Student Paper Series #3/2025
This article is part of the Student Paper Series.
Von Lukas Witschas
Das Jahr 2024 war ein Super-Wahljahr. Neben der Nationalrats- und Europawahl fanden darüber hinaus die Innsbrucker Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen statt. Diese waren aus zweierlei Gründen besonders spannend: Einerseits sank die Wahlbeteiligung seit den 1950er Jahren kontinuierlich, bis sie schließlich bei der letzten Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl im Jahr 2018 mit etwa 50% ihren Tiefpunkt fand. Die Nicht-WählerInnen waren also entscheidend. Andererseits sind die Studierenden in Innsbruck eine zentrale Bevölkerungsgruppe (etwa 37.000 Personen), die ebenfalls eine gehörige Rolle spielen könnte. Schließlich sind viele von ihnen EU-BürgerInnen, zumeist aus Deutschland und Italien, sodass diese grundsätzlich für das aktive Wahlrecht bei der Kommunalwahl in Frage kämen.
Junge Menschen neigen aber eher zu geringerer Wahlbeteiligung. Das liegt vor allem an der erhöhten Mobilität in den Ausbildungsjahren. Unter den Studierenden wiederum gibt es klassische Nicht-WählerInnen und Nicht-Wahlberechtigte. Während es bei ersteren eine bewusste Entscheidung ist, nicht zur Wahl zu gehen, ist bei zweiteren eine fehlende Hauptwohnsitzmeldung zentral. Entsprechend stellte ich mir die Frage: Inwiefern beeinflusste die Wählergruppe der Studierenden die Wahlbeteiligung bei der Innsbrucker Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl 2024?
Um der Bedeutung der Studierenden als Wählergruppe nachzugehen, führte ich eine Online-Befragung an der Universität Innsbruck durch. Die erlangte Stichprobe umfasst insgesamt 237 Studierende mit Teilnehmenden aller Fakultäten. Allerdings ist diese nur eingeschränkt repräsentativ. Inhaltlich klopfte ich zudem Themen wie die Verortung der Parteilisten im politischen Links-rechts-Spektrum, die Kontaktpunkte mit dem Wahlkampf sowie spezifische Themen der Lokalpolitik ab.
Einschätzung der Parteilisten. – Zum Ende des Fragebogens wurden die Befragungsteilnehmenden um ihre Einschätzung gebeten, wie sie die einzelnen Listen in einem politischen Links-rechts-Spektrum einordnen. Daraus kalkulierte ich die Mittelwerte jeder einzelnen Liste. Insgesamt scheint es von links nach rechts für jede Präferenz ein entsprechendes politisches Angebot zu geben. Zumindest impliziert das der Mittelwert und ebenfalls die Verteilung über das gesamte Spektrum. In der politischen Mitte (Position 5) positionieren sich der Einschätzung der Befragten nach recht viele Listen.
Kontaktpunkte mit dem Wahlkampf. – Die genauen Kontaktpunkte des Wahlkampfs sind in Abbildung 2 ersichtlich. Hervorzuheben ist, selbst im digitalen Zeitalter, die Dominanz der Plakate von 24 Prozent, sogar vor den Kontaktpunkten auf Social Media mit 16 Prozent.
Themen der Lokalpolitik. – Mit einer Fragebatterie zum Ende des Fragebogens klopfte ich politische Einstellungen zu diversen Lokalthemen Innsbrucks ab. Ein nach wie vor sehr präsentes Thema ist leistbares Wohnen. So gibt es hier Zustimmung für mehr leistbaren Wohnraum und Mietzinsbeihilfe für alle ab Tag eins in Innsbruck. Entschieden abgelehnt wird hingegen eine – europarechtlich höchst fragwürdige – Bevorzugung von ÖsterreicherInnen bei der Vergabe von städtischen Wohnungen. Hinsichtlich des Verkehrswesens spricht sich ein Großteil für den Abbau von Parkplätzen und die großflächige Einführung von Tempo 30 aus. Ein weiteres entscheidendes Thema ist die Förderung der Clubszene. Zudem ist man sich darüber einig, dass die Stadt neue Quartiere für AsylbewerberInnen braucht, aber weniger Polizeipräsenz nötig ist.
Im Ergebnis meiner Arbeit zeigte sich, dass die Studierenden eine äußerst mobile Bevölkerungs- und Wählergruppe sind. Dies liegt darin begründet, dass die Jahre der Ausbildung oft mit einem Standortwechsel (Auszug aus dem Elternhaus) einhergehen. Zudem ist das neue soziale Gefüge oft noch nicht gefestigt und auch die persönliche Identifikation mit dem neuen Standort nicht besonders groß. In der Folge mündet dies in einer schlechteren Wahlbeteiligung dieser Gruppe. Für Innsbruck zog ich folgende Schlüsse: Ein guter Teil unter den Studierenden, etwa 10.000 bis 14.000, ist aufgrund einer mangelnden Hauptwohnsitzmeldung nicht wahlberechtigt. Weitere 11.800 bis 14.100 gehen schlichtweg nicht zur Wahl (Nachfrageseite von Politik). Gleichzeitig erhalten die Studierenden als Teil der Stadtgemeinschaft und als potenzielle Wählergruppe bislang zu wenig Aufmerksamkeit durch die politischen Institutionen wie Parteilisten und Stadtrat (Angebotsseite von Politik). Sie fühlen sich – meiner Umfrage nach – politisch unzureichend repräsentiert und ihr Mobilisierungspotenzial bleibt insbesondere von progressiven Parteien wie GRÜNEN, SPÖ und KPÖ ungenutzt. Dabei könnten Studierende kostengünstig aktiviert werden, was bestehende Mehrheitsverhältnisse verschieben könnte. Zudem würde auch die Stadt Innsbruck finanziell von zusätzlichen Hauptwohnsitzen profitieren. Jeder zusätzliche Hauptwohnsitz beschert der Stadt durch den Finanzausgleich 1.500€.
Über den Autor
Lukas Witschas studierte Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Innsbruck. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen in der empirischen Wahl- und Wirtschaftsforschung sowie in der Unternehmensführung. Bereits während des Studiums sammelte er erste praktische Erfahrungen in der Marktforschung und Strategieberatung. Mit dem Abschluss seiner Studien beabsichtigt er, seine Kompetenzen im Bereich Management und Beratung weiter zu vertiefen.
Zitieren
Witschas, Lukas (2025): Die Wählergruppe der Studierenden in der Innsbrucker Kommunalpolitik, Powi Blog, Institut für Politikwissenschaft, Universität Innsbruck, https://www.uibk.ac.at/de/politikwissenschaft/kommunikation/powi-blog/witschas-studierende.
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