Das Klimamonopoly: ein Gesellschaftsspiel mit drastischen Auswirkungen?!

Der anthropogene Klimawandel zählt zu den größten globalen Herausforderungen mit der sich die Gesellschaft aktuell beschäftigen muss. Die Existenz der Klimakrise ist längst wissenschaftlich bestätigt, die dafür getroffenen Maßnahmen aber in Relation zu den Auswirkungen zu wenig.

Sommersemester 2023: Maximilian Frank und Jasmin Berchtold

 

Wie kommt es, dass der Großteil der Menschheit sich nicht über die Gefahren und die Auswirkungen der globalen Klimakrise bewusst ist? Ist dies auf menschliches Verhalten zurückzuführen und der Klimawandel somit unaufhaltbar?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die Umwelt als Gut vorstellen. Ein solches, welches jeder konsumieren darf, jedoch nicht unbegrenzt verfügbar ist. In der Fachsprache werden solche Güter auch als Allmendegüter bezeichnet. Garrett Hardin schrieb bereits im Jahr 1968 über jene Güter einen Essay, in welchem erstmals die Tragödie der Allmende beschrieben wurde. Dieses Modell besagt, dass Individuen Allmendegüter nicht effizient nutzen. Es besteht die Gefahr der Übernutzung, welche sich wiederum auch negativ auf die Individuen auswirken kann. Durch diese ineffiziente Nutzung wird beispielsweise eine zu hohe Menge an Emissionen in die Erdatmosphäre abgegeben. (Hardin, 1968)

Jeder einzelne kann durch eine individuelle und effiziente Nutzung der Umwelt gegen den Klimawandel beitragen. Dies kann als eine Art Spiel betrachtet werden, bei welchem jeder Spieler etwas beitragen kann oder eben nicht. Während ein Beitrag eine mit Kosten verbundene Verhaltensanpassung bedeutet, stellt der Nichtbeitrag geringere Kosten dar. Diese geringeren Kosten verleiten dazu, am klimaschädlichen Verhalten festzuhalten. Somit ist dies die rational dominante Strategie in diesem Spiel, um den individuellen Nutzen zu maximieren. Dieses Phänomen wird als Trittbrettfahren bezeichnet. Der Trittbrettfahrer profitiert dabei vom Beitrag anderer ohne eigenen Aufwand. Existieren zu viele Trittbrettfahrer, so verringert sich der Nutzen für alle beteiligten Spieler. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist der Nutzen für alle am höchsten, wenn alle Beteiligten zur Lösung der Klimakrise beitragen und keine oder nur wenige Trittbrettfahrer existieren. (Huber & Kirchler, 2020)

Ein weiterer Ansatz, um zu erklären, warum Menschen sich der Gefahren und potenziellen Auswirkung der Klimakrise nicht genügend bewusst sind, stellt der sogenannte Present Bias dar. Dieser beschreibt, dass Individuen die Gegenwart höher bewerten als die Zukunft. (Weber, 2017) Da der Klimawandel über Jahrzehnte hinweg stattfindet und Maßnahmen erst mit einem großen Zeitabstand Wirkung zeigen, bewerten Menschen den Nutzen von Klimamaßnahmen eher als gering. Zudem werden die unmittelbaren Kosten der Maßnahmen überbewertet. Auf politischer Ebene ist dieser Bias ebenfalls zu finden. Anstatt sich für eine langfristig klimafreundliche Politik einzusetzen, legen Parteien ihren Fokus lediglich auf ein gegenwärtiges Ziel: den Erhalt möglichst vieler Wählerstimmen. Da die Wähler ebenfalls ihre gegenwärtigen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen, ergibt sich hier ein verstärkender Effekt. Zu dieser Thematik kommt der Status quo Bias hinzu, bei dem Individuen es tendenziell vorziehen, im aktuellen Status zu verharren, anstatt sich auf Veränderungen einzulassen. Der Aufwand der Veränderung sowie Unsicherheit sind dabei entscheidende Faktoren, welche auch auf das Verhalten von Menschen bezüglich Klimawandel übertragen werden können. (Zhao & Luo, 2021)

Die Prospect Theory von Kahneman und Tversky (1979) liefert ebenso einen wesentlichen Erklärungsansatz. Diese besagt, dass Menschen Verluste viel stärker gewichten als Gewinne. Somit werden mögliche Verluste, welche durch den Verzicht oder die Verringerung von klimaschädlichem Verhalten entstehen, viel stärker wahrgenommen und als drastischer empfunden. Dem gegenüber stehen die Gewinne, welche zusätzlich noch als unsicher und möglich gelten, da sie in der Zukunft liegen und vom kollektiven Handeln der gesamten Menschheit abhängen.

Die beschriebenen Theorien und Konzepte liefern Erklärungsansätze für das Verhalten der Menschen in der Klimakrise. Daraus lassen sich aber auch Lösungsansätze und Instrumente entwickeln, die das Verhalten von Menschen beeinflussen und lenken können. Framing wird beispielsweise als Ansatz gewählt, um das Bewusstsein der Klimaherausforderungen mit den Werten und Ideologien der Menschen zu verknüpfen. (Zhao & Luo, 2021) Zudem sind Empathie und die moralische Sichtweise des Klimaproblems wichtige Einflussgrößen bei der Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen. (Palmucci & Ferraris, 2023) Es ist also nach wie vor wichtig, über den Klimawandel zu sprechen, um die Dringlichkeit des Themas in den Köpfen der Menschen zu verankern. Die Forschung steht im Hinblick auf wirkungsvolle Debiasing-Instrumente aber noch relativ am Anfang. (Zhao & Luo, 2021) Die Wissenschaft ist hier in der Verantwortung und kann nicht zuletzt einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Klimakrise beisteuern.

 

Literaturverzeichnis
Hardin, G. (1968). The Tragedy of the Commons. Science 162, 1243-1248.

Huber, J., & Kirchler, M. (2020). Das (Verhaltens-)Dilemma beim Klimaschutz. Die Presse Blog.

Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision Under Risk. In L. C. MacLean & W. T. Ziemba, World Scientific Handbook in Financial Economics Series (Bd. 4, S. 99–127). WORLD SCIENTIFIC. https://doi.org/10.1142/9789814417358_0006

Palmucci, D. N., & Ferraris, A. (2023). Climate change inaction: Cognitive bias influencing managers’ decision making on environmental sustainability choices. The role of empathy and morality with the need of an integrated and comprehensive perspective. Frontiers in Psychology, 14, 1130059. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2023.1130059

Weber, E. U. (2017). Breaking cognitive barriers to a sustainable future. Nature Human Behaviour, 1(1), 0013. https://doi.org/10.1038/s41562-016-0013

Zhao, J., & Luo, Y. (2021). A framework to address cognitive biases of climate change. Neuron, 109(22), 3548–3551. https://doi.org/10.1016/j.neuron.2021.08.029

 

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