Mit Quantenforschung hoch hinaus
Die geografische Lage Innsbrucks mit hohen Bergen in unmittelbarer Nähe zu Spitzenforschungslaboren macht die Hauptstadt Tirols zu einem idealen Standort für die Erforschung weltraumgestützter Quantenkommunikation.
Die Innsbrucker Quantenphysik ist eines der weltweit führenden Forschungszentren im Bereich Quanteninformation und kann sich über dieses Teleskop mittels satellitengestützter Quantenkommunikation mit anderen Zentren in Europa und dem Rest der Welt verbinden.
Weltumspannende Quantenkommunikation benötigt Satelliten im Weltall. Sie dienen als Quelle für verschränkte Lichtsignale oder als vertrauenswürdige Knotenpunkte für die Kommunikation.
Zu den durchgeführten Forschungsarbeiten gehören die Quantenkommunikation mit und über Quantensatelliten, Quantensensorik in den Bereichen Atmosphärenwissenschaften und Astrophysik sowie die Verschränkung von entfernten Quantenspeichern und Quantenprozessoren als Schritt in Richtung eines weltumspannenden Quanteninternets.
Die Marietta Blau Bodenstation wird 2025 auf dem Hafelekar in 2265 m Höhe errichtet und ist über Glasfaser mit den Quantenoptik-Laboren der Universität Innsbruck verbunden.

Am 20. August 2025 wurde die quantenoptische Bodenstation Marietta Blau auf dem Hafelekar errichtet (Artikel lesen)
In 2265 m Seehöhe und in unmittelbarer Nähe zur Universität Innsbruck mit dem weltweit führenden Forschungsschwerpunkt Physik ist das Hafelekar der ideale Standort für die Marietta Blau Bodenstation. Der klare Himmel hoch über dem wolkenverhangenen Inntal bietet ideale Bedingungen für die Kommunikation mit dem All.

Quantensatelliten

Die bestehenden und geplanten Satelliten für die Quantenkommunikation umkreisen die Erde in ca. 600 km Höhe. Durch den Austausch einzelner Lichtteilchen zwischen einem Satelliten und zwei Bodenstationen können zwei Orte an der Erdoberfläche absolut abhörsicher kommunizieren oder in der Zukunft ihre Quantencomputer vernetzen.
Forschung
Die Quantenkommunikation
Quantentechnologien versprechen nichts weniger, als unsere moderne Informationsverarbeitung grundlegend zu revolutionieren. Ein Beispiel dafür ist die Quantenschlüsselverteilung. Diese Technologie ermöglicht beweisbar abhörsichere Kommunikation. Anders als herkömmliche Verschlüsselungsmethoden basiert sie nicht auf Annahmen darüber wie komplex oder aufwendig es ist eine Nachricht zu entschlüsseln, sondern lässt sich auf den Grundlagen der Naturgesetze aufbauen.
Wie der Name schon andeutet, beruhen Quantentechnologien auf der Nutzung kleinster Energieeinheiten – sogenannter Quanten. Diese erlauben es, Informationen auf eine Weise zu speichern, die in unserem Alltag nicht vorkommt. Informationen, wie wir sie üblicherweise kennen, lassen sich eindeutig interpretieren: Eine Münze zeigt entweder Kopf oder Zahl, ein Bit in einem Computer ist entweder 0 oder 1. Quanteninformation hingegen verhält sich anders – ein sogenanntes Qubit kann gleichzeitig die Zustände 0 und 1 repräsentieren. In dieser Eigenschaft liegt das große Potenzial der Quanteninformationstechnologie: Sie verspricht schnellere Berechnungen und sicherere Kommunikation.
Ein Beispiel für ein solches Quantenteilchen ist das Photon – die kleinste Energieeinheit des Lichts. Photonen eignen sich ideal für die Informationsübertragung: Sie bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit, können weite Strecken zurücklegen und Quanteninformation gut speichern. Die moderne digitale Kommunikation nutzt bereits Licht, um Daten über Glasfaserkabel zu übertragen. Doch obwohl es sich dabei ebenfalls um Photonen handelt, lässt sich diese Methode nicht einfach auf einzelne Photonen mit Quanteninformation übertragen. In heutigen Systemen wird Information durch viele Millionen Lichtteilchen gleichzeitig transportiert – der Verlust einzelner Teilchen spielt dabei keine große Rolle. Quanteninformation hingegen wird auf einzelne Photonen gespeichert. Geht ein Photon verloren, ist die Information vollständig zerstört. Deshalb ist die Quantenkommunikation über Glasfaserkabel auf etwa 150 Kilometer beschränkt – zu wenig, um ein globales Netzwerk wie das heutige Internet aufzubauen.
Eine Lösung liegt im Weltraum: Satelliten können in niedrigen Umlaufbahnen („Low-Earth Orbits“) relativ nahe an der Erdoberfläche kreisen und dabei mehrmals täglich mit verschiedenen Orten auf der Erde Quanteninformation austauschen. Der Verlust von Photonen, der dabei hauptsächlich durch die Erdatmosphäre verursacht wird, ist deutlich geringer als bei der Übertragung durch Glasfaserkabel.
Die gleichen Teleskope, die normalerweise für die Beobachtung von Himmelskörpern verwendet werden, eignen sich auch für die Quantenkommunikation mit Satelliten – denn in beiden Fällen geht es darum, Lichtteilchen einzufangen und wissenschaftlich zu analysieren.
Aus diesem Grund wird die optische Bodenstation Marietta Blau an der Universität Innsbruck von mehreren Fachrichtungen genutzt.
Institut für Experimentalphysik
Quantenschnittstellen
Quantenkommunikation bringt nicht nur Sicherheitsvorteile. Die Realisierung eines echten Quantennetzwerks ist von großem Interesse, denn Quantencomputer werden künftig eine zentrale Rolle in der Informationsverarbeitung spielen. Quantencomputer werden es in Zukunft ermöglichen, extrem komplexe Berechnungen durchzuführen – auch solche, die selbst mit Supercomputern, die heute noch nicht existieren, unmöglich wären. Um Quanteninformation zwischen verschiedenen Computern zu teilen, braucht es funktionierende Quantennetzwerke – und ebenso Schnittstellen zwischen Netzwerk und Quantencomputer. Diese sogenannten Quantenschnittstellen übersetzen Quanteninformation zwischen Photonen und anderen physikalischen Systemen, welche besser zur Datenverarbeitung geeignet sind – zum Beispiel gefangene Ionen in Laserfallen. Die Forschung in Innsbruck ist in diesem Bereich weltweit führend.
Die Kombination aus hochgelegenen Berggipfeln und der Nähe zu modernen Laboren macht die Bodenstation Marietta Blau einzigartig. Quantenschnittstellen erfordern derzeit noch eine hochentwickelte Laborinfrastruktur. Gleichzeitig funktionieren Quantenteleskope am besten an abgelegenen, licht-armen Orten in großer Höhe – möglichst nahe am Rand der Erdatmosphäre. Das Hafelekar bietet hier ideale Bedingungen: Trotz seiner exponierten Lage ist es nahe genug am Campus Technikstraße der Universität Innsbruck, um über Lichtfaserkabel verbunden zu werden. Dadurch ermöglicht der Standort nicht nur Forschung zur satellitengestützten Quantenkommunikation, sondern auch zu Quantenschnittstellen, die mit Satelliten gekoppelt werden können.
Namensgeberin Marietta Blau
Marietta Blau (1894–1970) war eine österreichische Physikerin und Pionierin der Kernphysik. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Hertha Wambacher entdeckte sie 1937 sogenannte „Zertrümmerungssterne“ – sternförmige Teilchenspuren, die durch Kernreaktionen kosmischer Strahlung entstehen.
Diese Entdeckung gelang ihr durch die Analyse von Fotoplatten, die in der Höhenstrahlungsstation am Hafelekar oberhalb von Innsbruck belichtet wurden. Die Messstation wurde 1931 auf Initiative des späteren Physik-Nobelpreisträgers Victor Franz Hess (Victor Franz Hess Messstation) eingerichtet. Sie ist heute als „Historic Site“ der European Physical Society anerkannt.
Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft musste Blau 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen. Sie emigrierte zunächst nach Norwegen, dann nach Mexiko und schließlich in die USA, wo sie ihre wissenschaftliche Arbeit fortsetzte. Trotz mehrerer Nominierungen für den Nobelpreis blieb ihr diese höchste Auszeichnung verwehrt. Erst Jahrzehnte später wurde ihr Beitrag zur Physik angemessen gewürdigt.
Die Entdeckung der „Zertrümmerungssterne“ am Hafelekar stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Erforschung der kosmischen Strahlung dar und verbindet Marietta Blau auf besondere Weise mit Innsbruck und seiner Universität.

Die Bodenstation
Die Marietta Blau Bodenstation verfügt über ein 1 Meter großes Spiegelteleskop, das sich nicht nur zur Beobachtung von fernen Himmelsobjekten eignet, sondern auch zum Senden und Empfangen von Quantensignalen in der Form einzelner Lichtteilchen von und zu Satelliten. Weil sich die Quanten-Satelliten sehr schnell über den Himmel bewegen, muss das Teleskop schnell und präzise ausgerichtet werden. Diese moderne optische Technologie eröffnet den Zugang zum Quanten-Internet.
Das Ritchey-Chrétien-Teleskop stammt von der Firma ASA Astrosysteme. Es verfügt über einen Primärspiegel mit einem Meter Durchmesser, der schnell genug bewegt werden kann, um Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn zu folgen.
Eckdaten des Teleskops
Ritchey-Chrétien-Teleskop der Firma ASA Astrosysteme
Spiegeldurchmesser: 1 Meter
Quarzglas-Optik
Alt-Az-Aufhängung
Gewicht: 1,2 Tonnen
Sichtfeld: 1,22 Grad
Satellitentracking: 20°-85°
Die Konstruktion für das Teleskop wurde von der Firma Innovametall gefertigt und am Hafelkar montiert. Die Planung und Bauleitung lag bei Architekturbüro schafferer – architektur und projektmanagement. Finanziert wurde die Errichtung der Bodenstation über die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG mit Mitteln des Next Generation EU-Programms.



