Rosa Reimeir
Mit einer Gruppe von 30 Student:innen fuhren wir am 18.11. in Linz mit dem Nachtzug los. Nach einer langen und zeitweise sehr ruckeligen Fahrt, kamen wir schließlich früh morgens in Krakau an. Nach einem Frühstück unternahmen wir eine von einem Guide geleitete Walking-Tour durch das Krakówer Viertel Kazimierz. Kazimierz ist ein historisches Stadtviertel, das jahrhundertelang das Zentrum des jüdischen Lebens der Stadt war. Noch heute sind dort viele Synagogen, Friedhöfe und Gedenkorte zu finden. Auch wir bekamen dort die Möglichkeit eine Synagoge und deren anliegenden Friedhof zu besuchen. Orte, die man im Alltag in Österreich leider nur sehr selten findet. Besonders deshalb war es schön, einen Einblick in die dort florierende jüdische Kultur zu bekommen. Seit der Wiederbelebung Kazimierz in den 1990er-Jahren, die vor allem durch den Film Schindlers Liste, welcher vorrangig dort gedreht wurde, vorangetrieben wurde, gilt es als kulturelles Szeneviertel mit vielen Cafés, Bars, Galerien und Festivals.
Im Zuge dieser Walking-Tour besuchten wir auch das ehemalige jüdische Ghetto, das 1941 von den Nationalsozialisten errichtet und wohin die jüdische Bevölkerung unter anderem aus Kazimierz zwangsweise umgesiedelt wurde. In dieser Zeit war es extrem überfüllt und diente auch als Zwischenstation für Deportationen in diverse Konzentrationslager. Heute erinnern Gedenkstätten wie der Platz der Helden des Ghettos und Reste der Ghettomauer an die Geschichte dieses Ortes.
Am Donnerstag den 20.11. wurden wir morgens von zwei Bussen abgeholt und machten uns auf den Weg nach Oświęcim, wo der Lagerkomplex Ausschwitz-Birkenau gelegen ist. Dort wurden wir von einem Guide erst durch die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Ausschwitz und anschließend Birkenaus geführt. Die Stadt Oświęcim wurde 1939 vom dritten Reich annektiert und namensgebend für das KZ, in Ausschwitz umbenannt. Das sogenannte Hauptlager wurde 1940 gegründet und im darauffolgenden Jahr begannen die Nazis den Bau des Lagers Birkenau, das etwa 3km von Oświęcim entfernt liegt. Letzteres war der größte Teil des Auschwitz-Komplexes und ein Großteil der Opfer wurde hier ermordet.
In der Anfangszeit des KZs wurden dort vor allem politische Gefangene oder einfache Kriminelle und nur ein sehr kleiner Anteil an Juden gefangen gehalten. Nachdem Auschwitz jedoch in den Prozess der Massenvernichtung inkludiert wurde, machten jüdische Häftlinge einen Großteil der Gefangenen aus. Insgesamt wurden nach Auschwitz-Birkenau fast 1.1 Millionen Juden deportiert, von denen nur ca. 20% als arbeitsfähig eingestuft wurden, während der Rest direkt nach ihrer Ankunft ermordet wurde.
Die schier unvorstellbare Größe des Lagerkomplexes ist anhand von Bildern und Beschreibungen kaum zu begreifen. In einer heute nur als idyllisch zu beschreibenden ländlichen Umgebung erstreckte sich dieser grauenvolle Lagerkomplex zusammen über ca. 175 Hektar. Diverse Ausstellungen in den Barracken erinnern noch heute an die unmenschlichen Taten der Nationalsozialisten. Unser kompetenter Guide ergänzte historische Fakten durch eindrückliche Erzählungen über konkrete Schicksale ehemaliger Häftlinge, deren Namen und Lebensgeschichten das Ausmaß des Leidens auf erschütternde Weise greifbar machten.
Nach der Heimfahrt hatten wir eine konstruktive Nachbesprechung, in der wir unsere Eindrücke teilten und aus politikwissenschaftlicher Perspektive die heutige Bedeutung dieser und ähnlicher Gedenkstätten reflektierten. Den herausfordernden Tag ließen wir anschließend bei einem gemeinsamen Abendessen in Kazimierz in einer angenehmen Atmosphäre ausklingen.
Am letzten Tag der Exkursion nahmen wir an einer Führung durch das Gelände des ehemaligen KZ Płaszów in Kraków teil, das heute eher einem Park ähnelt als einer klar gekennzeichneten Gedenkstätte. Die Führung, in der auch auf die Rolle des Ortes im Film Schindlers Liste eingegangen wurde, war äußerst lehrreich und zeigte besonders hinsichtlich der Form des Gedenkens einen starken Kontrast zu Auschwitz. Obwohl multiple Gemeinschaften sich um die Errichtung von Denkmälern bemüht haben, ist diese Gedenkstätte heutzutage vielen Passant:innen wohl kaum als solche bewusst.
Im Anschluss besuchten einige von uns das Museum in Oskar Schindlers Emaillefabrik, während andere die verbleibende Zeit für klassisches Sightseeing in Kraków nutzten. Am Abend machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Bahnhof und stiegen erneut in den Nachtzug. Die Ankunft in Salzburg nach der diesmal etwas weniger ruckeligen Fahrt markierte das Ende unserer Exkursion. Insgesamt konnte auf dieser Reise viel gelernt werden, nicht nur im Hinblick auf die Geschichte der Shoah, sondern auch im Sinne der persönlichen Entwicklung, Reflexion und Sensibilisierung für die historisch-politische Bedeutung der Kultur des Gedenkens in der Gegenwart.
Über die Autorin
Rosa Reimeir studiert Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck.
Zitieren
Reimeir, Rosa (2025): Exkursion nach Kraków und zur Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Powi Blog, Institut für Politikwissenschaft, Universität Innsbruck, https://www.uibk.ac.at/de/politikwissenschaft/kommunikation/powi-blog/reimeir-krakow.
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