Sommersemester 2023: Sabine Christandl, Laura Schopf und Daniel Valentini
Im letzten Jahrzehnt setzte sich die Gesellschaft zunehmend mit Thematiken zu Umwelt- und Klima-schutz auseinander. Politische Diskussionen, öffentliche Demonstrationen, aber auch private Gesprä-che verstärkten den allgemeinen Diskurs. Zunehmende Hitzewellen, ausbleibende Regenperioden, der Anstieg des Meeresspiegels und großflächige Waldbrände machten den Klimawandel deutlich spürbar (Pörtner et al., 2022). Ein Themengebiet, welches hingegen erst seit kurzem stark an Popula-rität gewonnen hat, ist künstliche Intelligenz. Diese ist in der Lage Daten zu analysieren sowie zu interpretieren, aus diesen zu lernen und das Gelernte passend einzusetzen. Darunter fallen beispiels-weise Sprachassistenten, Bilderkennungssoftware oder selbstfahrende Autos (Haenlein & Kaplan, 2019). Zu den jüngsten Entwicklungen zählt der Chatbot ChatGPT, welcher mit seinen Nutzern über Textnachrichten interagiert (Biswas, 2023). In diesem Zusammenhang stellt sich im Allgemeinen die Frage, welchen Beitrag künstliche Intelligenz zum Klimaschutz leisten kann?
In städtischen Gebieten tragen intelligente Gebäude bzw. „Smart Buildings“ dazu bei den Energie-verbrauch zu verringern. Diese Bauwerke sind mit verschiedenen digitalen Messtechnologien ausge-stattet, welche es ermöglichen Informationen bezüglich des Energieverbrauchs, sowie der Umwelt-bedingungen zu sammeln und analysieren. Hierdurch können ineffiziente Prozesse, oder noch nicht berücksichtigte negative Externalitäten, ermittelt werden. Daraus lassen sich Verbesserungen wie Energiesparmaßnahmen ableiten (Farzaneh et al., 2021). Infolgedessen soll die Arbeit in gemeinsam benutzten Büros effizienter gestaltet werden und zu einer Verringerung von wenig genutzten Flächen führen. Demzufolge sinken die Betriebskosten, sowie auch der Ausstoß von Treibhausgasemissionen (Chen et al., 2021). Zu den bekanntesten Smart Buildings zählt das Bürokomplex „The Edge“ in Amsterdam. Das Gebäude wurde 2015 eröffnet und war zu dieser Zeit das nachhaltigste Bauwerk der Welt. Mithilfe von Sensorik wird das perfekte Arbeitsklima geschaffen und zeitgleich 70 % weniger Strom, im Vergleich zu herkömmlichen Büroräumlichkeiten, verbraucht (Schneider Electric, 2015). Daraus lässt sich schließen, dass der Einsatz von „Smart Buildings“ dabei helfen kann, den Klima-wandel einzudämmen.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit von künstlicher Intelligenz findet sich in der Landwirtschaft. Diese trägt mit den ausgestoßenen Treibhausgas-Emissionen aktiv zur Klimaschädigung bei. Digitalisie-rung ermöglicht es, mithilfe von spezieller Soft- und Hardware, Agrarwirtschaft effizienter, kosten-sparender und zugleich nachhaltiger, zu gestalten (Popa, 2011). Die Anwendungsmöglichkeiten von KI-Modellen sind vielfältig. Zum einen können Daten über Bodenqualität, Wetterbedingungen und Pflanzenwachstum analysiert sowie ausgewertet werden. Zum anderen können Roboter oder Drohnen unterstützend im Arbeitsablauf eingesetzt werden (Vries et al., 2023). Beispielsweise lassen sich in-dividuelle Fütterungspläne für die Nutztiere erstellen. Diese zielen darauf ab den Methangasausstoß zu verringern, indem die Nahrung leichter verwertet werden kann. Sensoren sammeln hierfür Daten über die Größe, das Gewicht, den Verdauungszeitraum sowie den Nährstoffbedarf der Tiere und kon-struieren nachhaltige Nahrungskonzepte (Dayioglu & Türker, 2021). Ein weiteres Anwendungsbei-spiel ist die Analyse von Drohnenbildern der Anbaufelder. Diese Technik hilft bei der frühzeitigen Erkennung von Krankheiten und Schädlingsbefällen. Dadurch sollen großflächige Ernteausfälle so-wie der Einsatz von unnötigen umweltschädlichen Düngemitteln reduziert werden. (Dharmaraj & Vijayanand, 2018). Folglich lässt sich schließen, dass die Präzisionslandwirtschaft einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz und der Nachhaltigkeit leistet. Treibhausgasemissionen können im Ag-rarwesen durch die Optimierung einer Vielzahl von Bereichen wie dem Anbau, der Tierhaltung, der Logistik oder dem Transport verringert werden.
Künstliche Intelligenz kann aber nicht nur präventiv eingesetzt werden. Die Anwendung von Digita-lisierungstechniken trägt dazu bei, Recycling effektiver zu gestalten. Dadurch wird der Wandel des Abfallmanagements im Zuge einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft begünstigt. Auch wenn in euro-päischen Mülldeponien schon viele Arbeitsschritte digitalisiert wurden, sind einige Aufgaben den-noch manuell durchzuführen. Darunter fällt oft das Sortieren von spezielleren Abfällen oder die Qua-litätskontrolle der zur erneuten Nutzung gewonnenen Materialien. Die mangelhaften Arbeitsbedin-gungen, wie beispielsweise ein durchgängiger Lärm, sorgen dafür, dass die menschliche Arbeitsleistung sehr schnell abnimmt und dadurch die Fehlerquote steigt. Der Einsatz von Robotern trägt in diesem Fall dazu bei, die Qualitätsstandards zu erhöhen und schützt die Gesundheit der Mitarbeiter (Wilts et al., 2021). Außerdem kann die Mülltrennung im öffentlichen Raum erleichtert wer-den. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von selbstsortierenden Abfalleimern. Wie eine Studie aus dem Jahr 2020 gezeigt hat, ist es möglich ein System zu entwickeln, welches Abfall nach bestimmten Kriterien klassifiziert und sortiert. Dieses wurde in einen Müllbehälter verbaut und an verschiedenen, öffentlichen Plätzen in Dänemark aufgestellt. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Abfalltrennung der künstlichen Intelligenz im Schnitt zu 85,7 % und jene per Hand zu 85,2 % richtig durchgeführt wurde. Allerdings bietet das intelligente System dennoch einen größeren Mehrwert für das Recycling. Bei einem komplexen Trennungsprinzip mit verschiedenen Müllsorten wird vieles einfachheitshal-ber, fälschlicherweise in den Restmüll geworfen. Diesem Problem lässt sich mit der automatischen Sortierung entgegenwirken (Jacobsen et al., 2020). Daran lässt sich erkennen, dass der Einsatz von artifizieller Intelligenz nicht nur für vorbeugende Zwecke sinnvoll ist.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Digitalisierung neue Technologien erschaffen hat, welche einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Obwohl künstliche Intelligenz noch neu in diesem Kontext ist, hat sie bereits gezeigt, dass sie ein wichtiger Lösungsbestandteil sein kann, um den Klimawandel einzudämmen. In Anbetracht der breiten Palette an Anwendungsberei-chen ist das zukünftige Potenzial dieser Technologien genauso vielfältig wie ihre Einsatzmöglichkeiten.
Literaturverzeichnis
Biswas, S. S. (2023). Potential Use of Chat GPT in Global Warming. Annals of biomedical engi-neering, 51(6), 1126–1127. https://doi.org/10.1007/s10439-023-03171-8
Chen, C., Hu, Y., Karuppiah, M. & Kumar, P. M. (2021). Artificial intelligence on economic evalu-ation of energy efficiency and renewable energy technologies. Sustainable Energy Technol-ogies and Assessments, 47, 101358. https://doi.org/10.1016/j.seta.2021.101358
Dayioglu, M. A. & Türker, U. (2021). Digital Transformation for Sustainable Future - Agriculture 4.0: A review. Tarım Bilimleri Dergisi, 27(4), 373–399. https://doi.org/10.15832/an-kutbd.986431
Dharmaraj, V. & Vijayanand, C. (2018). Artificial Intelligence (AI) in Agriculture. International Journal of Current Microbiology and Applied Sciences, 7(12), 2122–2128. https://doi.org/10.20546/ijcmas.2018.712.241
Farzaneh, H., Malehmirchegini, L., Bejan, A., Afolabi, T., Mulumba, A. & Daka, P. P. (2021). Arti-ficial Intelligence Evolution in Smart Buildings for Energy Efficiency. Applied Sciences, 11(2), 763. https://doi.org/10.3390/app11020763
Haenlein, M. & Kaplan, A. (2019). A Brief History of Artificial Intelligence: On the Past, Present, and Future of Artificial Intelligence. California Management Review, 61(4), 5–14. https://doi.org/10.1177/0008125619864925
Jacobsen, R. M., Johansen, P. S., Bysted, L. B. L. & Skov, M. B. (2020). Waste Wizard: Exploring Waste Sorting using AI in Public Spaces. In D. Lamas, H. Sarapuu, I. Smorgun & G. Berget (Hrsg.), Proceedings of the 11th Nordic Conference on Human-Computer Interaction: Shaping Experiences, Shaping Society. ACM. https://doi.org/10.1145/3419249.3420180
Popa, C. (2011). Adoption of Artificial Intelligence in Agriculture. Bulletin of University of Agri-cultural Sciences and Veterinary Medicine Cluj-Napoca. Agriculture, 68(1). https://doi.org/10.15835/buasvmcn-agr:6454
Pörtner, H.‑O., Roberts, D. C., Tignor, M. M. B., Poloczanska, E., Mintenbeck, K., Alegría, A., Craig, M., Langsdorf, S., Löschke, S., Möller, V., Okem, A. & Rama, B. (2022). Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability Working Group II Contribution to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Vorab-Onlinepublikation. https://doi.org/10.1017/9781009325844
Schneider Electric. (2015, 17. Juni). Schneider Electric helps make The Edge “the world’s most sustainable office building”. https://shorturl.at/clDZ1
Vries, A. de, Bliznyuk, N. & Pinedo, P. (2023). Invited Review: Examples and opportunities for ar-tificial intelligence (AI) in dairy farms Applied Animal Science, 39(1), 14–22. https://doi.org/10.15232/aas.2022-02345
Wilts, H., Garcia, B. R., Garlito, R. G., Gómez, L. S. & Prieto, E. G. (2021). Artificial Intelligence in the Sorting of Municipal Waste as an Enabler of the Circular Economy. Resources, 10(4), 28. https://doi.org/10.3390/resources10040028