Dekret über die katholisch-theologischen Fakultäten in den staatlichen Universitäten im Bereich der Österreichischen Bischofskonferenz

zur ordnungsgemäßen Anpassung und Anwendung der Vorschriften der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ und der ihr beigefügten „Ordinationes“

Kongregation für das katholische Bildungswesen (Nr. 95/80)

(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 2, 1. Juni 1984, 31.)

Einleitung

Mit der Apostolischen Konstitution Papst Johannes Pauls II., „Sapientia Christiana“, vom 15. April 1979 (AAS 71, 1979, 469–499) und den ihr beigefügten „Ordinationes“ dieser Kongregation vom 29. April 1979 (AAS 71, 1979, 500–521) ist ein neues gesamtkirchliches Hochschulgesetz erlassen worden.

Es gilt für alle vom Apostolischen Stuhl kanonisch errichteten oder anerkannten Universitäten und Fakultäten, die Theologie und theologieverbundene Wissenschaften pflegen und das Recht besitzen, in der Autorität des Apostolischen Stuhls akademische Grade zu verleihen (Const. Art. 2; Ord. Art. 1). Die Normen treten an die Stelle der Apostolischen Konstitution Papst Pius’ XI., „Deus scientiarum Dominus“ vom 24. Mai 1931 (AAS 23, 1931, 241–262) und der „Ordinationes“ der Kongregation für die Seminare und Universitäten vom 12. Juni 1931 (AAS 23, 1931, 263–284) sowie der von dieser Kongregation am 20. Mai 1968 erlassenen „Normae quaedam“, die damit aufgehoben sind. Die in den staatlichen Universitäten im Bereich der Österreichischen Bischofskonferenz bestehenden Katholisch-Theologischen Fakultäten zählen zu den vom Apostolischen Stuhl anerkannten Kirchlichen Fakultäten mit dem Recht, die akademischen Grade mit kanonischer Wirkung in der Autorität des Apostolischen Stuhls zu verleihen (Const. Art. 6). Daher müssen sie die Vorschriften der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ und der ihr beigefügten „Ordinationes“ unter Berücksichtigung des vom ApostoIischen Stuhl mit der österreichischen staatlichen Autorität geschlossenen Konkordates beachten (Const. Art. 8).

Hieraus folgt, dass sich das Verhältnis der vorgenannten Fakultäten zu den kirchlichen Autoritäten sowohl nach den besonderen konkordatären Bestimmungen richtet als auch – ohne Beeinträchtigung des Status, der sich aus ihrer Zugehörigkeit zu staatlichen Universitäten ergibt – nach den vom Apostolischen Stuhl für die Kirchlichen Fakultäten erlassenen Normen, die kraft ihrer selbst wie kraft des vereinbarten Rechts durchzuführen sind (vgl. Konkordat mit der Österreichischen Republik vom 5. Juni 1933, Art. V, besonders § 1 Abs. 3 samt dem Zusatzprotokoll zu Art. V § I Abs. 3). Konkordatäre Bestimmungen aber sind nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz so mit den anderen Gesetzen der Kirche verbunden, dass sie diese nur außer Kraft setzen oder abändern, sofern sie mit diesen nicht in Einklang gebracht werden können.

Aus diesen Erwagungen erlässt die Kongregation für das Katholische Bildungswesen, nach eingehender Beratung mit der Österreichischen Bischofskonferenz und nach Anhören des Rates für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche, zur besseren Anpassung erlassener Normen der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ und der ihr beigefügten „Ordinationes“ an diese Theologischen Fakultäten – damit die neu in der Kirche eingeführte Ordnung für die Hochschulstudien auch in ihnen zu einem fruchtbaren Ergebnis führt – dieses Dekret, dessen Bestimmungen sie ordnungsgemäß einzuhalten vorschreibt.

I. Der Magnus Cancellarius

1 a) Das Amt des Magnus Cancellarius wird, auch wenn diese Bezeichnung nicht verwendet werden kann, vom Ortsordinarius wahrgenommen, wenn nicht etwas anderes bei der Gründung der Fakultät vorgesehen und vom Hl. Stuhl approbiert wurde.

b) Seine Aufgabe ist es, Leben, Tätigkeit und Einheit der Fakultät zu fördern (vgl. Ord. Art. 8) und deren Verbindung mit der Teilkirche und der Gesamtkirche zu pflegen (vgl. Const. Art. 12).

c) Insbesondere obliegt ihm:

  1. das „Nihil obstat“, d. h. die Missio Canonica, die zur Ausübung des Professorenamtes oder jedweder Lehrtätigkeit erforderlich ist, nach Norm des Konkordatsrechtes zu erteilen oder zu widerrufen;
  2. Sorge zu tragen für alles, was die Einhaltung der kirchlichen Normen anlangt, vor allem hinsichtlich der Lehre, der Moral und der Disziplin der Kirche wie auch hinsichtlich der Ordnung der Studien, der Organisation der Disziplinen und der Lehrmethoden;
  3. die Zustimmung zu erteilen zu den Studien- und Prüfungsordnungen gemäß Nr. 12 und Nr. 13;
  4. den Apostolischen Stuhl über die wichtigeren, die Fakultät betreffenden Ereignisse zu informieren und ihm alle drei Jahre einen detaillierten Bericht über den Stand der Fakultät vorzulegen (Ord. Art. 8 Nr. 6). -

II Die Bischofskonferenz

2. Da es Aufgabe der Bischofskonferenz ist, Leben und Fortschritt der Kirchlichen Fakultäten angesichts ihrer besonderen kirchlichen Bedeutung angelegentlich zu verfolgen (vgl. Const. Art. 4), muss die Österreichische Bischofskonferenz zusammen Ortsordinarius und dem Apostolischen Stuhl besorgt sein vor allem um die Kirchlichkeit der österreichischen Fakultäten, um ihre Treue gegenüber der Lehre der Kirche wie auch um all das, was in Art 5 der „Ordinationes“ vorgeschrieben ist.

III. Wesen und Leitung der Fakultäten

3 a) Unbeschadet der Bestimmungen der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ über Wesen und Aufgabe einer Fakultät, wird die Leitung der Theologischen Fakultät hinsichtlich der Administration wie auch hinsichtlich des Status der Dozenten nach den weltlichen Normen und nach den Satzungen der Universität geordnet, sofern nicht das Konkordatsrecht etwas anderes bestimmt. Aufgabe des Dekans ist es, zusammen mit dem Fakultätsrat die Tätigkeit der Fakultät, besonders die Studien betreffend, zu fördern und zu koordinieren (vgl. Ord. Art. 15).

b) Die Dozenten sollen sich stets durch vorbildliches Leben, Echtheit der Lehre und Pflichtbewusstsein auszeichnen; sie sollen sich dessen bewusst sein, dass die ihnen eigene Aufgabe in voller Gemeinschaft mit dem authentischen Lehramt der Kirche und vor allem des Papstes ausgeübt werden muss (vgl. Const. Art. 26).

4. Jede Fakultät muss durch den Ortsordinarius dem Apostolischen Stuhl ein Dokument vorlegen, aus dem hervorgeht, wie sie die Normen der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ und der ihr beigefügten „Ordinationes“ unter Beachtung der Bestimmungen dieses Dekrets verwirklicht.

IV. Die Dozenten

5. Die Professoren und die anderen in der Lehre Tätigen werden nach den von der staatlichen Autorität erlassenen Gesetzen und nach den Satzungen der Universität ernannt. Sie alle bedürfen der Missio Canonica und müssen das Glaubensbekenntnis ablegen (Const. Art. 27 Par. 1). Die Missio Canonica, d. h. das „Nihil obstat“, erteilt oder widerruft der Ortsordinarius (vgl. Nr. 1, c, 1.) nach Norm des Konkordatsrechts.

6. Das „Nihil obstat“ des Ortsordinarius beinhaltet zugleich die Erklärung, dass der Professor oder der in der Lehre Tätige Mitglied der Fakultät werden kann. Der Entzug der Missio Canonica, d. h. des „Nihil obstat“, bedeutet, dass der Professor oder der in der Lehre Tätige nicht mehr Mitglied der betreffenden Fakultät bleiben kann.

7. Der Ortsordinarius wird das „Nihil obstat“ (Nr. 5) für Professoren, die auf Lebenszeit ernannt werden sollen, erst erteilen, wenn er die in Art. 27 Par. 2 der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ vorgeschriebene Erklärung erhalten hat.

8 Zur Ausübung des Professorenamtes oder jedweder Lehrtätigkeit in den theologischen Disziplinen, d. h. in den theologischen Hauptfächern mit einem von der kirchlichen Autorität anerkannten Abschlussexamen abgeschlossen hat (vgl. Const Art. 41 Par 1 und Art 72 Buchst. a ; und Ord. Art. 51 ) unbeschadet des nach Art. 25 Par. 1 Nr. 2 der Apostolischen Constitution „Sapientia christiana“ und nach Art. 17 der „Ordinationes“ geforderten entsprechenden Doktorats.

9. Hinsichtlich der Dozenten, die Laien sind, sind die von der Österreichischen Bischofskonferenz erlassenen Normen einzuhalten.

V. Die Studierenden

10. Für die Studierenden gelten die von den staatlichen und universitären Autoritäten erlassenen Normen, wobei die kirchlichen Normen nicht unbeachtet bleiben dürfen: Den Fakultäten steht es zu, in den Studien- und Prüfungsordnungen außer der in Art. 24 Par. 3 der „Ordinationes“ vorgeschriebenen Kenntnis der lateinischen Sprache auch die Kenntnis der griechischen und hebräischen Sprache zu fordern (Const. Art. 32 Par. 2). Die geforderten Sprachkenntnisse sind, wenn möglich, schon vor Beginn des Studienganges oder vor Beginn des vierten (Fach-)Semesters nachzuweisen. Aus diesem Grund kann sich das Studium der Theologie im ersten Studiengang, das sich über eine (Mindest-)Studienzeit von fünf Jahren, d. h. zehn Semestern, erstreckt (Const. Art. 72 Buchst. a), verlängern.

11. Der Ortsordinarius soll zusammen mit dem Dekan und den Dozenten dafür sorgen, dass die Tätigkeit der Fakultät den Erfordernissen der Studierenden entspricht, die den geistlichen Stand anstreben.

VI. Die Ordnung der Studien

12. Für die Ordnung der Studien gelten außer den Normen der Apostolischen Konstitution „Sapientia Christiana“ und der ihr beigefügten „Ordinationes“ und den Normen dieses Dekrets auch die von der Österreichischen Bischofskonferenz mit Approbation des Apostolischen Stuhls erlassenen Bestimmungen, insbesondere das österreichische Rahmenstatut der Priesterbildung, sowie das vom Ortsordinarius erlassene Diözesangesetz über die Ausbildung der Kleriker. Die Studienordnung der Fakultät bedarf der Zustimmung des Ortsordinarius oder der Bischofskonferenz.

13. Die Prüfungsordnung der Fakultät bedarf der Zustimmung des Ortsordinarius oder der Bischofskonferenz.

14. Der Ortsordinarius oder die Bischofskonferenz soll die in Nr. 12 und Nr. 13 genannte Zustimmung erst nach vorheriger Einholung des Urteils des Apostolischen Stuhles erteilen.

15. Wenn Studierende für einige Semester eine andere Fakultät besuchen, die eine abweichende Vorlesungsordnung hat, muss dafür gesorgt werden, dass ihr Abschlussexamen den ganzen, nach der Studienordnung der eigenen Fakultät geforderten Studienstoff umfasst.

VII. Die akademischen Grade.

16. Die Fakultäten können akademische Grade, die kanonische Wirkungen haben, nur verleihen, wenn sie vom Apostolischen Stuhl anerkannt sind (Const. Art. 6).

17. Der Studiengang, durch den während fünf Jahren eine allgemeine und zusammenhängende Ausbildung in der systematischen Philosophie und in der ganzen Theologie vermittelt wird, wird abgeschlossen mit dem akademischen Grad „Magister der Theologie“.

18. Niemand darf zum Doktorat in Theologie zugelassen werden, bevor er nicht ein Abschlussexamen in allen theologischen Pflichtfächern (vgl. Ord. Art. 51) abgelegt hat, das den Anforderungen der Bestimmungen des österreichischen Rahmenstatuts der Priesterbildung der Österreichischen Bischofskonferenz entspricht, sofern sich nicht das Doktorexamen (Examen rigorosum) auf alle theologischen Pflichtfächer erstreckt. Ferner wird gefordert, dass der Bewerber nach Abschluss der sich über die ganze Theologie erstreckenden allgemeinen Ausbildung Lehrveranstaltungen besucht hat, die der Spezialisierung dienen.

19. Von Klerikern, Alumnen und Ordensleuten wird unter Berücksichtigung ihrer rechtlichen Beziehung zu ihrem Ordinarius für die Promotion zu einem akademischen Grad ein Zeugnis, d. h. eine Empfehlung des eigenen Ordinarius gefordert (vgl. Ord. Art. 24 Par. 1 Nr. 1).

20. Dieses Dekret tritt in Kraft am 1. November 1983.

Rom, am Sitz der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, am 1. November 1983.

William Card. Baum

Der Präfekt

Anton M. Javierre Ortas

Der Sekretär

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