Mehrere Landeszeitungen des Landes Tirol liegen übereinander

Blog: Lan­des­zei­tun­gen als Instru­ment poli­ti­scher Kom­mu­ni­ka­tion

05.11.2025: Sie landen still und unscheinbar im Briefkasten: Landeszeitungen. In mehreren österreichischen Bundesländern informieren sie über Projekte, Eröffnungen und politische Entscheidungen. Auf den ersten Blick wirken sie wie neutrale Amtsblätter für die Bevölkerung. Doch ein genauerer Blick wirft Fragen auf: Wer entscheidet eigentlich, was drinsteht?

Student Paper Series #6/2025

This article is part of the Student Paper Series.

Jörg Schmieder

 

Da diese Zeitungen von Behörden produziert werden, die direkt den Landesregierungen unterstellt sind, stellt sich eine zentrale Frage: Sind Landeszeitungen wirklich objektive Informationsmedien, oder dienen sie auch der politischen Selbstdarstellung?

Die Vorgehensweise

Um dieser Frage nachzugehen, wurden alle Ausgaben der Landeszeitungen der Bundesländer Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Wien im Zeitraum von 2016 bis 2023 digital gesammelt und automatisiert mithilfe einer quantitativen Textanalyse ausgewertet. Konkret wurden bei dieser Methode mithilfe von bestehenden oder selbst definierten Textwörterbüchern Textabschnitte durch das Vorkommen bestimmter Begriffe automatisch kodiert. So ist es möglich, sehr große Textmengen effizient zu analysieren. Bei den Landeszeitungen lag der Fokus der Analyse auf den Elementen der Sprache, den thematischen Schwerpunkten und dem Vorkommen von politischen Persönlichkeiten aus den jeweiligen Landesregierungen.

Ein Blick auf die Sprache: fast immer positiv

Es lässt sich vermuten, dass Landesregierungen ihre Arbeit und das politische Geschehen auf eine möglichst positive Art und Weise darstellen möchten. Die Analyse der Landeszeitungen mit einem deutschsprachigen Wörterbuch des Politikwissenschaftlers Christian Rauh (2018) ermöglichte es, durch das Vorkommen von Begriffen einen Index zu berechnen, der angibt, wie positiv oder negativ die Sprache in den Artikeln ist. Dieser sogenannte Sentiment-Score ist in Abbildung 1 für die Landeszeitungen der Bundesländer über die untersuchte Zeitspanne dargestellt. Die Werte können theoretisch von -1 (also nur negative Ausdrucksweisen) bis zu +1 (nur positive Ausdrücke) reichen.  Es zeigt sich dabei, dass in den Landeszeitungen überwiegend eine sehr positive und harmonische Sprache verwendet wird. Interessante Datenpunkte sind die Jahre 2020 bis 2022 bei den Bundesländern Tirol und Kärnten. Hier gehen die Werte etwas zurück. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die Krisenkommunikation während der COVID-19-Pandemie sein, die unter anderem in den Landeszeitungen stattfand.

Sentiment-Scores der Bundesländer (2016-2023)

Abbildung 1: Sentiment-Werte für die Bundesländer von nur negativ (-1) bis nur positiv (+1)

Themenwahl: Fokus auf der Verwaltung

Theorien der politischen Kommunikation gehen davon aus, dass Parteien ein Interesse daran haben, Themen in der Öffentlichkeit einzubringen, in denen sie als kompetent wahrgenommen werden. Bei der Analyse der Landeszeitungen stellt sich dabei die Frage, ob sich die thematischen Schwerpunkte danach unterscheiden, welcher Partei die Landeshauptleute der Bundesländer angehören, da diese die obersten Vorgesetzten der Landeszeitungs-Redaktionen sind. Um das zu überprüfen, wurde ein bereits existierendes Wörterbuch zur quantitativen Inhaltsanalyse des Forschers Christoph Ivanusch (2024) auf den Kontext österreichischer Landespolitik angepasst und an den Daten angewendet. Es zeigten sich allerdings keine klaren Unterschiede zwischen den ÖVP und SPÖ geführten Bundesländern. Eine zentrale Erkenntnis, die sich allerdings bei den Landeszeitungen aller Bundesländer zeigt, ist der starke Fokus auf das Themenfeld der Verwaltung. Das macht einerseits den Charakter der Landeszeitungen als behördliches Informationsmedium deutlich, zeigt aber andererseits auch, dass die Arbeit der Landesbehörden den größten Raum in ihren Landeszeitungen einnimmt.

Themenverteilung nach Bundesland

Abbildung 2: Anteilige Häufigkeit der kodierten Themen in den Landeszeitungen (2018-2023)

Wer ist sichtbar, und wer nicht?

Zuletzt stellt sich die Frage, welche Mitglieder der Landesregierungen in der Landeszeitungen vorkommen und wie häufig das der Fall ist. Dabei zeigt sich über die Bundesländer hinweg, dass die Landeshauptleute die meisten Erwähnungen in den Landeszeitungen haben und an zweiter Stelle meist ihre Stellvertreter:innen stehen. Die Mitglieder der Landesregierung der kleineren Regierungspartei(en) kamen bei den untersuchten Landesregierungen in der Regel seltener zum Zug als jene, die der Partei des Landesoberhauptes angehören. Dieser Effekt war bei den Landesregierungen, die über ein Proporzsystem zusammengesetzt wurden, deutlich stärker als den Bundesländern, in denen es Koalitionsregierungen gibt.

Literatur

Ivanusch, Christoph. 2024.“Issue Competition in Parliamentary Speeches? A Computer-Based Content Analysis of Legislative Debates in the Austrian Nationalrat.” Legislative Studies Quarterly 49 (1): 203–221.

Rauh, Christian. 2018. “Validating a Sentiment Dictionary for German Political Language—a Workbench Note.” Journal of Information Technology & Politics 15 (4): 319–43.

Über den Autor

Jörg Schmieder ist Studierender der Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck. Sein besonderes Forschungsinteresse gilt dem Parteienwettbewerb in repräsentativen Demokratien sowie Themen der politischen Kommunikation.

Zitieren

Schmieder, Jörg (2025): Landeszeitungen als Instrument politischer Kommunikation, Powi Blog, Institut für Politikwissenschaft, Universität Innsbruck, https://www.uibk.ac.at/de/politikwissenschaft/kommunikation/powi-blog/schmieder-landeszeitungen.


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