Polare oder auch hochalpine Regionen werden als besonders vulnerabel betrachtet, da die extremen Lebensbedingungen den Organismen eine hohe Anpassung abverlangt und gleichzeitig die kurzen Vegetationsperioden wenig Handlungsspielraum dafür anbieten. Die Bedrohung geht vielfach vom Menschen aus und drückt sich in verschiedenen Zeitskalen auf unterschiedlichsten Ebenen aus.
„Der immense Druck, der durch den Klimawandel verursacht wird, hat eine Verarmung an Habitatstruktur und Biodiversität zur Folge“, sagte Birgit Sattler bei einem Pressegespräch anlässlich der Arctic Science Summit Week in Wien. „Beide Effekte mindern die Resilienz arktischer Ökosysteme um ein Vielfaches.“ Der Mensch als Hauptverursacher muss jedoch nicht unmittelbar in der Arktis sein, um seine Spuren zu hinterlassen: anthropogene Partikel, die über lange Distanzen transportiert werden, resultieren in langfristig wirksame Depositionen, welche über die Nahrungsketten akkumuliert werden und zu Langzeitschäden in Organismen führen können.
Ein beinahe schon omnipräsentes Thema sind Funde von Makroplastik, welches im Laufe der Zeit und von UV-Licht und mechanischer Belastung zu Mikroplastik zerkleinert wird, das leicht von Organismen aufgenommen werden kann. „Die Präsenz von Mikroplastik in der Umwelt kann die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen bewirken, bzw. können Plastikpartikel als Vehikel für potenziell pathogene Keime wirken und ein Ökosystem in seiner Integrität empfindlich stören“, schildert Sattler. „Das Plastik in der Arktis ist gekommen, um zu bleiben. Es wurde in der Luft, in Schnee und Eis, in Fäkalien von Säugern oder im Gewebe von Vögeln detektiert.“
Menschliche Aktivitäten verursachen auch einen Transport von organischen Kontaminanten, wie z.B. der klassischen Persistent Organic Pollutants (POPs) oder auch von künstlichen Radionukliden, welche durch Atombombentests oder Reaktorunfällen freigesetzt wurden. Jene Radionuklide sind bis heute noch auf Sedimentablagerungen auf glazialen Oberflächen akkumuliert und können nicht nur auf die dort lebenden Organismen negative Auswirkungen, sondern auch Implikationen für indigene Völker haben.
„Diese anthropogenen Verschmutzungen werden in der künftigen Arktisforschung an Bedeutung gewinnen, indem man ihre Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme und dort lebender Menschen untersucht“, sagt Birgit Sattler. „Eine wichtige Komponente jedoch ist auch die Chance, über gute Wissenschaftskommunikation den Hebel bereits am Ursprung der Emissionen anzusetzen und dadurch Empfehlungen bzw. Direktiven für Stakeholder und Politik aussprechen zu können.“