Unigesetze

Titelseite und letzte Seite mit der Unterschrift Kaiser Leopolds I., der von ihm erlassenen und von Papst Innozenz XI. bestätigten Privilegien für die Universität Innsbruck.

Strit­tige Auto­no­mie, knappe Finan­zen – die ers­ten „Universitätsgesetze“

Anlässlich des 340. Jubiläums der Gründung der Universität Innsbruck werden Ausschnitte der Geschichte der Innsbrucker Alma Mater präsentiert.

Nachdem die Universität Innsbruck im Wintersemester 1669/70 begonnen hatte, ihren Lehrbetrieb aufzunehmen, und ab 1674/75 in allen vier Fakultäten Vorlesungen gehalten wurden, fehlten immer noch die kaiserliche und die päpstliche Bestätigung, die beide 1677 ausgestellt wurden. Und es fehlte die Festlegung der speziellen Rechte („Freiheiten“) und der inneren Organisation der Universität, wozu es kaiserlicher Privilegien und Statuten bedurfte.

Eine lange Vorlaufzeit

1671 hatte der Kaiser der Universität die vorläufige Jurisdiktion über ihre Mitglieder zugesprochen, zwei Jahre später wurde die Universität aufgefordert mitzuteilen, welche weiteren Rechte nötig seien. Doch erst ab dem WS 1674/75 arbeitete man seitens der Universität am eingeforderten Bericht. Inzwischen waren die Studenten bereits unruhig geworden, da sie vermuteten, die Privilegien seien bereits bestätigt und würden ihnen nur vorenthalten.

Zu den schließlich eingereichten Texten verfassten die kaiserlichen Behörden ein Gutachten mit der Tendenz, die Autonomie und die Vorrechte der Universität nach Möglichkeit einzuschränken zugunsten des Aufsichtsrechts der staatlichen Behörden. Das Bestreben zur Ausweitung der staatlichen Macht zeigte sich auch darin, dass weder für die Privilegien noch für die Statuten die genaue Festlegung der Beziehungen der Universität zum Bischof von Brixen als ihrem Kanzler eingefordert wurde.

Die endgültige Ausstellung der beiden Dokumente ließ auf sich warten. Die Privilegien und die Statuten erhielten die kaiserliche Genehmigung erst am 3.10.1681, blieben dann aber in der kaiserlichen Kanzlei liegen, da die Universität die 300 Taler Ausfertigungstaxe nicht aufbringen konnte, was bei der knappen finanziellen Ausstattung durchaus argumentierbar war, oder nicht aufbringen wollte, um möglichst lange im Status quo verbleiben zu können. Schließlich wurde von kaiserlicher Seite eine Ratenzahlung genehmigt. Erst Ende 1684 beriet das Innsbrucker Professorenkollegium, ob man die Privilegien und Statuten in der vorliegenden Form überhaupt annehmen wolle. Man akzeptierte sie schließlich, schob aber die Veröffentlichung hinaus. Die Professoren stießen sich an der Einschränkung der Jurisdiktion und sahen in ihr eine Beeinträchtigung der Immunität der Universität. Einige von ihnen waren der Auffassung, dass für die feierliche Verkündigung die Zustimmung des Bischofs von Brixen nötig sei, wurden aber überstimmt. Außerdem wollten die Jesuiten unter den Professoren ihren Eid nicht in die Hand des Rektors ablegen, verlangten, dass der Rektor des Jesuitenkollegs seinen Sitz an der Universität habe, und dass den Jesuiten die ausschließliche Betreuung der Philosophischen Fakultät und der entsprechenden Lehrstühle der Theologischen Fakultät auf Dauer gesichert sei. Diesen Wünschen wurde nicht entsprochen. Schließlich befahl der Gubernator Karl von Lothringen die Kundmachung für gleich nach den Weihnachtsfeiertagen 1685, tatsächlich erfolgte die Promulgation am 21.1.1686 in der Jesuitenkirche, gefolgt von einer feierlichen Messe mit Te Deum.

Die universitären „Freiheiten“

„Da wir nichts mehr ersehnen, als dass die begonnenen „Studia Generalia“ dieser unserer eingerichteten Universität Innsbruck nicht nur einen gedeihlichen Fortgang nehmen“, sondern sie auch, durch glücklichen Zuwachs - zur Abwehr der Schatten der Unwissenheit und Falschheit von allen Gebieten der katholischen Kirche wie des Reiches - möglichst schnell gedeihen sollten, und das Erreichte erhalten werde, der Kaiser aber wisse, dass, um dies festzuhalten, auch an anderen Universitäten Privilegien, Freiheiten, Gnadenerweise und Anordnungen, die ihnen von ihren Gründern zugestanden worden seien, nicht wenig vermocht hätten, wolle auch er die Innsbrucker Studien mit den gleichen Gnaden, Freiheiten, Privilegien, Exemtionen, die in diesem Text enthalten seien, großzügig ausstatten.

Nach dieser Einleitung wurde in den Privilegien die Einteilung der Universität in vier Fakultäten in der Rangfolge Theologie, Jurisprudenz, Medizin, Philosophie festgelegt. Jede Fakultät hatte sich semesterweise und abwechselnd aus ihren Professoren einen Dekan zu wählen. An der Spitze der Universität standen der Rektor und ein Vizerektor. Beide wurden durch die Doktoren und Magistri gewählt. Bei Uneinigkeit oder Stimmengleichheit entschied der amtierende Rektor. Die Professoren sollten von allen geistlichen und weltlichen Würdenträgern sowie von allen Untertanen ehrfurchtsvoll behandelt werden. Die Jurisdiktion der Universität erstreckte sich auf alle Mitglieder der Universität samt ihrer jeweiligen Familie (die als „familia“ auch die Dienerschaft einschloss), allerdings mit Einschränkungen, wie dass z.B. Streitsachen mit Dikasterialbeamten immer vor die Regierung gehörten.

Die weltlichen Behörden hatten der Universität nach Aufforderung Beistand zu leisten, Universitätsmitglieder vor allem Unrecht zu schützen. Diese waren von allen Abgaben mit Ausnahme der Kriegssteuer befreit, für Bücher gab es die Möglichkeit der Zollfreiheit.

Die Immatrikulation der Studierenden hatte bis spätestens eine Woche nach ihrer Ankunft zu erfolgen. Die Universität erhielt ein großes und ein kleines Siegel, die den damit  versehenen Urkunden Beweiskraft verliehen.

Von der Korporation zur staatlichen Einrichtung

Hatte sich beim Gutachten zu den Privilegien schon das zunehmende Interesse der Regierungsbehörden an den Universitäten gezeigt, so ist für die folgenden eineinhalb Jahrhunderte die sukzessive Aushöhlung der  universitären Autonomie festzustellen - bis schließlich 1848 die Neustrukturierung erfolgte, in der die Universitäten zu staatlichen Lehranstalten wurden, aber auch die Proklamation der Lehr- und Lernfreiheit erfolgte.

(Margret Friedrich) 

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