Screenshot aus einer Online-Konferenz mit offenem Textdokument.

Aus der Online-Konferenz. „Turnitin“ kennzeichnet einen mutmaßlich von KI generierten Text.

Erste Plagi­ats­soft­ware launcht KI-Erken­nung

Am 6. Juni 2023 fand die erste Online-Konferenz des neu gegründeten Netzwerks „Gute Wissenschaftliche Praxis für Österreich“ (kurz: „GWP für AT“) unter Leitung von Privatdozent Dr. Stefan Weber von der Universität Wien und Prof. Dr. Peter Hilpold von der Universität Innsbruck statt. Dieses Netzwerk ist aus einer zuvor bei der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG) eingerichteten Arbeitsgemeinschaft hervorgegangen, die seit 2021 Grundlagenarbeit im Bereich der GWP geleistet hat.

Gleich die erste Konferenz des neuen Netzwerks „Gute Wissenschaftliche Praxis für Österreich“ ist auf enormen Zuspruch gestoßen, hatte sie doch ein zentrales Zukunftsthema der Wissenschaft zum Gegenstand: Künstliche Intelligenz und GWP. 70 Interessierte aus Österreich und auch aus dem Ausland verfolgten die Veranstaltung.

Im Mittelpunkt stand ein Vortrag von Melvin Spinnler, eines Managers des „Turnitin“-Unternehmens, das weltweit Forschungseinrichtungen bei der Bekämpfung von Plagiaten bzw. Verstößen gegen die GWP unterstützt und mit entsprechenden Software-Programmen versorgt. Diese Programme kommen auch in Österreich zum Einsatz. Die zentrale Frage lautete: Ist „Turnitin“ auf die neue Herausforderung, die aus KI-generierten Texten resultiert, vorbereitet?

Zur Überraschung der Zuhörer hat Melvin Spinnler aufzeigen können, dass „Turnitin“ schon jetzt eine sehr große Sensibilität in Bezug auf solche doch relativ neuartige Verstöße gegen die GWP zeigt und diese mit hoher Treffsicherheit erkennen kann – so zumindest die Eigenbehauptung. Die in den vergangenen Wochen und Monaten vielfach zu hörenden Befürchtungen, wonach sich durch Programme wie ChatGPT eine große Lücke in den Überprüfungsmöglichkeiten von solchen Verstößen aufgetan hätte, könnte also weitgehend unbegründet sein.

Ein Problem stelle gegenwärtig noch der Umstand dar, dass die einschlägige Software bislang allein auf englischsprachige Texte zur Anwendung komme, wobei eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere Sprachen nur eine Frage der Zeit sei. Bis eine Version auf Deutsch verfügbar ist, empfiehlt „Turnitin“ allen Schulen und Hochschulen die Ausarbeitung von Richtlinien zu KI-generiertem Content (dazu auch Weber in seinem Blog).

In der nachfolgenden, sehr intensiven Diskussion wurde hervorgehoben, dass Plagiatserkennungsinstrumente und Verfahren zur Identifizierung von Verstößen gegen die GWP in erster Linie die Funktion haben, Ehrlichkeit und fairen wissenschaftlichen Wettbewerb zu garantieren, wobei die Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Lehrenden und Lernenden von zentraler Bedeutung sei. Dabei komme den Lehrenden die wichtige Funktion zu, Sensibilität bei den Studierenden für die zentrale Relevanz dieser Aufgabe zu schaffen, wozu wiederum die Unterstützung der Universitäten erforderlich sei, die die nötigen Anreize bieten und entsprechende Vorkehrungen zur Verfügung stellen müssen. Sanktionen seien nur eine ultima ratio, müssten aber bei nachhaltigen Verstößen auch zur Garantie der Effektivität der einschlägigen Regeln wirksam zum Einsatz kommen.

Das Netzwerk „GWP für AT“ wird demnächst weitere Informations- und Fortbildungsveranstaltungen anbieten und arbeitet gegenwärtig an der Ausformulierung von Forschungsprojekten in diesem Bereich. Zudem will das Netzwerk den Gesetzgeber im Hinblick auf ein präziseres „Recht der Guten Wissenschaftlichen Praxis“ beraten.

(Peter Hilpold & Stefan Weber)

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