Gruppenfoto mehrerer Personen auf der Bühne der Aula der Universität.

Die Redner:innen und Vortragenden des Festaktes sowie Mitglieder der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.

Vom Doctor zur Doctrix

Vor 100 Jahren promovierte mit Maria Fischer die erste Frau an der juristischen Fakultät der Universität Innsbruck. Am 6. Dezember 2023 wurde dieses Jubiläum in Form eines Festaktes gewürdigt, der die juristische Ausbildung und das Berufsleben von Jurist:innen aus der weiblichen Perspektive ins Zentrum stellte.

Frauen wurden erst 1919 zum Studium an den Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultäten in Österreich zugelassen. Im Wintersemester 1919/20 nahmen dort sechs Frauen das Studium auf. Als erste Absolventin der Universität Innsbruck wurde am 15. Dezember 1923 Maria Fischer (1901–1983) gemeinsam mit 103 männlichen Absolventen zur Dr.in jur. promoviert. Fischer stammte aus Wien und kam 1920 von der Universität Wien nach Innsbruck. Nach ihrer Promotion war sie unter ihrem Namen Fischer-Lanner unter anderem als Rechtsanwältin in Oberösterreich tätig. Sie war allerdings nicht die erste Frau in Österreich, die diesen Abschluss erreichte: Bereits 1921 schloss in Wien die Studentin Marianne Beth das Rechtsstudium ab. Im internationalen Vergleich liegt Österreich mit dieser geschichtlichen Entwicklung im Mittelfeld. So ließen die Vereinigten Staaten bereits 1879 Frauen zu Justizberufen zu. In Europa wird diese Vorreiterrolle von der Schweiz besetzt: Im Jahr 1887 schloss die erste Schweizer Juristin ihre Promotion ab, und schon im Jahr 1898 erhielten Frauen in Zürich die Zulassung zur Anwaltschaft. Obgleich Frauen in der Rechtsanwaltschaft rasch Fuß fassen konnten, blieb ihnen der Zugang zum Richteramt bis in die 1940er Jahre verwehrt. Begründet wurde diese Zugangsbeschränkung in geschlechtsspezifischen Zuschreibungen gegenüber dem weiblichen Geschlecht, wie beispielsweise der weiblichen Emotionalität, die eine Neigung zu einseitiger Parteinahme nach sich zöge. So gelang es erst fast 30 Jahre nach ihrer Zulassung zum Studium zwei Frauen im Jahr 1947 als Richterinnen ernannt zu werden. Diese Frauen waren Gertrud Sollinger und Johanna Kundmann.

Und heute? 

Im Wintersemester 2022/23 sind an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck 3.532 Student:innen eingeschrieben, 2.007 davon weiblich! Wirft man allerdings einen Blick auf die Karrierechancen, die den zukünftigen Absolvent:innen offenstehen, fällt auf, dass dieser hohe Frauenanteil sich nicht in allen juristischen Berufen wiederfinden lässt. Während mit Stand 1. Jänner 2022 der Frauenanteil im Bereich der Richter:innen laut dem Österreichischen Justizministerium 58,10 % und der Staatsanwält:innen 53,72 % betrug, lag laut österreichischer Rechtsanwaltskammer der Frauenanteil unter Rechtsanwält:innen in Österreich nur bei 24,4 %. Auch hohe wissenschaftliche Positionen werden nicht zu gleichen Anteilen von Frauen und Männern eingenommen. Beispielsweise wird an Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck nur ein Viertel der insgesamt 28 Professuren von Frauen besetzt.

Der Festakt

Rektorin Veronika Sexl und Walter Obwexer, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, übergaben nach einer jeweils kurzen Begrüßung des Publikums und der Redner:innen das Wort zunächst an die Bundeskanzlerin a.D. und ehem. Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Dr. Brigitte Bierlein, die in ihrem Vortrag auf geschlechtsspezifische Missstände in der rechtswissenschaftlichen Karriere einging. Anschließend beleuchtete Univ.-Prof. Dr. Martin Schennach vom Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte die geschichtliche Entwicklung der Zulassung von Frauen zum Rechtsstudium an der Universität Innsbruck.

Die beiden Vortragenden legten den Grundstein für die abschließende Podiumsdiskussion, die sich der Ungleichstellung von Frauen und Männern in rechtswissenschaftlichen Karrieren widmete und gleichzeitig erarbeitete welche Maßnahmen getroffen werden könnten, um ihnen bessere berufliche Perspektiven zu ermöglichen und gleichzeitig das juristische Berufsfeld vielfältig zu gestalten. An dieser nahmen, unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr.in Esther Happacher, Dr. Maria Berger (Richterin am EuGH a.D., Bundesministerin für Justiz a.D.), Mag. Carina Lisowska (Universitätsassistentin, Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre), Mag. Ursula Pachl (Deputy Director General BEUC – The European Consumer Organisation), Mag. Angelika Prechtl-Marte (Präsidentin des Landesgericht Feldkirch), Mag. Barbara Soder (Stv. Landesamtsdirektorin Land Tirol) und Dr. Birgit Streif (Präsidentin der Tiroler Rechtsanwaltskammer) teil.

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