Innsbrucker Theologische Sommertage

InTheSo 2001

Der unbequeme Gott

Montag, 3., bis Mittwoch, 5. September 2001

Cover tt 11 Der unbequeme Gott

Das Christentum gilt allgemein als Religion mit dem Anspruch von Harmonie und Friede. Gottesbilder und Kirchenkonzepte, die Konfrontation, Streit und Konflikt beinhalten, scheinen damit nicht vereinbar zu sein. Die biblische und kirchliche Tradition zeigt ein anderes, nicht so eindeutiges Bild. Friede und Heil sind dabei meist das Resultat einer mühsamen Geschichte mit Ecken und Kanten, Zorn und Gewalt, Ansprüchen und Forderungen. Der Friede Gottes ist oft bis zur Schrecklichkeit unbequem.

Die Versuchung, Gottesbeziehung als bequeme Oase und Kirche als heile Welt zu verstehen, muss deshalb aus christlich-theologischer Perspektive kritisch beleuchtet werden.

Allgemeine Informationen: Leitidee der Innsbrucker Theologischen Sommertage

Zur Buchpublikation

Programm

Montag, 3. September

14.30 Eröffnung

14.45 – 16.15
a.o. Univ.-Prof. Dr. Robert Oberforcher: Gott in Opposition. Prophetisches Ringen um Humanität und Menschenwürde

16.30 – 18.00
Univ.-Prof. Dr. Martin Hasitschka: Droh- und Endzeitworte Jesu

20.00 – 22.00
Univ.-Ass. Dr. Willibald Sandler: „Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“. Gratwanderungen zwischen dem liebenden und dem zornigen Gott.

Dienstag, 4. September

9.00 – 10.30
Vertr.-Ass. Mag. Johannes Panhofer:  Ruhekissen Pfarrgemeinde – Glauben zwischen Kuschelecke und Exodus?

11.00 – 12.30
Mag. Martha Müller: Die Clownin – ein unbequemes Gottesbild für Frauen

14.30 – 18.00
Univ.-Ass. Dr. Dietmar Regensburger: Braucht Gott oder brauchen wir Menschen Opfer? Der Umgang mit Krankheit, Leid und Tod anhand von Lars von Triers Film „BREAKING THE WAVES“. Filmvorführung mit Impulsreferat

20.00 – 22.00
Univ.-Prof. Dr. George Vass:  Dominus Jesus. Die „Relativität“ der christlichen Wahrheit?

Mittwoch, 5. September

9.00 – 10.30
Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Rees:  Vom unbequemen Gott zur unbequemen Kirche. Bergpredigt contra kirchliches Strafrecht?

11.00 – 12.30
Univ.-Ass. Mag. Nikolaus Wandinger: Wie unbequem ist Gott? oder Wie ist Gott unbequem? Überlegungen zu Gottesbild, Kreuz und Nachfolge

Veranstaltungsort

Die Veranstaltung findet im Seminarraum IV der Theologischen Fakultät, Karl-Rahner-Platz 1, Erdgeschoss statt.

Freier Eintritt!

Gefördert durch die Universität Innsbruck und den Forschungsförderungsfond der Hypo Tirol Bank.

 

Kurzbeschreibungen

Die letzte der großen Reden Jesu im Matthäusevangelium, die sog. Ölbergpredigt (Mt 24-25), zeigt in beispielhafter Weise die Bedeutung der Droh- und Endzeitworte Jesu im Gesamtzusammenhang seiner Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes. Das Referat wird den Gesamtaufbau dieser Rede skizzieren und versuchen, ausgewählte Textabschnitte exegetisch und theologisch genauer zu interpretieren.

Immer wieder ist leidenden Menschen das Bild Gottes zerbrochen. Manchem zerspaltete es sich in ein unwirklich-schönes Gottesantlitz und eine Teufelsfratze. Das Leid ist der Fels des Atheismus – und des Dualismus. Demgegenüber bemühten sich Bibel und kirchliche Tradition durchwegs, Gott als den liebenden und allmächtigen zu begreifen, auch wenn er voreilige Heilserwartungen immer wieder durchkreuzt. Gott erweist sich als unsagbares Geheimnis, das den in Sünde verstrickten Menschen als Zorn und Gericht erscheint, aber gerade so durch Abgründe hindurchträgt.
In einem Streifzug durch Bibel, kirchliche Lehrtradition, Theologie und Weltliteratur sollen Grenzbereiche sowie überraschende Überschneidungen zwischen Bildern des liebenden und des zornigen Gottes erkundet werden.

Die gegenwärtige Gesellschaft ist von gewaltigen Umbrüchen gekennzeichnet. Der zunehmenden Individualisierung der Lebensführung steht der Verlust traditioneller Sicherheiten in Familie, Beruf und Gesellschaft gegenüber (Stichwort: „Entbettung“). Mit dem Freiheitsgewinn und der Zunahme an Wahlmöglichkeiten steigt auch die Unübersichtlichkeit und das Gefühl der Unsicherheit. Dieser gesellschaftlich „verordnete“ Zwang zum „Basteln“ seiner Identität erfordert ein hohes Maß an Pluralitätskompetenz, sowie an Kommunikations- und Integrationsvermögen. Angesichts der persönlichen Anstrengung, die uns die moderne Welt abverlangt, wird das Verlangen nach einem „Ruhekissen“ verständlich.
Welche Rolle spielt in diesem postmodernen Drama die Pfarrgemeinde? Ist sie bergender Fluchtort, „eine feste Burg, die mich rettet“ (Ps 31,3) inmitten einer unübersichltich gewordenen Welt? Wird die konkrete Gemeinde inmitten der von Hektik und Orientierungslosigkeit geprägten modernen Welt zu einer Kuschelecke? Geht damit der herausrufende und herausfordernde Anspruch des Exodus-Gottes verloren? Darf die Gemeinde heute dieser berechtigten Sehnsucht vieler Menschen nach Heimat und Geborgenheit nachgeben und damit das Pilgersein als ein wesentliches Charakteristikum des Christseins aufs Spiel setzen? Und schließt sie dadurch nicht gerade jene Menschen aus, die auf der Suche und eben unterwegs sind?

1. Worunter leidet die Instruktion der Glaubenskongregation und Johannes Paul II: fides et ratio.
2. Die Vielschichtigkeit der Wahrheit in der Tradition und heute. Alhqeia der griechischen Philosophie stellt uns die Frage: Wie lässt sich der Begriff der Wahrheit zwischen Geschichte (Historie) und ewige Seinswahrheit gestalten? Während der erste eine gewisse Relativität mit sich bringt, befindet sich der zweite über die Zeit hinaus in dem logos des Ewig-Gültigen. Was bedeutet der Spruch Jesu in Jn. 14:6 (Ich bin die Wahrheit..) Wahrheit in der Christologie?
3. Die dogmatische Wahrheit und die Wahrheit der Religionen
4. Wahrheit und musthrion
5. Wahrheit und Gemeinschaft

Das AT kennt eine Vielfalt von Strafen, die das bisherige Gleichgewicht wiederherstellen oder einen Schuldigen aus der Gemeinschaft ausschließen sollen bzw. als Aufforderung zur Umkehr gedacht sind. Im NT weicht Strafe mehr und mehr der Versöhnung. Insbesondere schildert die Bergpredigt (Gewaltverzicht; Goldene Regel) wie die Verwirklichung der Gottesherrschaft aussieht. Bedarf es im Falle der Orientierung an der Bergpredigt überhaupt noch eines kirchlichen Strafrechts?
Und doch nimmt die Kirche für sich das Recht in Anspruch, straffällig gewordene Gläubige durch Strafmaßnahmen zurechtzuweisen (c. 1311 CIC/1983). Sind diese Strafen moderne Droh- und Endzeitworte? Kann ein kirchliches Strafrecht das Festhalten am Glauben und damit die Zugehörigkeit zur Kirche erzwingen angesichts der Forderung nach Religionsfreiheit? Kann es vor Menschenrechtsverletzungen schützen oder eine rechtverstandene Ökumene verhindern? Worin bestehen heute Sinn und Zweck eines kirchlichen Strafrechts? Ist es nur noch ein Diziplinierungsmittel gegen Kleriker, die in schwerer Weise gegen Amtspflichten bzw. die Lehre der Kirche verstoßen haben, oder ist es nicht auch ein „letztes Mittel der Liebe“ gegenüber allen Christgläubigen?

Eine Zeit lang war es Mode, Gott nur als lieb und nett, als ganz und gar nicht unbequem zu sehen. Jetzt will man auch seine unbequeme Seite wieder zur Sprache bringen. Aber ist das wieder nur eine Mode? Woran kann man sich orientieren bei der Frage, wie unbequem Gott ist und auf welche Weise er es ist? Gibt es Kriterien für ein rechtes Gottesbild und wie finden wir sie? Besonders unbequem wird uns Gott, wenn wir an Christi Kreuz denken und seine Aufforderung, dass seine Jünger und Jüngerinnen ihr Kreuz auf sich zu nehmen hätten wie er. Fordert Jesus da zu masochistischer Selbstablehnung auf oder kann man diesen Aufruf auch anders verstehen? Welche Hilfen gibt uns Christi Lebensweg für das Verständnis unseres Gottes und damit für den Weg unserer Nachfolge? In meiner Vorlesungen will ich dazu Anstöße geben, und diese dann in der Diskussion mit den Teilnehmenden weiter vertiefen.

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