Untersuchung zur Funktionalisierung der chinesischen emanzipatorischen Frauenbildern in der Weimarer Klassik - Unter besonderer Berücksichtigung der Frauenfiguren bei Schiller und Goethe

Xinsheng Cui

 

In der deutschsprachigen Literatur lässt sich auf eine lange Geschichte zum Chinabild zurückblicken. Das lobende oder abschätzige Chinabild, welches eng mit dem eigenen Geschmack des deutschen Autors und den historischen Gegebenheiten der jeweiligen Epoche zusammenhängt, spielt eine wichtige Rolle für deutsche Literaturkreise. Insbesondere die zu beobachtende Identifizierung des chinesischen Frauenbildes in der westlichen Literatur ist jedoch ein Hinweis darauf, dass das chinesische Frauenbild stets sowohl als Objekt der Beherrschung, aber auch als unkontrollierbares und bedrohliches Objekt der Begierde, als dem aufgeklärten Intellekt zugängliches Objekt wissenschaftlicher Erkenntnis wie auch als undurchschaubar und verwirrend wahrgenommen wurde.

Gegenstand meiner Dissertationsarbeit ist die Funktion der chinesischen Frauenbilder in der deutschsprachigen Literatur um 1800. Das Untersuchungsobjekt ist das chinesische Frauenbild bei Johann Christoph Friedrich Schillers Drama „Turandot, Prinzessin von China“ (1801) und Wolfgang von Goethes Gedicht „Chinesisches“ (1827)

Um 1800, als Reaktion auf politische, gesellschaftliche und weltanschauliche Umbrüche der Jahrhundertwende, entwickelt sich im deutschsprachigen Literaturkreis das Chinabild und nimmt an Komplikation deutlich zu, was nicht nur als Kuriosität und Exotismus – etwa in den spielerischen Chinoiserien des Rokokos – sondern auch als Spiegel des Westens gesehen werden kann: Im Spiegel des Fremden wird das Eigene wahrgenommen.

Schiller und Goethe bewegten sich mit ihren chinesischen Projekten Richtung Orient weitgehend im Rahmen der Aufklärung, durch die Schilderung der emanzipatorischen Chinesin präsentierten sie eine Befreiungsbehauptung konventioneller Ideen. Die Versuche von Schiller und Goethe, begrenzte Quellen der Chinakenntnisse zu verbinden und zeitgenössischen Bedürfnissen nach einer neuen Form von Fremdbild zu begegnen, ist der Untersuchungsgegenstand dieser Dissertation. Dieser Aspekt ist meines Erachtens bislang noch wenig berücksichtigt worden.

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