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Messe gegen Entgelt? Historische und kirchenrechtliche Aspekte zum Messstipendium

Laut Codex Iuris Canonici von 1983 ist die Annahme eines Messstipendiums für die Zelebration einer Messe ein bewährter Brauch (vgl. c. 945 § 1). Somit ist in der Katholischen Kirche bis heute ein Usus vorherrschend, demzufolge Gläubige für die Teilnahme an der Eucharistie gleichsam ein Opfer hinzufügen, um so die Kirche in ihren Aufgaben zu unterstützen, in besonderer Weise für den Unterhalt der Priester Sorge zu tragen und in einem speziellen Anliegen Gnadengaben zu erbitten. Das Stipendium ist eigentlich eine spezielle Form von Almosen, das damit aber auch ein Teilen von Gütern bedeutet.

Es liegt im Ermessen des Priesters, für die Applikation einer Messe in einer bestimmten Intention ein Messstipendium anzunehmen. Obwohl Messstipendien im kirchlichen Gesetzbuch umfassend behandelt werden (vgl. cc. 945–958), sagt das nichts darüber aus, wie diese heute theologisch zu rechtfertigen sind. Das wäre allerdings insofern von Relevanz, als mit diesem Thema der Verdacht der Simonie allgegenwärtig ist.

Das Bild zeigt eine Eucharistiefeier, Geldscheine und Münzen.

Das Bild zeigt eine Eucharistiefeier, Geldscheine und Münzen.

Wenngleich die Kirche aufgrund biblischen Befunds stets bekräftigt, dass Christus für alle gestorben sei (vgl. 2 Kor 5,14f), womit das Erlösungswerk „ein für alle Mal“ (Hebr 10,10) vollzogen ist, stößt der Umstand, dass für die Feier der Eucharistie ein Entgelt entgegengenommen wird, nicht nur gläubige Katholik:innen, sondern vor allem der Kirche Fernstehende vor den Kopf. Das Thema Messstipendium, das durch verschiedene Äußerungen von Papst Franziskus (2013–2025) und der Römischen Kurie in der medialen Berichterstattung jüngst wieder für Aufsehen sorgte, ist bis heute mit offenen Fragen und Problemen theologischer wie kanonistischer Natur behaftet.

Forschungsanliegen

Das kirchliche Gesetzbuch sieht im Rahmen von Abgabenpflicht und Abgabenrecht neben Unterstützungen auch Steuern und Gebühren vor. Unter Letztere fallen die sog. Stolgebühren (vgl. c. 1264 n. 2), wozu unter anderem die Messstipendien gehören. Ziel der Dissertation ist es, die kirchenrechtlichen Bestimmungen zum Messstipendium herauszuarbeiten und seine Relevanz für unsere Zeit darzulegen.

Zunächst gilt es, nach einem historischen Abriss, die rechtsgeschichtliche Entwicklung, beginnend beim kirchlichen Gesetzbuch von 1917 bis heute, zu beleuchten. Neben dem CIC/1917 und dem CIC/1983 werden lehramtliche Schreiben, Rechtstexte und kirchenrechtliche Abhandlungen einer tiefergehenden Analyse unterzogen.

Die Arbeit möchte vor allem die Frage der Vereinbarkeit zwischen Sakramentenspendung und Entgegennahme eines festgelegten Geldbetrags für deren Vollzug in den Blick nehmen. Bei seinen Generalaudienzen kritisierte Papst Franziskus die jahrhundertealte Praxis der Messstipendien in der Katholischen Kirche nicht zum ersten Mal. In einer seiner Ansprachen hielt er fest, dass im Eucharistischen Hochgebet gleichsam niemand und nichts vergessen werde, sondern sowohl Lebende als auch Verstorbene mit hineingenommen würden. Auf die rhetorische Frage, wie viel bezahlt werden müsse, damit der Name der Betreffenden dort genannt wird, war die Antwort von Franziskus ein kategorisches „Nichts!“.

Das Dekret Secundum probatum und damit die letzte Verordnung im Pontifikat von Papst Franziskus, die am 20. April 2025 in Kraft trat, aktualisiert die Normen, führt Bestimmungen für „kollektive Intentionen“ ein und schiebt missbräuchlichem Umgang mit Messstipendien und -intentionen gleichzeitig einen Riegel vor.

Forschungsfragen

  1. Welche historischen, insbesondere rechtshistorischen, Entwicklungslinien lassen sich für Messstipendien rekonstruieren?
  2. Wie können Messstipendien hinsichtlich der Theologie- und speziell der Dogmengeschichte beschrieben werden und welche neuen Ansätze findet man unter anderem bei Karl Rahner?
  3. Wie können die kirchenrechtlichen Vorschriften, beginnend mit dem CIC/1917 bis zum CIC/1983, mit Blick auf die päpstlichen und kirchlichen Verlautbarungen im universal- und partikularrechtlichen Bereich näher bestimmt und ausgelegt werden?
  4. Welche weitreichenden Konsequenzen ergeben sich aus der näheren Bestimmung und Auslegung der kirchenrechtlichen Vorschriften für den Glaubensvollzug?

Forschungsmethode

Das Thema umfasst aufgrund seiner Besonderheit nicht nur die Kanonistik, sondern auch andere theologische Disziplinen wie Kirchengeschichte, Dogmatik, Liturgiewissenschaft etc. Daher werden die grundlegenden Quellen chronologisch-systematisch untersucht, um sowohl die historische Entwicklung des Messstipendiums rechtshistorisch zu beleuchten als auch die zugrunde liegende Theologie mit neueren Deutungsversuchen unter besonderer Berücksichtigung der Theorie Karl Rahners zu erörtern. Es wird ebenso deskriptiv wie systematisch-analytisch gearbeitet, wobei CIC/1917 und CIC/1983 und die dazwischen resp. im Nachhinein erfolgten Reformen in Bezug auf das Messstipendium jeweils chronologisch im universal- und partikularrechtlichen Bereich untersucht werden. Neben der Primärliteratur wird auch die Sekundärliteratur der aktuellen Forschung konsultiert.

Literatur

  • Kaiser, Matthäus, Die applicatio missae pro populo in Geschichte und geltendem Recht, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 130 (1961), 58–124; 355–388.
  • Mayer, Adalbert, Triebkräfte und Grundlinien der Entstehung des Mess-Stipendiums (Münchener Theologische Studien, III. Kanonistische Abteilung, Bd. 34), St. Ottilien 1976.
  • Meier, Dominicus M., „Herr Pater, ich möchte eine Messe kaufen!“. Zum kirchlichen Brauch des Messstipendiums (Ordensrecht 25), in: Erbe und Auftrag 89 (2013), 448–454.
  • Rahner, Karl / Häussling, Angelus, Die vielen Messen und das eine Opfer. Eine Untersuchung über die rechte Norm der Messhäufigkeit (Quaestiones disputatae, Bd. 31), Freiburg i. B. 1966.
  • Schepers, Ludger, „Den Himmel kann man nicht kaufen …“ – Anmerkungen zur Praxis der Messgabe, in: Althaus, Rüdiger u.a. (Hrsg.), Aktuelle Beiträge zum Kirchenrecht. Festgabe für Heinrich J. F. Reinhardt zum 60. Geburtstag (Adnotationes in Ius Canonicum, Bd. 24), Frankfurt a. M. 2002, 249–267.

Betreuer

em. o. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Rees
Institut für Praktische Theologie – Fachbereich Kirchenrecht

Doktorandin

Mag. Julia Notburga Margreiter, BEd MA
Julia.N.Margreiter@student.uibk.ac.at

Das Bild zeigt die Doktorandin.
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