Viele Gletscher im Himalaja sind vollständig mit Schutt bedeckt, aber ihre Oberfläche ist regelmäßig von großen Eisklippen durchsetzt, die in die Höhe ragen. Die Dissertation von Marin Kneib bestätigt die Hypothese, dass Eisklippen den Massenverlust von Gletschern beschleunigen und damit den Isolationseffekt des Schutts kompensieren. Seine Arbeit setzt neue Maßstäbe beim Verständnis von Eisklippen und ihrer Entwicklung, dank der riesigen Anzahl, die er mit einer noch nie dagewesenen räumlichen und zeitlichen Auflösung erfassen konnte. Dazu entwickelte der junge Forscher neue Satelliten-Fernerkundungstechniken, ein neuartiges Modell für den Lebenszyklus von Eisklippen und Kamerasysteme zur Überwachung von Eisklippen in grossen Höhen in Verbindung mit einem 3D-Energie- und Massenbilanzmodell.
Als „sehr neuartig“ bezeichnet Francesca Pelliciotti die Arbeit von Marin Kneib. Die Professorin am Institute of Science and Technology Austria betreute seine Dissertation an der Eidg. Forschungsanstalt WSL, und sagt dazu weiter: „Die Merkmale, Muster und Verhaltensweisen von Klippen (einschließlich ihres Schmelzpotenzials) wurden noch nie mit einer so großen Stichprobe und gleichzeitig hoher zeitlicher Auflösung untersucht.“ Eine „Arbeit ähnlich dem Pioniergeist von Alfred de Quervain“, dem Schweizer Arktis-Forscher (1879-1927), ergänzt Urs Baltensperger, Mitglied der Jury des Prix de Quervain und Präsident der Schweizerischen Kommission für die Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch. Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen eines öffentlichen Symposiums am 30. November 2023 im Alpinen Museum der Schweiz in Bern. Seit Abschluss seiner Dissertation ist Marin Kneib Postdoc-Wissenschafter am Institut des Géosciences de l’Environnement in Grenoble und an der Universität Innsbruck.
Der mit 5.000 Schweizer Franken dotierte Preis wird für hervorragende Master-, Dissertation- oder Postdoc-Arbeiten vergeben, jährlich alternierend zu Polar- bzw. Höhenforschung. Die Schweizerische Kommission für Polar- und Höhenforschung (SKPH) der Akademien der Wissenschaften Schweiz, die Schweizerische Kommission für die Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch (SKHFJ) der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) und die Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung (SSAF) fördern damit den wissenschaftlichen Nachwuchs.