Die Feier der heiligen Maria Magdalena:
Erhebung zum Fest im Allgemeinen Römischen Kalender
Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
DEKRET

(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 69 vom 1. September 2016, II. 3., S. 10–13)

Die erste Zeugin der Auferstehung des Herrn und die erste Evangelistin, die heilige Maria Magdalena, wurde von der Kirche im Westen und im Osten immer mit höchster Ehrfurcht geachtet, wenn sie auch auf verschiedene Weise verehrt wurde.

Da die Kirche zu unseren Zeiten berufen ist, eindringlicher über die Würde der Frau, über die Neuevangelisierung und über die Fülle des Geheimnisses der Barmherzigkeit nachzudenken, schien es gut, den Gläubigen das Beispiel der heiligen Maria Magdalena noch besser vor Augen zu stellen. Diese Frau nämlich wird als diejenige anerkannt, die Christus geliebt hat und von ihm am meisten geliebt wurde. Vom heiligen Gregor dem Großen wurde sie „Zeugin der göttlichen Barmherzigkeit“ genannt, vom heiligen Thomas von Aquin „Apostolin der Apostel“; von den Gläubigen unserer Tage kann sie als Beispiel für den Dienst der Frauen in der Kirche entdeckt werden.

Daher hat Papst Franziskus beschlossen, dass die liturgische Feier der heiligen Maria Magdalena im Römischen Generalkalender im Range eines Festes statt, wie es bisher üblich ist, im Range eines Gedenktages aufgeführt werden muss.

Der neue Rang der liturgischen Feier ist nicht mit einer Veränderung hinsichtlich des Tages verbunden, an dem die Feier begangen werden muss, und vorderhand auch nicht hinsichtlich der Texte im Messbuch oder im Stundengebet, die verwendet werden sollen. Das heißt:

a.) der Tag, der der Feier der heiligen Maria Magdalena geweiht ist, bleibt genau der, der jetzt im Römischen Kalender verzeichnet ist, nämlich der 22. Juli;

b.) Die Texte, die bei der Messfeier und im Stundengebet anzuwenden sind, bleiben vorderhand jene, die im Messbuch und im Stundengebet an dem festgelegten Tag zu finden sind, abgesehen von einer eigenen Präfation, die im Messbuch hinzugefügt wird und diesem Dekret angefügt ist. Es ist Aufgabe der Bischofskonferenzen, den Text der Präfation in die jeweilige Landessprache zu übersetzen, damit sie nach vorheriger Rekognition durch den Apostolischen Stuhl verwendet werden kann und zu gegebener Zeit in die nächste Auflage des eigenen Römischen Messbuchs eingefügt wird.

Wo die heilige Maria Magdalena nach den Normen des Partikularrechts an einem anderen Tag oder in einem anderen Rang gefeiert wird, soll sie auch künftig an demselben Tag und in dem gleichen Rang wie vorher gefeiert werden.

Ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen.

Aus der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung am 3. Juni 2016, dem Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu

Robert Card. Sarah Präfekt

+ Arthur Roche Erzbischof-Sekretär

ANHANG ZUM DEKRET:

Präfation: Apostolin der Apostel

(Præfatio: de apostolorum apostola)

Vere dignum et iustum est, æquum et salutáre, nos te, Pater omnípotens, cuius non minor est misericórdia quam potéstas, in ómnibus prædicáre per Christum Dóminum nostrum.

Qui in hortu maniféstus appáruit Maríæ Magdalénæ, quippe quae eum diléxerat vivéntem, in cruce víderat moriéntem, quæsíerat in sepúlcro iacéntem, ac prima adoráverat a mórtuis resurgéntem, et eam apostolátus offício coram apóstolis honorávit ut bonum novæ vitæ núntiumad mundi fines perveníret.

Unde et nos, Dómine, cum Angelis et Sanctis univérsis tibi confitémur, in exsultatióne dicéntes: Sanctus, Sanctus, Sanctus Dóminus Deus Sábaoth…

Begleitschreiben von Erzbischof Arthur

Roche: „APOSTOLORUM APOSTOLA“

Auf ausdrücklichen Wunsch des Heiligen Vaters Franziskus hat die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung mit Datum vom 3. Juni 2016, dem Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, ein neues Dekret veröffentlicht, mit dem die Feier der heiligen Maria Magdalena, die bisher im Römischen Generalkalender als Gedenktag verzeichnet war, in den Rang eines Festes erhoben wurde.

Diese Entscheidung fügt sich ein in den gegenwärtigen Kontext der Kirche, in dem sie tiefer nachdenken möchte über die Würde der Frau, die Neuevangelisierung und die Größe des Geheimnisses der göttlichen Barmherzigkeit. Es war der heilige Johannes Paul II., der nicht nur der Bedeutung der Frauen in der Sendung Christi selbst und der Kirche große Aufmerksamkeit gewidmet hat, sondern auch, und mit besonderem Nachdruck, der besonderen Rolle Maria Magdalenas als Erstzeugin, die den Auferstandenen gesehen hat, und als erste Botin, die die Auferstehung des Herrn den Aposteln verkündete (vgl. Mulieris dignitatem, Nr. 16). Diese Bedeutung setzt sich heute in der Kirche fort, wie etwa die gegenwärtige Bemühung um eine Neuevangelisierung zeigt, die alle Männer und Frauen aus allen Stämmen und Völkern, Sprachen und Nationen aufnehmen will (vgl. Offb 5,9), ohne irgendeinen Unterschied zu machen, um ihnen die gute Nachricht des Evangeliums Jesu Christi zu verkünden, sie auf ihrem irdischen Pilgerweg zu begleiten und ihnen die Großtaten der göttlichen Erlösung zu bringen.

Die heilige Maria Magdalena ist das Beispiel einer wahren und authentischen Verkündigerin der Frohen Botschaft, einer Evangelistin, die die frohmachende, zentrale Botschaft von Ostern verkündet (vgl. Tagesgebet vom 22. Juli und die neue Präfation).

Der Heilige Vater Franziskus hat diese Entscheidung genau im Kontext des Jubiläums der Barmherzigkeit getroffen, um die Bedeutsamkeit dieser Frau herauszustellen, die Christus gegenüber eine große Liebe gezeigt hat und von Christus so sehr geliebt wurde, wie es bestätigen Rhabanus Maurus, wenn er von ihr spricht („dilectrix Christi et a Christo plurimum dilecta“: De vita beatae Mariae Magdalenae, Prologus), und der heilige Anselm von Canterbury („electa dilectrix et dilecta electrix Dei“: Oratio LXXIII ad sanctam Mariam Magdalenam). Es ist wahr, dass die kirchliche Tradition im Westen, vor allem nach dem heiligen Gregor dem Großen, Maria Magdalena, die Frau, die das wohlriechende Öl im Hause Simons, des Pharisäers vergoss, und die Schwester von Lazarus und Marta in einer einzigen Person identifiziert. Diese Interpretation setzte sich fort und beeinflusste die westlichen Kirchenschriftsteller, die christliche Kunst und die liturgischen Texte, die sich auf die Heilige beziehen. Die Bollandisten haben das Problem der Identifikation der drei Frauen breit ausgeführt und haben den Weg bereitet für die liturgische Reform des Römischen Kalenders. Mit der Umsetzung dieser Reform beziehen sich die Texte des Missale Romanum, der Liturgia Horarum und des Martyrologiums nun auf Maria Magdalena. Sicher ist, dass Maria Magdalena der Gruppe der Jüngerinnen Jesu angehörte, bei ihm unter dem Kreuz stand und im Garten, wo sich das Grab befand, die erste „testis divinae misericordiae“ war (Gregor der Große, XL Hom. in Evangelia, lib. II, Hom. 25,10). Das Johannesevangelium berichtet, dass Maria von Magdala weinte, weil sie den Leib des Herrn nicht gefunden hatte (vgl. Joh 20,11); und Jesus hatte Erbarmen mit ihr, als er sich als ihr Meister zu erkennen gab und ihre Tränen in Osterfreude verwandelte.

Ich nutze diesen willkommenen Umstand, um zwei Gedanken zu unterstreichen, die in den biblischen und liturgischen Texten dieses neuen Festes enthalten sind und die uns helfen können, die heutige Bedeutung dieser heiligen Frau besser zu erfassen.

Auf der einen Seite hat sie die Ehre, die erste Zeugin („prima testis“) der Auferstehung des Herrn zu sein (Hymnus. Ad Laudes Matutinas), die erste, die das leere Grab gesehen hat, und die erste, die die Wahrheit von seiner Auferstehung gehört hat. Christus hat für diese Frau besondere Aufmerksamkeit, besonderes Erbarmen mit ihr, die ihre Liebe für Ihn dadurch zeigt, dass sie ihn im Garten bedrückt und schmerzerfüllt sucht, nicht ohne „lacrimas humilitatis“, wie der heilige Anselm in dem erwähnten Gebet sagt.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Kontrast zwischen den beiden Frauen, die im Paradiesgarten und im Auferstehungsgarten waren, hinweisen. Die erste verbreitete Tod, wo Leben war, die zweite verkündigte das Leben aus einem Grab, dem Ort des Todes. So stellt es Gregor der Große heraus: „Quia in paradiso mulier viro propinavit mortem, a sepulcro mulier viris annunciat vitam“ (XL Hom. in Evangelia, lib. II, Hom. 25). Ja, mehr noch: Es ist präzise im Auferstehungsgarten, da der Herr zu Maria Magdalena sagt „Noli me tangere“. Das ist eine Einladung, die sich nicht nur an Maria Magdalena richtet, sondern auch an die ganze Kirche, dass sie eintrete in eine Glaubenserfahrung, die jede materialistische Aneignung und rein menschliches Ergreifen des göttlichen Geheimnisses übersteigt. Das ist ein ekklesiales Moment! Und es ist eine gute Lektion für jeden Jünger Jesu Christi: nicht menschliche Sicherheiten suchen und Titel dieser Welt, sondern Glauben an Christus, den Lebenden und Auferstandenen!

Eben weil sie Augenzeugin des auferstandenen Christus war, war sie auf der andern Seite auch die erste, die vor den Aposteln Zeugnis für ihn abgelegt hat. Sie erfüllt den Auftrag des Auferstandenen: „Geh aber zu meinen Brüdern, und sag ihnen: … Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.“ (Joh 20,17–18) Damit wird sie, wie wir schon gesagt haben, zur Evangelistin, das heißt, zur Botin, die die gute Nachricht von der Auferstehung des Herrn verkündet; oder, wie es Rhabanus Maurus und der heilige Thomas von Aquin sagten, zur „apostolorum apostola“, weil sie den Aposteln das verkündigt, was diese dann ihrerseits in der ganzen Welt verkünden werden (Rhabanus Maurus, De vita beatae Mariae Magdalenae, c. CCVII; Hl. Thomas von Aquin, In Ioannem Evangelistam expositio, c. XX, L. III, 6). Zu Recht verwendet der Doctor Angelicus diesen Ausdruck: Sie ist Zeugin des auferstandenen Christus und verkündet die Botschaft von der Auferstehung des Herrn wie die übrigen Apostel. Daher ist es richtig, dass die liturgische Feier dieser Frau denselben Grad eines Festes erhält, den die Apostelfeiern im Römischen Generalkalender erhalten haben, und dass die besondere Sendung dieser Frau herausgearbeitet werde, die Beispiel und Modell für jede Frau in der Kirche ist.

+ Arthur Roche

Erzbischof – Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung

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