Selfie von zwei Frauen.

Stjepanka Pranjković (rechts) und Organisatorin Martina Mayer (links).

Literaturübersetzen: Beruf und Berufung

Stjepanka Pranjković arbeitet als erfolgreiche Literaturübersetzerin in Zagreb. Derzeit übersetzt sie hauptsächlich österreichische Literatur ins Kroatische. Bei einem Übersetzerinnengespräch am Institut für Translationswissenschaft (INTRAWI) hat sie im Mai 2023 über ihren Werdegang gesprochen und Studierenden wertvolle Ratschläge zum Einstieg in ihr spannendes Berufsfeld gegeben.

Stjepanka Pranjković wurde 1990 in Banja Luka geboren und wuchs in Deutschland sowie Kroatien auf. Das Wechseln zwischen den Sprachen, in Gedanken bzw. gesprochenen und geschriebenen Worten, ist ihr also seit vielen Jahren vertraut – genauso der Balanceakt, sich ständig zwischen verschiedenen Kulturen zu bewegen. Somit mag es nicht verwundern, dass sie sich in Sachen Ausbildung für ein Studium im Bereich der Sprach- und Kulturmittlung entschieden hat: Sie hat in Osijek und Nitra deutsche und kroatische Philologie sowie Translationswissenschaft studiert, bevor sie in einer großen kroatischen Übersetzungsagentur ihre ersten Schritte im Projektmanagement und später freiberuflich als Fachübersetzerin und Dolmetscherin getan hat. Da war aber noch etwas … die Liebe zur schöngeistigen Literatur.

Bereits in Studienjahren hat Pranjković Seminare und Sommerschulen zum Literaturübersetzen besucht, ein Netzwerk aufgebaut und die Weichen für das gestellt, was sie heute hauptberuflich macht: Romane aus dem Deutschen ins Kroatische übersetzen. Mit den Jahren scheint sich dabei ein besonderer Zugang zum Österreichischen herausgebildet zu haben – so übersetzt Pranjković Autor*innen wie Gertraud Klemm (Hippocampus), Angela Lehner (Vater unser, 2001) oder Elias Hirschl (Salonfähig). Außerdem ist sie in der Nachwuchsförderung tätig und unterrichtet als Tutorin beim Sommerkolleg Literarisches Übersetzen Premuda (ZTW, Universität Wien, unter der Leitung von Dijana Tockner Glova). Seit ihrer Gründung 1995 durch Erich Prunč (ITAT, Graz) wird diese Sommerschule jährlich im August und September auf der gleichnamigen kroatischen Insel abgehalten, und ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Bauen von Brücken zwischen Österreich und Kroatien bzw. Slowenien. So übersetzen Studierende österreichischer, kroatischer und slowenischer Hochschulen dort literarische Texte aus ihren drei Ländern jeweils in die Muttersprache, und im Sommer 2023 werden übrigens auch zwei Studierende des INTRAWI von diesem Ausbildungsangebot profitieren. Als Literaturübersetzer*innen etablierte Mentor*innen und Tutor*innen wie Stjepanka Pranjković unterstützen die Teilnehmer*innen bei ihren Übersetzungsaufgaben und verhelfen ihnen zu mehr übersetzerischer Reife, aber auch zu besseren Reflexen für die Positionierung am Markt.

Das Übersetzerinnengespräch, das in die Lehrveranstaltung Translationsmanagement fürs Übersetzen (LV-Leitung & Moderation: Martina Mayer) eingebettet war, kreiste denn auch vornehmlich um diesen essentiellen letztgenannten Aspekt: Pranjković wurde nicht müde, den Studierenden gegenüber zu betonen, wie wichtig es doch sei, auf dem Weg zur Karriere als Literaturübersetzer*in das eigene translatorische Selbstbewusstsein parallel zum übersetzerischen Können und zum Gespür für die Literatur auszubilden, sich dabei stets gut zu vernetzen und auch aktiv auf Verlage zuzugehen, um ihnen die Umsetzung von Herzensprojekten anzubieten. Fragen wie die der Relation zwischen Zeitdruck und Qualitätserhalt beim Literaturübersetzen thematisierte unser Gast genauso unumwunden wie Überlegungen zur Kommunikation mit Auftraggeber*innen im Kontext von Feedbackprozessen oder bei Eingriffen seitens der Klientel in die von den Übersetzer*innen eigentlich als „fertig“ und „stimmig“ betrachteten Übersetzungen. Nicht zu knapp kam aber auch der Aspekt der Freude an der Arbeit; so ist das Literaturübersetzen, wie wohl jeder andere Beruf, im Idealfall letztlich auch eine Berufung für diejenigen, die ihn ausüben. Im Fall von Stjepanka Pranjković trifft dies ganz offensichtlich zu, und das INTRAWI dankt ihr für das so authentische Gespräch.

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