Panel 6: Nation und Kultur/Kultur und Nation

Alicia Victoria Martin Gomez, Lisa Wieland
Panel 6

Panel 6: Nation und Kultur/Kultur und Nation: die USA und Österreich, ca. 1890–1940

Donnerstag, 16. April 2020, 13.30 bis 15.00 Uhr, Virtueller Konferenzraum 2
Chair: Maria Wirth (Wien)

Marcus Gräser (Linz): Kulturnationalismus und universale Musiksprache: Aaron Copland, Ernst Krenek und American Music in den 1930er-/40er-Jahren

Daniel Hanglberger (Linz): “New Negro” Nationalism: Jim Crow, der “New Negro” und die Neujustierung kultureller Rassekonstruktionen in den USA (1890–1930)

Heidrun Zettelbauer (Graz): Sich der Nation ver|schreiben. Nation, Kultur, Geschlecht und Körper als Modi autobiografischer Kommunikation bei Edith Gräfin Salburg (1868–1943)

Abstracts

 

Kommentare

Mit einleitenden Worten von Chair Maria Wirth wurde im Rahmen des 1. Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetages 2020 das Panel 6 zum Thema „Nation und Kultur/Kultur und Nation: Die USA und Österreich, ca. 1890-1940“ und damit einhergehend eine Einführung in die unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu den Begriffen Kultur und Nationalismen eröffnet.

Den ersten Blickwinkel auf Kultur und Nationalismen erläuterte Marcus Gräser, der in seinem Vortrag Kulturnationalismus und universale Musiksprache: Aaron Copland, Ernst Krenek und American Music in den 1930er-/40er-Jahren den Begriff „cultural nationalism“ als identitätsstiftenden Diskurs ab den 1930er Jahren in Amerika definiert. Der „cultural nationalism“, so Gräser, wird als Idealtypus der amerikanischen Identität für einen internationalen Vergleich herangezogen, indem sich die Amerikaner als „das Andere“ in Bezug auf die europäische Kultur beschrieben. Für die Differenzierung zum Europäischen wurde die Kunst angeführt, die durch den mit dem „cultural nationalism“ einhergehenden veränderten Staat auch mehr und mehr ermöglicht wurde. So wurde die Kunst zum zentralen identitätsstiftenden sowie politischen Medium und der Komponist zum Akteur des amerikanischen Kulturnationalismus der 1930er Jahre.

Einen anderen Zugriff auf den Kulturbegriff bzw. den Begriff „Nationalismen“ erläuterte Daniel Hanglberger in seinem Vortrag “New Negro” Nationalism: Jim Crow, der “New Negro” und die Neujustierung kultureller Rassekonstruktionen in den USA (1890–1930). Kultur ist, nach Hanglberger, als Strukturmerkmal für die Entwicklung von Nationalismen zu sehen. Wurden Gruppierungen oder Personen aus dem gesellschaftlichen Bedeutungsgebiet ausgegrenzt oder spalteten sich diese ab, so entstanden neue Nationalismen. Um dieses Verständnis von Kultur näher darzulegen, zog er den schwarzen Nationalismus oder auch „New Negro“ nationalism heran. Als Gründe für die Entstehung der „New Negro“ Bewegung nannte Hanglberger die Verhärtung von Rassengrenzen, die Vernetzung und Zusammenschließung von afroamerikanischen Gruppierungen und die Aneignung einer globalen Perspektive.

Anhand des letzten Vortrages wechselte die Perspektive auf die Kultur erneut – von der amerikanischen zur österreichischen und von der kollektiven zur individuellen Kultur. Heidrun Zettelbauer legte in ihrem Vortrag Sich der Nation ver|schreiben. Nation, Kultur, Geschlecht und Körper als Modi autobiografischer Kommunikation bei Edith Gräfin Salburg (1868–1943) dar, wie in autobiographischen Werken ein Nationenbezug konstruiert wurde. Sie sprach davon, dass das Verständnis von einer Nation bzw. einer Kultur meist homogen sei, diese Homogenität aber meist künstlich geschaffen werden müsse. Im Fall der Autorin Edith Gräfin Salburg sprach sie von einer Verschreibung zur deutschnationalen Kultur und der deutschen Sprache.

Durch die Auseinandersetzung mit diesen drei Vorträgen wird bewusst, wie intensiv man sich in der wissenschaftlichen Arbeit auch mit Begriffen und Definitionen beschäftigen muss, um die Vergangenheit für die Gegenwart verständlich zu machen. Für mich als zukünftige Lehrperson bedeutet dies, dass ich mit Begriffen und Konzepten im Unterricht sorgsam und reflektiert umgehen muss und den Schüler*innen auch unterschiedliche Perspektiven auf Themen aufzeigen sollte, da so das Geschichtsbewusstsein auf mehreren Ebenen gefördert wird. Ein weiterer interessanter Aspekt war, dass das Nationalbewusstsein von mehreren Faktoren abhängt als nur vom nationalen Raum oder der gemeinsamen Sprache. So kann das Nationalbewusstsein meiner zukünftigen Schüler*innen auf Basis des Migrationshintergrundes, aber auch in Bezug auf die eigene Identitätszuschreibung unterschiedliche Ausformungen zeigen.

(Alicia Victoria Martin Gomez)

 

Das Panel 6 des 13. Österreichischen Zeitgeschichtetags 2020 hatte den Titel „Nation und Kultur/Kultur und Nation: die USA und Österreich, ca. 1890–1940“. Zentrale Frage war, wie der Titel schon sagt, das Spannungsverhältnis von Nation und Kultur in den USA und Österreich. Den Chair des Panels hatte Maria Wirth von der Universität Wien inne. Innerhalb des Panels gab es drei verschiedene Vorträge, zum einen gehalten von Marcus Gräser, Vorstand des Instituts für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der JKU Linz, Daniel Hanglberger, ebenfalls von der Universität Linz, und zum anderen Heidrun Zettelbauer von der Universität Graz.

Im Vortrag von Marcus Gräser ging es um den Kulturnationalismus und die universale Musiksprache. Hierbei ging er näher auf den Komponisten Aaron Copland, Ernst Krenek und American Music in den 1930er/40er Jahren ein. Daniel Hanglbergers Vortrag trug den Namen „‘New Negro‘ Nationalism: Jim Crow, der ‘New Negro‘ und die Neujustierung kultureller Rassekonstruktionen in den USA (1890–1930)“. Zu guter Letzt referierte Heidrun Zettelbauer über das Thema „Sich der Nation ver|schreiben. Nation, Kultur, Geschlecht und Körper als Modi autobiografischer Kommunikation bei Edith Gräfin Salburg (1868–1943)“.

Generell hat der Kultur- und Nationenbegriff einen besonderen Nutzen in der Bildung. Besonders im Hinblick auf die gegenwärtige Migrationsfrage wird der „New Negro“ Nationalism zu einem immer wichtiger werdenden Aspekt in unserer Gesellschaft und fließt somit auch in Studium, Ausbildung und berufliche Zukunft ein. Hanglberger definierte den „New Negro“ in seinem Vortrag als neue Selbstwahrnehmung der Amerikaner bzw. als eigene Form afroamerikanischer Kultur. Es gehe darum, dass sich Afroamerikaner nicht mehr untergeordnet fühlen, sondern gleichwertig gegenüber der „weißen“ Bevölkerung seien. Dies ist ein sehr relevanter Aspekt für die heutige Bildung.

Durch den Kontext des Nationalismus kommt der Begriff Rassismus auf, der wiederum im Kontext der Migration genannt wird. Nationalismus wird definiert als „übersteigertes Nationalbewusstsein“, was bedeutet, dass man sich als Nation in einem gewissen Sinne „besser“ fühlt als andere. Aus diesem Gedanken entsteht oft rassistisches Denken. Durch Migration kommt man in Kontakt mit „fremden“ Völkern und deren Kulturen – diese werden dann oft als minderwertig angesehen, da sie nicht zur eigenen Nation gehören – hier entsteht wiederum Rassismus. Dieser Aspekt wird in heutiger Zeit durch die Migrationsströme immer relevanter; hierbei ist es wichtig sich Situationen aus der Vergangenheit anzusehen, um „von der Geschichte zu lernen“. Wenn man Ursache und Wirkung von bestimmten Ereignissen aus der Vergangenheit genauer untersucht, kann man sehen, was in der Vergangenheit „falsch“ gemacht wurde, warum es zu Kriegen und Verfolgungen kam und wie man solche in der Zukunft vermeiden kann.

(Lisa Wieland)

 

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