECD (2023). Income inequality (indicator). doi: 10.1787/459aa7f1-en (Abgerufen am 24. Mai
2023)

Oreopoulos, P. (2011). Why do skilled immigrants struggle in the labor market? A field experiment
with thirteen thousand resumes. American Economic Journal: Economic Policy, 3(4), 148-
171.

Pew Research Center. (2014). Emerging and developing economies much more optimistic than rich
countries about the future. Pew Research Center Internet Project, (October).

Reardon, S. F. (2013). No rich child left behind. New York Times, 4(28), 13.

 

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