Vier Personen stehen am Innsbrucker Marktplatz für ein Gruppenfoto nebeneinander, hinter ihnen der Inn und Häuser der Mariahilfstraße.

Das Elsass in Innsbruck, von links: Eva Lavric, Leiterin des Frankreich-Schwerpunkts der Uni Innsbruck, Pierre Klein, Vorsitzender des „Verbandes Zweisprachiges Elsass“ mit seiner Frau, Elena Walpoth vom Frankreich-Schwerpunkt.

Das zwei­spra­chige (?) Elsass

Wenn das Elsass zweisprachig ist, geht es dann um Französisch/Elsässisch oder um Französisch/Deutsch? Oder vielleicht um Französisch versus Deutsch und Elsässisch? Und was ist davon heute noch real vorhanden? Wie kann man diese sprachliche Identität fördern oder wiederherstellen? Um diese und damit zusammenhängende Fragen ging es einem Gastvortrag am Frankreich-Schwerpunkt Mitte Mai.

Um Fragen um die Zweisprachigkeit im Elsass und damit Zusammenhängendes ging es in dem Gastvortrag von Pierre Klein, dem Vorsitzenden der „Fédération Alsace bilingue“, zu dem der Frankreich-Schwerpunkt im Rahmen seiner Vortragsreihe „Elsass / Alsace“ am 17. Mai 2023 geladen hatte. Ein zahlreich erschienenes und in sprachpolitischen Fragen wohlinformiertes Publikum ließ sich von dem Vortrag mitreißen, in dem Pierre Klein die Geschichte des Elsass und damit die Wurzeln von dessen Zweisprachigkeit genauso aufrollte wie die Geschichte des französischen Zentralstaats und seiner über Jahrhunderte durchgezogenen Einsprachigkeits-Politik – wie übrigens auch der gegenteiligen Tendenzen, die sich immer wieder für den Erhalt und die soziale Rolle der Minderheitensprachen einsetzten und deren kulturelle wie auch identitätsstiftende Bedeutung betonten. Besonders eindrucksvoll war eine Graphik, die die Entwicklung der alltäglichen Umgangssprache in der Elsässer Bevölkerung in den letzten 100 Jahren zeigte: Die Kurven für Standarddeutsch wie auch für den Elsässischen Dialekt gingen steil abwärts, von 100 auf ca. 27 %, und die Kurve für Französisch ging von ca. 5 % auf heute 100 % ebenso steil aufwärts.

„Die Gleichsetzung von Sprache und Nation ist ein schlimmes Missverständnis, das zur sprachlichen wie kulturellen Verarmung beiträgt und das von der Staatsmacht gerade in jüngeren Phasen der elsässischen Geschichte, seit dem Zweiten Weltkrieg, sehr stark forciert wurde,“ erklärte Pierre Klein, der sich als echter Franzose, allerdings mit zwei verschiedenen kulturellen und sprachlichen Hintergründen, versteht. Dies entspreche genau der doppelten Identität des Elsass als Region. Er schilderte auch, wie beherzte Initiativen den Aufbau zweisprachiger Schulen (Französisch plus Standarddeutsch & Elsasserditsch) im Elsass betreiben, um auch den jüngeren Generationen ihr doppeltes Erbe selbstverständlich zugänglich zu machen.

Diskutiert wurde dann über Minderheitensprachen generell am Beispiel Südtirols, das in gewisser Weise als Modell für andere Regionen dasteht.

(Eva Lavric)

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