Eine graue Struktur auf der zwei rote Punkte zu sehen sind.

Innsbrucker Forscher vermuten, dass zwei Neomycin B-Moleküle gleichzeitig an die RNA binden, um ihre Riboschalterfunktion zu aktivieren.

RNA-Wirk­stoff-Wech­sel­wir­kun­gen

Wie Wirkstoffe auf RNA und damit auf die Expression von Genen Einfluss nehmen, ist von großem Interesse für die Entwicklung potenzieller Therapeutika. Innsbrucker Chemiker:innen haben nun eine kürzlich von ihnen entwickelte Methode verwendet, um das Binden des Aminoglycosids Neomycin B an einen sogenannten mRNA-Riboschalter zu untersuchen.

In wichtigen zellulären Prozessen erkennen Ribonukleinsäuren (RNA) gezielt bestimmte Proteine oder kleine organische Moleküle als Bindungspartner. Um diese Prozesse zu verstehen und die Entwicklung potenzieller Therapeutika, die auf RNA abzielen, voranzutreiben, ist es wichtig, die Bindung von Liganden an die RNA im Detail zu verstehen. Eine Herausforderung bei Untersuchungen von RNA-Komplexen mit Wirkstoffen liegt aber darin, dass RNA mehrere Bindungsmotive anbieten kann, die mit herkömmlichen Methoden nur schwer oder nicht aufgelöst werden können. Forscher:innen um Kathrin Breuker vom Institut für Organische Chemie der Universität Innsbruck haben nun eine kürzlich von ihnen entwickelte Methode verwendet, um das Binden des Aminoglycosids Neomycin B an einen sogenannten mRNA-Riboschalter zu untersuchen.

Gleichzeitiges Binden

Das Team um Kathrin Breuker verwendete für ihre Untersuchung ein Fouriertransformation-Ionenzyklotronresonanz-Massenspektrometer (FT-ICR), mit dem RNA-Komplexe unterschiedlicher Stöchiometrie in der Gasphase voneinander getrennt und einzeln studiert werden können. „Für die RNA-Sequenz mit dem höchsten Regulierungsfaktor der Riboschalterfunktion identifizierten wir zwei verschiedene Bindungsmotive für Neomycin B und konnten auch deren relative Population bestimmen“, erzählt Kathrin Breuker. „Durch Basen-Mutationen der RNA konnten wir die Populationen der zwei Bindungsmotive gezielt verschieben und so ein besseres Verständnis der Aminoglycosid-Bindung an den Riboschalter entwickeln.“ Weil die Populationen der beiden Bindungsmotive für die nicht-mutierte Sequenz gleich groß waren, vermuten die Innsbrucker Forscher:innen, dass die Riboschalterfunktion durch das gleichzeitige Binden von zwei Neomycin B-Molekülen gesteuert wird. Der neue experimentelle Ansatz erlaubt systematische Studien zur Bindungsspezifizät von RNA und wird komplementär zu etablierten strukturaufklärenden Methoden neue Einblicke in die Funktionsweise von RNA auf molekularer Ebene ermöglichen.

Die Arbeiten wurden im Journal of the American Chemical Society veröffentlicht. Finanziell unterstützt wurden die Forschungen vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

 

Publikation: Native top-down mass spectrometry uncovers two distinct binding motifs of a functional neomycin-sensing riboswitch aptamer. S. Heel, K. Bartosik, M. Juen, C. Kreutz, R. Micura, K. Breuker. J. Am. Chem. Soc. 2023 DOI: 10.1021/jacs.3c02774

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