Gruppenfoto mit zehn Personen im Freien an der Innpromenade.

Die Studierendengruppe mit Filmemacher André Schäfer (3. von rechts) und Prof. Sabine Schrader (links).

„Filme machen – Hei­mat dokumentieren“

Das interdisziplinäre Masterseminar „Der Dokumentarfilm“ dreht sich um Geschichte, Theorie und Praxis des Dokumentarfilms. In den ersten Wochen lernten die Student*innen die Geschichte des Dokumentarfilms, im zweiten Teil des Seminars drehen die sie selbst jeweils einen Dokumentarfilm zum Thema „Heimat“.

In dem interdisziplinären Masterseminar „Der Dokumentarfilm“ (Univ.-Prof.in Dr.in Sabine Schrader, Romanistik) geht es im Wintersemester 2022/23 um die Geschichte, Theorie und Praxis des Dokumentarfilms. In den ersten Wochen studierten die Student*innen, die aus der Romanistik, Medien, Architektur und anderen Studienrichtungen kommen, die Geschichte des Dokumentarfilms, um sich historisches und theoretisches zu erarbeiten. Im zweiten Teil des Seminars betreten die Student*innen dann beherzt komplettes Neuland: Sie drehen selbst jeweils einen Dokumentarfilm von ca. 15 Minuten. Das Thema wird vorgegeben: Heimat.

Dank einer Finanzspritze der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck konnte der deutsche Filmproduzent und Dokumentarfilmer André Schäfer, dessen letzter Kinofilm und Publikumsliebling in Locarno „Alles über Martin Suter. Nur nicht die Wahrheit“ (CH, DE 2022) im Herbst 2022 im Leokino zu sehen war. „Die Fantasie stimmt ja meistens mehr als die Realität“, sagte dort Martin Suter. Damit war auch die Prämisse für die eigenen Dokumentarfilme vorgegeben, sodass sich die Student*innen auf die Suche nach Geschichten, Bildern und Tönen von Heimat(en) begaben. „Gerade durch das eigene Filmemachen konnte ich ein Verständnis für den Dokumentarfilm entwickeln“, so die Studentin Tamara Schreiber.

André Schäfer hat zunächst via Online-Besprechungen die Konzepte der Projekte mit den Student*innen entwickelt. Dann war es endlich soweit: Mitte Jänner kam der Filmemacher nach Innsbruck um ausgewählte Schlüsselszenen und Dramaturgie des Films zu diskutieren und natürlich auch ein wenig aus dem Nähkästchen der Filmwelt zu plaudern. Nach dieser gemeinsamen intensiven Arbeit werden die Filme nun bis März fertiggestellt.

„Gleiche Thematik – verschiedene Drehbücher: die Vielfalt unserer Filmprojekte hat mich inspiriert“, sagt die Studentin Martina Pickl-Linser. In der Tat sind die Ergebnisse so vielfältig wie die Innsbrucker Studierendenschaft. Es zeigt sich schon bei den ersten Probeaufnahmen, unabhängig von der Perspektive, dass sich Heimat in Plural denkt und vom Geburtsort lösen kann. So lautet auch das Projekt von Tamara Schreiber „Ein Ort, viele Heimaten“. Jakob Häusle & Jana Hönlinger versuchen mit der Kamera nachzuspüren, wie Heimat das Fremde braucht, um aus der ritualisierten Wahrnehmung auszubrechen, Heimat wird zu einer Frage der Aufmerksamkeit. Das ist auch die Erfahrung des Tirolers Roland, der in Mosambique lebt und Ulrika, einer Südschwedin in Tirol. Bildmächtig wird von Ana Turcan ihre Autoreise von Rumänien über Ungarn nach Innsbruck erzählt, Heimat wird zum Weg. Olena Vasylezhenko reist über die Weichnachtstage in ihre Heimatstadt Kiew, um dank der Bildenden Kunst über Kiew und Krieg zu reflektieren, und gleichzeitig in der Kunst einen Zufluchtsort zu finden. Und natürlich rückt für Innsbruck spezifisch das Leben und damit die Heimaten „Vor und hinter der Brennergrenze“ in anderen Projekten in den Fokus. Für all diese Ideen müssen Bilder, Töne und Rhythmen gefunden, kadriert und geschnitten werden.

Gerade die Vielfältigkeit und die Arbeit mit André Schäfer am Konzept, an der Dramaturgie, am Bild und/oder Ton empfanden die Student*innen einstimmig als bereichernd. Und was sagt André Schäfer? „Für mich als Filmemacher und Produzent, der immer auf der Suche nach neuen Gesichtern und guten Ideen ist, war die Einladung von Sabine Schrader, ihren Kurs ein paar Stunden zu begleiten und mit den Studierenden zu arbeiten, ein großer Gewinn. [...] Der Austausch zu den verschiedenen Projekten, das gemeinsame Weiterentwickeln und überhaupt die Frische und Offenheit, mit der die Studierenden ihre Ideen zum Thema „Heimat“ vertraten und öffneten, hat auch mir viele neue Impulse gegeben. Insofern war mein zuerst virtueller, dann realer Ausflug nach Innsbruck einfach wunderbar.“

Die Lehrveranstaltung war Teil des erfolgreichen interdisziplinären Wahlpakets Filmwissenschaft der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät im Rahmen des MA-Studiums, dass die Expertisen in Forschung und Lehre der philologisch-kulturwissenschaftlichen Fakultät bündelt und Studierenden im Master aller Studienrichtungen offen steht.

(Sabine Schrader)

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